Die Barmherzigkeit unseres Gottes ist eine große Barmherzigkeit. Wir bekommen einen Eindruck ihrer Größe, wenn wir uns etwas anschauen, was unter Menschen die große Barmherzigkeit unseres Gottes – wenn auch nur sehr blass – widerspiegelt.

Vor einiger Zeit las oder hörte ich eine Geschichte über einen berühmten Pianisten. Sie ging ungefähr so: Eine junge Frau, die beachtliche Fähigkeiten als Pianistin hatte, hatte Schwierigkeiten sich als Pianistin einen Namen zu machen und sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie wollte in einer europäischen Stadt ein Konzert geben und fiel in eine sehr traurige Versuchung. Sie würde einige Stücke des gefeierten Franz Liszt spielen und sagte sich dabei: „Wenn ich mir das Ansehen seines Namens (er war damals auf der Höhe seiner Berühmtheit) zunutze machen könnte, würde mir das sehr helfen.“ So empfahl sie sich als Schülerin dieses gefeierten Mannes, obwohl sie ihn noch nie gesehen hatte.

Als sie einen Tag vorher in der Stadt ankam und ihr Hotelzimmer buchte, stellte sie jedoch mit Schrecken fest, dass der Name „Franz Liszt“ in der Gästeliste des Hotels stand. Der große Pianist war selbst in der Stadt. Sie hatte eine schreckliche Nacht. Angst und Gewissensbisse plagten sie. Sie sagte: „Was soll ich tun? Ich bin ruiniert. Er wird mich widerlegen und die Sache fliegt auf.“ Am nächsten Tag nach dem Frühstück suchte sie das Gespräch mit dem großen Pianisten, sagte ihm die Wahrheit und brach in Tränen aus. Er sagte: „Liebe junge Frau, was hat sie geritten, so etwas zu tun?“ Sie erzählte ihm von ihren Schwierigkeiten und wie sie der Versuchung erlegen war. Zum Schluss sage er ruhig: „Liebe junge Frau, ich vergebe ihnen. Wir vergessen die ganze Sache.“

Das war doch gut, oder? Es war barmherzig, ihr zu vergeben – aber er wollte ihr große Barmherzigkeit erweisen. Und so sagte er: „Welche meiner Stücke wollten Sie vortragen?“ „Das, das und das“, antwortete sie. „Ich möchte hören, wie Sie sie auf dem Klavier spielen.“ Unter den Augen und Ohren des Meisters musste sie ein Stück spielen. „Ja, sehr gut“, sagte er, „aber ich würde es so spielen.“ Dann spielte er das Stück, um ihr eine Vorstellung zu geben. Dann spielte sie es noch einmal und er hörte zu und schlug diese und jene Verbesserung vor. Plötzlich sagte er: „Sehen Sie, Fräulein, jetzt sind sie meine Schülerin, denn ich habe ihnen soeben eine Lehrstunde erteilt. Und wenn ich zufällig einen Abend frei habe, werde ich mit ihrer Erlaubnis zu Ihrem Konzert kommen und Sie Ihrem Publikum vorstellen.“ Das war doch nett, oder? Er hatte die Situation gerettet und ihr Konzert wurde ein voller Erfolg.        

Diese Geschichte fiel mir als Veranschaulichung für große Barmherzigkeit ein. Doch welch ein undeutlicher Schatten von jener Barmherzigkeit. Er war ihr musikalischer Vater geworden, doch hier ist einer, der uns „wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten.“