Eine Wendung, die sich in Kapitel 6 und 7 sieben Mal wiederholt, lautet: „… und ihr werdet wissen, dass ich der HERR bin“ (6,7.10.13.14; 7,4.9.27) [Fußnote 1]. Diese Aussagen erleichtern es, die unterschiedlichen Themen der beiden Kapitel zu erkennen. Entsprechend haben wir es hier mit sechs Absätzen zu tun, die jeweils in der gleichen Art und Weise enden.

Das Gericht über die Berge Israels: 6,1–7

Die „Höhen“ (V. 3) waren höher gelegene Stätten, die von den götzendienerischen Juden besonders geschätzt wurden, um dort ihre Götzen und Altäre aufzurichten, um durch sie ihre falschen Gottheiten anzubeten. Das ist der Grund, warum Hesekiel ein besonderes Gericht über die Berge Israels aussprechen muss. Alle, die sich mit dem Götzendienst verbunden hatten, würden durch die Feinde ausgerottet werden. Der Prophet benutzt hier eine spezielle hebräische Ausdrucksweise, um seine Verachtung der Götzen zu äußern (6,4–6.9.13). Man kann diesen Ausdruck auch mit „Holzklotz“, „Rohling“, „Grobian“ oder „Rollblock“ wiedergeben [Fußnote 2]. Deshalb haben wir hier einmal mehr einen Begriff, der für Hesekiel kennzeichnend ist und zeigt, wie absurd es ist, leblose Materie zu verehren (Ps 115,4–8)! Solch ein Anbeter entbehrt folglich jedes Verständnisses (Jes 44,19). Doch welch eine schreckliche Strafe wird auf jene warten, die dem lebendigen und wahren Gott den Rücken zuwenden, um leblose Götter anzubeten! Der Götzendienst zieht sich durch die gesamte Geschichte des Menschen, wobei er heute eine subtilere und verdeckte Form annimmt, die allerdings nicht weniger gefährlich ist.

Das Gericht wird also über die „Berge Israels“ (V. 2) kommen [Fußnote 3]. Die wichtigste Gebirgskette des Landes erstreckt sich dabei vom Norden her in Richtung Süden, d. h. von Samaria nach Judäa. Ein großer Teil davon wird heute durch Westjordanien besetzt, weshalb wir heute selbst Zeugen des göttlichen Fluches über diese Region werden.

Das Gericht bewirkt Frucht: Ein Überrest kehrt zu seinem Gott zurück: 6,8–10

Trotz der Schwere des Gerichts verheißt Gott die Erhaltung eines Überrests. Dieser Überrest wird das Exil unter den Nationen kennengelernt haben, bevor sie zur Buße geführt werden. Diese Prophetie hat sich noch nicht erfüllt. Das wird erst geschehen, wenn die Versammlung vor der Drangsalszeit entrückt sein wird.

Diese Verse zeigen uns darüber hinaus auch, dass Gott ein gründliches Werk in den Herzen durchführen wird. Er gibt sich mit einer bloßen Änderung der Handlungen nicht zufrieden, sondern möchte uns dahin führen, einen „Ekel“ an uns selbst zu empfinden (V. 9; 20,43; 36,31). Haben nicht auch einige der Erprobungen, durch die wir gehen müssen, dieses Ziel?

Das Gericht durch das Schwert, den Hunger und die Pest: 6,11–14

Gott fordert Hesekiel nun auf, in seine Hand zu schlagen und mit dem Fuß auf die Erde zu stampfen, denn wenn das Gericht unmittelbar bevorsteht, muss das Böse umso schonungsloser angeprangert werden. An dieser Stelle wird das Gericht näher beschrieben: Das Volk würde den Krieg, die Hungersnot und Epidemien kennenlernen (V. 11.12). Die Berge, die von Milch und Honig flossen, würden zur Wüste werden (V. 13.14).[Fußnote 4]



Fußnote 1: Dieser Ausspruch ist kennzeichnend für das Buch Hesekiel und kommt dort 77-mal (in unterschiedlichen Ausdrucksweisen) vor. Es ist auffallend, dass diese Erklärung in den letzten Kapiteln dieses Buches nicht mehr auftritt (vgl. Kap. 40–48): im Tausendjährigen Reich wird das Volk Gott kennen.

Fußnote 2: Dieser Begriff taucht im AT insgesamt 48-mal auf; 39-mal im Buch Hesekiel.

Fußnote 3: Auch dieser Ausdruck ist dem Buch Hesekiel eigen, wo er 14-mal vorkommt.

Fußnote 4: Diese Vorhersage bezieht sich zunächst mehr auf die Berge Samarias (die einmal sehr fruchtbar waren) als auf diejenigen von Judäa (das größtenteils verwüstet war und seit jeher der Schafzucht diente).

[Übersetzt aus „Sondes les Ecritures“ von Stephan Keune]