Predige ohne Menschenfurcht. Es gibt nichts Unwürdigeres als ein Volk, das frech sündigt und einen Prediger, der sich fürchtet, es zu tadeln. Von Tacitus wird gesagt, dass er sich die gleiche Freiheit nahm, über das Leben der Kaiser zu schreiben, die sie sich nahmen, es zu führen.

Menschenfurcht ist sinnlos und unnötig. Selbst wenn du wolltest, könntest du es nicht allen recht machen. Und wenn du es könntest, ist es nicht nötig, wenn du dem gefällst, der alle Herzen wenden und alle Hände binden kann. Der kommt am besten voran, der es wagt, treu zu sein. Jona fürchtete sich vor seiner Aufgabe: Er wagte es nicht, in eine so große Stadt mit einer so traurigen Botschaft zu gehen. Ihnen zu sagen, dass sie vernichtet würden, würde sie dazu bringen, ihn zu vernichten, der die Nachricht überbrachte. Aber wie nahe kam er dem Tod, als er sein Leben retten wollte? Jeremia war anscheinend der einzige, der wahrscheinlich sein Leben aufgrund seiner kühnen Predigt verlor. Doch dadurch bezog er schließlich ein schöneres Quartier als die glattzüngigen Prediger seiner Zeit. Wenn du frei und mutig bist, magst du zwar von manchen verspottet werden, aber viele werden dich achten. Ja, selbst die, die ihren Kopf über dich schütteln, tragen in ihren Gewissen etwas, was ihnen Ehrfurcht vor dir einflößt. Es sind schmeichelnde Prediger, die bei dem Volk niedrig gemacht werden (Mal 2,9). Es ist nicht weise, den Richter zu provozieren, indem man dem Gefangenen schmeichelt.

Wo einer sagt: „Wie sollte ich dieses tun und gegen Gott sündigen?“, sagen viele in ihren Herzen: „Wie sollte ich dieses tun und Menschen verärgern?“ Herodes fürchtete Johannes und tat so manches, hätte er Gott gefürchtet, hätte er nichts unversucht gelassen.

Gib dich der Aufgabe hin, die Gott dir gegeben hat und du wirst Seine Stärke für dich in Anspruch nehmen können. „Der Weg des Herrn ist eine Feste“ (Spr 10,29). Fliehe vor deiner Aufgabe und du bemühst Gottes Stärke gegen dich. Er wird den einen oder anderen Sturm hinter dir her schicken, um seinen entlaufenen Knecht zurück zu bringen. Wie oft schon ist der Feigling in einem Graben oder hinter einem Schutz erschossen worden, während der tapfere Soldat, der seinen Mann stand und seine Stellung verteidigte, sicher und ehrenhaft davonkam.

[Aus „Extracts from the Writings of William Gurnall, selected from Hamilton Smith“. Übersetzung von: Marco Leßmann]