Bete und flehe! „Betend … in allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen“ (Eph 6,18). Wenn du für die Heiligen betest, musst du für alle beten. Ich meine nicht für Lebende und Tote. … Im Tod, wenn sie am Ziel ihrer Reise sind, ist das Gebet nutzlos, denn die Gottlosen befinden sich dann unterhalb und die Heiligen oberhalb unserer Gebete. Wir können keinem Gottlosen mehr helfen, der Baum ist gefallen, und so bleibt er liegen. Wir lesen von einer Verwandlung, die unser Körper nach dem Tod erfahren wird. Schlechte Körper mögen nach dem Tod verherrlicht werden, schmutzige Seelen aber nicht, wenn sie den Körper schmutzig verlassen, werden sie mit ihm in der Auferstehung genau so wieder zusammentreffen. Wie die Gottlosen unterhalb unserer Hilfe sind, sind die Heiligen oberhalb aller Hilfsbedürftigkeit. … Wir sollen alle Heiligen lieben und daher auch für alle beten. Die neue Schöpfung lässt nie ihre neue Natur vermissen. Wenn Gott alle Seine Kinder liebt, wirst du auch alle deine Geschwister lieben, oder keinen von ihnen. Wenn Paulus Gläubige für diese Gnade der Liebe lobt, dann tut er es so: „Nachdem ich gehört habe von dem Glauben an den Herrn Jesus, der in euch ist, und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt“ (Eph 1,15). Wenn wir also alle lieben, dann können wir nicht anders, als auch für alle zu beten.

Obwohl wir für alle Heiligen beten sollen, gibt es doch einige, die unserer besonderen Fürbitte bedürfen, zum Beispiel solche, die uns durch Familienbande oder Gnadenbande nahe stehen. „Ein geliebter Bruder, besonders für mich, wie viel mehr aber für dich, sowohl im Fleische als im Herrn“ (Phlm 16). Besonders solltest du für solche beten, die in Not sind. Du magst manche vergessen, aber an diese solltest du denken, es ist eine schöne Gelegenheit für die Liebe. Ein Freund in der Not ist wie ein Feuer an einem Wintertag. Hiobs Freunde wählten die richtige Zeit, ihn zu besuchen, aber ihr Besuch nahm den falschen Verlauf. Hätten sie die Zeit im Gebet für ihn verbracht, die sie in heißem Disput mit ihm verbrachten, hätten sie ihm mehr genutzt und Gott mehr gefallen. 

Bete und danke! Gebet ist ein Mittel, das Herz zum Lob zu veranlassen. Wenn David einen Psalm mit Gebet beginnt, beendet er ihn gewöhnlich mit einem Lob. Der Geist, der die Seele dazu führt, Gott um Hilfe zu bitten, wird sie auch mit Lob zu Gott bringen. Wir leihen uns nicht von dem einen Geld und zahlen es an den anderen zurück. Wenn Gott deine Stärke gewesen ist, wirst du ihn sicher auch zu deinem Gesang machen. Nur der Dieb bedankt sich nicht bei dem, aus dessen Garten er etwas gestohlen hat. […]

Als notwendige Zutat in allen deinen Gebeten lass deine Bitten mit Danksagung vor Gott kundwerden (Phil 4,6). Dieses Gewürz sollte in allen unseren Opfern sein. Wer um eine Gnade bittet, die ihm fehlt und sich nicht bedankt für eine, die er empfangen hat, denkt zwar an sich, aber nicht an Gott, und sorgt geradewegs dafür, dass sein Gebet nicht ankommt. Gott schüttet seine Gütigkeiten nicht in einen geliehenen Geldbeutel, und nichts anderes ist ein undankbares Herz.  Als Daniel im Todesschatten war, und der Komplott schon geschmiedet war, sein Leben zu nehmen, betete er dreimal täglich und lobpries vor seinem Gott (Dan 6,11). Ihn in einer solchen Bedrängnis beten zu hören, ist nicht verwunderlich, aber dass er sein Herz in solch schwerer Stunde zum Lob Gottes gestimmt hatte, ist bewundernswert.

[Aus „Extracts from the Writings of William Gurnall, selected from Hamilton Smith“. Übersetzung von: Marco Leßmann]