Wenn Kinder zanken und streiten, ist die Zeit nahe, dass der Vater kommt und sie mit der Rute auseinander bringt. „Und er wird das Herz der Väter zu den Kindern, und das Herz der Kinder zu ihren Vätern wenden, damit ich nicht komme und das Land mit dem Banne schlage“ (Mal 4,6). Streit und Hader wohnen Tür an Tür mit dem Bann. Gott bringt ein schweres Gericht über ein Volk, wenn Er es verlässt. „Seid eines Sinnes“, sagt der Apostel, „seid in Frieden, und der Gott der Liebe und des Friedens wird mit euch sein“ (2. Kor 13,11), was darauf schließen lässt, dass sie, wenn sie nicht in Frieden wären, nicht erwarten sollten, dass Gott noch länger mit ihnen sein würde.

In Tagen der Spaltungen, wo es so viele unterschiedliche Meinungen gibt, hätten wir die Tür der Wahrheit, nach der jetzt so viele suchen, besser gefunden, wenn wir weniger miteinander gezankt und mehr mit Gott gerungen hätten. Der Weg der Meinungsverschieden-heiten ist staubig, und Streitgespräche wirbeln diesen Staub auf und treiben ihn am ehesten denen in die Augen, die am schnellsten hinein galoppieren, wodurch sie die Wahrheit verfehlen, die eine demütige Seele auf ihren Knien am Thron der Gnade findet. … Sündige Zeiten waren schon immer Gebetszeiten für den Gläubigen. Sie führten Esra dazu, mit beschwertem Herzen die Sünde seines Volkes zu bekennen (Esra 9). Und Jeremia muss den Gottlosen seiner heruntergekommenen Tage sagen, dass seine „Seele im Verborgenen weinen wird wegen ihres Hochmuts“ (Jer 13,17).

Die Liebe der Vielen wird erkalten (Mt 24,12), und das ist kein Wunder, wenn die Selbstliebe so heiß wird. Auch der Apostel prophezeite, dass die Menschen in den letzten Tagen eigenliebig sein werden (2. Tim 3,1–2). Und welch schlechte Gefolgschaft hat ein solcher Anführer! Wenn ein Mann erstmal das Ich zum Ziel seines Strebens macht, dann heißt es Lebewohl für die Liebe und das Gebet für andere. Nächstenliebe kann nicht in der Enge eines Herzens wohnen, das sich selbst liebt; sie ist ihm entgegengesetzt: „Die Liebe sucht nicht das Ihre“ (1. Kor 13,5).

Es waren nicht die besten Christen, von denen Paulus sagte, dass sie „das Ihre“ suchen. Wenn das Herz in der Gnade wächst, wird es auch sozial gesinnt. Je höher man den Berg erklimmt, desto besser ist die Aussicht, das Auge ist nicht durch die eigenen Wände eingeschränkt. Das Fleisch denkt nur an sich, während Gnade die Seele erhebt, und je mehr Gnade jemand hat, desto mehr wird er fähig sein, von sich selbst wegzusehen und ein Auge für den Zustand des anderen zu haben.

[Aus „Extracts from the Writings of William Gurnall, selected from Hamilton Smith“. Übersetzung von: Marco Leßmann]