Formales Gebet. Hüte dich davor, formal zu beten, denn es ist genauso nützlich wie gar nicht zu beten. Ein Verband mag für sich gesehen gut und wertvoll sein, wenn er jedoch kalt angelegt wird, tut er vielleicht mehr weh als wohl. Denkst du, Gott würde ein Gebet im Himmel willkommen heißen, das nicht dein Herz zum Begleiter hat? Und wie könnte dein Herz mitgehen, wenn du es in eine andere Richtung geschickt hast? Hört Gott zu, wenn du Ihn verspottest? Und wenn das kein Spott ist, was ist es dann? Wie Kinder, die an einer Tür klopfen und dann wegrennen, so erhebst du deine Stimme zu Gott und dann läufst du in deinen abschweifenden Gedanken weg und unterhältst dich mit der Welt. Treibst du nicht Scherz mit Gott?

Satan stört dich beim Beten, um dich im Beten zu ermüden. Er wird sein Ziel wahrscheinlich erreichen, wenn du dieses Ungeziefer in deinem Herzen brüten lässt, denn das wird dich der Süßigkeit des Gebets berauben, und wenn das Mark erstmal draußen ist, wirst du dich leicht überreden lassen, auch den Knochen wegzuwerfen. Wer den Geschmack an einer Speise verloren hat, steht in Gefahr, sie zu verschmähen. Das Gebet ist eine lästige Sache für den, der daran kein Gefallen hat. Und Ermüdung kommt kurz vor Überdruss.

Die beste Methode, Gefäße vor dem leck werden zu bewahren, ist, sie gefüllt stehen zu lassen. Ein eitles Herz wird auch im Gebet nicht besser sein. Wandle den ganzen Tag in sündigen Gedanken und du wirst kaum die Tür vor ihnen verschließen können, wenn du in dein Kämmerlein gehst. Du hast sie vorher gelehrt, dreist zu sein, deshalb werden sie sich dann auf deine Freundschaft berufen und sich um dich scharen wie kleine Kinder, die, wenn du mit ihnen spielst, auch hinter dir her schreien, wenn du sie gerne los wärst. Hüte dich, dass dein tägliches Gebet nicht zu einer leblosen Formalität verkommt. In Dingen, die wir gewohnt sind, werden wir schnell leichtfertig. Selten findet man einen Christen, der gewohnheitsmäßig betet, ohne dass das Gebet zu einer bloßen Gewohnheit wird. Wer sein Herz den ganzen Tag über bewacht, wird es auch abends zum Gebet gestimmt haben, während Lässigkeit im Wandel zu Trägheit im Gebet führt. Nie wurde ein formales Gebet vom Heiligen Geist bewirkt, denn wenn Er kommt, ist es eine Zeit des Lebens.

Lange Gebete. Bete lieber oft als lang. Es ist schwierig, lange zu beten, ohne in unseren Zuneigungen nachzulassen. Beachte dies besonders im gemeinsamen Gebet. Denn wenn wir gemeinsam beten, müssen wir auch die im Auge behalten, die mit uns reisen. Jakob sagte: „Ich will einher ziehen nach meiner Gemächlichkeit, … nach dem Gang der Kinder“ (1. Mo 33,14).

[Aus „Extracts from the Writings of William Gurnall, selected from Hamilton Smith“. Übersetzung von: Marco Leßmann]