Als der Apostel Paulus seinen zweiten Brief an Timotheus schrieb, stand er im Begriff, den Kampfplatz zu verlassen und in das gesegnete Teil einzutreten, bei Christus zu sein. Er war im heftigsten Kampf gewesen und nun begann die Welle des Kampfes gegen ihn anzurollen: die Widersacher wurden dreister, und mancher Deserteur verließ die Reihen; und doch atmen seine Worte einen furchtlosen Mut und höchstes Vertrauen in den großen General, der seine Heere schließlich zum Sieg führen wird.

Doch genau diese Tatsache, dass der betagte Soldat seine Waffen niederlegte, sollte den jungen Mann Timotheus dazu führen, die seinen noch fester umzugürten, und sich selbst bereit zu machen, „an den Trübsalen als ein guter Kriegsmann Jesu Christi“ teilzunehmen (2. Tim 2,3). Er sollte die Gnadengabe anfachen, die in ihm ist. Er sollte sich des Zeugnisses unseres Herrn nicht schämen, sondern Trübsal leiden mit dem Evangelium, nach der Kraft Gottes (2. Tim 1,6+8).

Der mächtige Gegner in dem Kampf ist voll unermüdlicher Wachsamkeit und unübertroffener Geschicklichkeit. Jeder geniale Heerführer hat zwei besondere Fähigkeiten: erstens ist er in der Lage, die Stelle in der Verteidigung des Feindes auszumachen, die den Schlüssel zur Einnahme der feindlichen Stellung bildet; zweitens hat er seine Truppen so im Griff, dass sie sich auf seinen Befehl auf diesen Punkt fixieren, um früher oder später dort den vernichtenden Schlag zu platzieren. Wir können daher sicher sein, dass die Schläge Satans, des geheimen Antreibers jeder Feindschaft des Menschen gegen Gott, seit jeher und immer wieder auf das abzielen, was das Herz der Wahrheit des Christentums ist.

Wir wollen uns den ersten Teil des Briefes anschauen, damit uns wie Paulus „seine Gedanken nicht unbekannt“ sind (2. Kor 2,11).

2. Timotheus 1,1–10: Der Apostel ermutigt Timotheus, indem er sein inneres Auge von ihm selbst und von dem Kampfplatz weg zu Gott empor lenkt, und zu jenen göttlichen Ratschlüssen, die niemals auf die Erde fallen, weil sie ihren unerschütterlichen Ruheplatz „in Christus Jesus“ haben. Außerdem erinnert er ihn daran, dass trotz scheinbarer Niederlagen der Sieg sicher ist, weil der große Befehlshaber selbst, „unser Heiland Jesus Christus“ ihn eigenständig errungen hat. Er hat „den Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium“ (Vers 10).

Das ist ein großartiger Gedanke zu Beginn!

2. Timotheus 1,11–18: Nachdem Timotheus Erquickung und frische Energie bekommen hat, wird er gebeten, sich in Ruhe den momentanen Stand des Kampfes anzusehen, den die Heiligen Gottes hier auf der Erde führen müssen. Was für ein düsteres Bild! Paulus liegt im Gefängnis in Rom und hat den Märtyrertod vor Augen; „alle, die in Asien sind“ – seine Kinder im Glauben, einschließlich der aus Ephesus, der Hauptstadt der Provinz, in der er viel Gutes gewirkt hatte – hatten sich von ihm abgewandt, vielleicht um neuen Lehrern nachzueifern, die bereits die tödlichen Theorien entwickelten, die später als „Gnostizismus“ bekannt wurden, sodass sogar das „Bild gesunder Worte“ in Gefahr stand, aufgegeben zu werden.

2. Timotheus 2,1–6: Hier finden wir die Eigenschaften, die ein guter Soldat Jesu Christi haben sollte. Gefahr und die heranrollende Katastrophe sollten seinen Nacken stählen. „Du nun, mein Kind, sei stark in der Gnade, die in Christus Jesus ist.“ Er benötigte die Treue eines Zeugen, die Ausdauer und Ergebenheit eines Soldaten, den Gehorsam eines Athleten und die Geduld eines Bauern.

2. Timotheus 2,7–19: Nachdem er Timotheus so weit gebracht hat, macht Paulus ihn jetzt mit dem Schlüssel zu der christlichen Stellung bekannt, auf den sich die Angriffe des Feindes sicher konzentrieren werden. Vers 7 ist ein Vorwort, der die Wichtigkeit dieser Mitteilung zeigt. „Halte im Gedächtnis Jesum Christum, auferweckt aus den Toten, aus dem Samen Davids, nach meinem Evangelium“ (Vers 8). Der Schlüssel zu der Stellung ist die Tatsache, dass Christus aus den Toten auferweckt ist.

Wenn wir die inspirierten Worte des Apostels einmal umformulieren, dann ist es, als ob er sagte: „Mein Evangelium stellt euch Christus in zweifacher Weise vor: in seiner Menschwerdung auf der Erde, aus dem Samen Davids, und als auferweckt aus den Toten. Haltet beides fest, doch weil ihr keine Israeliten sondern Christen seid, kommt „auferweckt aus den Toten“ als erstes und ist für euch von höchster Wichtigkeit. Wenn ihr das aufgebt, ist die Schlacht verloren.“

Satan hatte durch Hymenäus und Philetus bereits den Angriff auf diese Wahrheit begonnen (2. Tim 2,17–18). Nicht dass er ihr etwas anhaben kann. Christus ist auferstanden. Der feste Grund Gottes steht. Wenn sie jedoch vergessen oder geleugnet wird, wird dem Feind der Schlüssel zur Stellung überlassen, und Schiffbruch für unseren Glauben ist sicher.

Die Gläubigen aus Korinth veranschaulichten das. Sie hatten in ihrer Mitte schlimme Unmoral, die nicht verurteilt wurde (1. Kor 5); Parteigeist wucherte unter ihnen (1. Kor 1) und Unordnung prägte ihr Zusammenkommen zur Teinahme am Mahl des Herrn (1. Kor 11). Doch erst in Kapitel 15 finden wir, worin die Ursache lag: in ihrer Mitte wurde die Auferstehung in Frage gestellt und sogar geleugnet. Das war der „böse Umgang“, der ihre „guten Sitten“ verdarb.

Außerdem zeigt Paulus ihnen sofort die Auswirkungen, nicht nur auf das christliche Verhalten, sondern auch auf die christliche Lehre. Lies 1. Korinther 15,13–19 und erkenne, dass, wenn die Auferstehung geleugnet wird, auch die Auferweckung Christi nicht aufrechterhalten werden kann. Und wenn Christus nicht auferweckt worden ist, verflüchtigt sich das Christentum wie ein substanzloses Traumgebilde.

Spricht das nicht deutlich zu uns, die wir in den letzten Tagen des christlichen Kampfes auf der Erde leben? Statt „lieblich wie Jerusalem, furchtbar wie Kriegsscharen“ zu sein, wie in ihrer ersten Zeit, ist sie, was ihre Verantwortlichkeit auf der Erde angeht, äußerlich ein Wrack geworden, in jede Richtung hin und her gezogen, gleichzeitig die Beute des Feindes von außen und des Verräters von innen.

Schon früh verblich „Jesus Christus, auferweckt aus den Toten” in ihrem Gedächtnis. Der Gedanke an Ihn, den auferstandenen, himmlischen Menschen, war nahezu verschüttet. Wenn man sich an ihn erinnerte, dann als Kindlein in den Armen seiner jungfräulichen Mutter, und das auch nur in fleischlicher Weise. So verlor die Versammlung ihre himmlische Hoffnung und ließ sich in den Verdorbenheiten der umliegenden Welt nieder.

Wenn uns in den letzten Tagen eine Erweckung aus der Höhe erreicht hat, dann dadurch, dass Er, der Auferstandene, als der Morgenstern in unsere Herzen geleuchtet hat.

Sein Erscheinen in der Mitte der Jünger am Auferstehungstag verwandelte sie, sodass sie, anstatt sich wie eine Herde ängstlicher Schafe zusammenzudrängen, so kühn wie Löwen, vom Heiligen Geist erfüllt am Pfingsttag auftreten konnten. Der Glaube an Ihn als den Auferstandenen wird das alles auch für uns heute bewirken.

Ihr Christen und Christinnen, möge das auch unser Glaube sein! Seine Auferstehung als einen Paragraphen in unserem Glaubensbekenntnis zu haben, reicht nicht aus – das war sie schon immer, auch in den finstersten Zeiten. Wir brauchen Jesus Christus selbst, auferweckt aus den Toten, Er soll vor den Glaubensaugen unserer Herzen erstrahlen!

Dann wird die Hoffnung brennen und die Festung des wahren, von Gott gegebenen Christentums kann gehalten werden, bis die Nacht der Tränen dem Morgen des Gesangs weichen wird.

[Übersetzt von Marco Leßmann]