Als der sechste Engel posaunt, werden vier Engel gelöst, die am Euphrat bereitstehen, um den dritten Teil der Menschen zu töten. Der Euphrat war die bekannte Ostgrenze des Römischen Reiches. Und der erwähnte „dritte Teil“  (siehe auch Vers 18) weist auf eben jenes Reich hin (vgl. Off 12,4).

Das sechste Posaunengericht, das gleichzeitig das zweite der drei „Wehe“ ist (Off 9,12), bezieht sich also auf das Römische Reich. So weit ist das klar. Aber was hat man sich unter den Furcht erregenden Reitertruppen vorzustellen, die in dieses Reich eindringen (V. 16 ff.)?

Es kommen eigentlich drei Möglichkeiten in Frage:

  • Angriff einer großen militärischen Macht
  • Angriff eines Dämonenheeres
  • Eventuell auch: Kombination aus 1. und 2.

Wenn man sich das genau überlegt, muss man, denke ich, zu dem Schluss kommen, dass es sich um den Einfall von Dämonen handeln muss. Das möchte ich wie folgt begründen:

  • Die Beschreibung des Reiterheeres ähnelt sehr der Beschreibung des Heuschreckenschwarmes in Kapitel 9,3 ff. Und bei diesem Heuschreckenschwarm denkt man sofort an Dämonen, was durch Vers 1 und 2 ja auch ganz klar gemacht wird (siehe, was „Abgrund“ betrifft, Kap. 8,31). Die Parallelen zwischen dem ersten Wehe (das Israel betrifft, das mit dem Römischen Reich verbündet sein wird) und dem zweiten Wehe sind auffallend. Bei dem zweiten Wehe werden bei der Beschreibung Pferde, Panzer, Löwenköpfe und Schwänze erwähnt – das alles kommt bei dem ersten Wehe (Off 9,1–11) auch vor. Nur die „Mäuler“ sind ausschließlich bei dem zweiten Wehe zu finden, aber selbst das kann man gut mit Löwenzähnen verbinden (Off 9,8).
  • Dem Volk Israel und der Christenheit wurde in besonderer Weise angedroht, dass sie unter dämonische Herrschaft geraten würden (Mt 12,43–45; 2. Thes 2,9–12), und das wird in Offenbarung 9 – in den beiden „Wehe“ – eindrucksvoll gezeigt. Man muss nur in die Evangelien sehen, um zu erkennen, wie schrecklich dämonische Gewalt wüten kann. Dieses schlimme Gericht wird gerade diejenigen treffen, die besondere Vorrechte genossen hatten.
  • Es passt nicht in das gesamte prophetische Bild, dass das Römische Reich von einer Militärmacht aus dem Osten angegriffen wird. Wer sollte es denn wagen, mit dem Tier zu kämpfen (Off 13,4)? Und wenn es doch jemand tun würde, dann würde er nicht so einen Erfolg verzeichnen können, wie es hier beschrieben wird! Nein, die Heere des Ostens und des Westens prallen erst später in Harmagedon aufeinander (Off 16,12).

Dieses „Höllengericht“ (vgl. V. 17) wird schrecklich sein und den geistigen Tod über die Menschen des Römischen Reiches bringen.Die Menschen sind verblendet und verhärtet und nehmen die Lüge, die aus den „Schwänzen“ der Rosse hervorgehen wird, begierig auf (V. 19, Jes  9,14). Das allerdings bereitet ihnen Tod, Verderben und Untergang.

Diejenigen, die nicht direkt diesen Tod erleben, werden, obwohl alles so furchtbar ist, nicht Buße tun und nicht aufhören, die Dämonen anzubeten, die die Menschen so sehr quälen (V. 20). Schreckliche Zeit!