Müssen Christen durch die große Drangsal gehen? Wann kommt Christus, um die Seinen zu sich zu nehmen? Vor der Drangsal, in der Drangsal, nach der Drangsal? Dass Christus die Seinen zu sich nimmt, ist ganz klar, denn ansonsten könnte er nicht mit ihnen in Herrlichkeit erscheinen, was viele Stellen der Schrift bezeugen (1. Thes 3,13; 4,14; Jud 14 etc.). Wir müssen die Entrückung von der Erscheinung unterscheiden. Paulus tat das auch. In Titus 2,13 stellt er beides zusammen in einem Vers vor, indem er einerseits von „Hoffnung“ und anderseits von „Erscheinung“ spricht.

Die Entrückung muss vor Drangsal stattfinden. Mehrere Überlegungen machen das deutlich:

  • Die Gläubigen erwarten Christus jeden Tag, dass er aus dem Himmel wiederkommt und sie zu sich nimmt (1. Thes 1,9–10; Phil 3,10–11; Lk 12,36). Sie warten nicht auf die Erscheinung des Antichristen oder auf die Erfüllung anderer prophetischer Ereignisse. Wenn Christus erst nach (oder in) der Drangsalzeit käme, könnten wir nicht auf ihn warten und „Amen, komm Herr Jesus!“ rufen (Off 22,20).
  • Zwischen der Entrückung (der Aufnahme in den Himmel) und der Erscheinung mit dem Herrn Jesus auf die Erde muss eine Zeitspanne liegen, da die Offenbarung vor dem Richterstuhl und die Hochzeit des Lammes vor der Erscheinung stattfinden muss (2. Kor 5,10; Off 19,6 ff.).
  • Wenn alle Gläubigen am Ende der Drangsal entrückt werden, dann gibt es keine Gläubigen, die mit irdischen Leibern in das Reich eingehen. So ginge der von der Schrift klar gelehrte Unterschied zwischen Israel und der Gemeinde verloren.
  • Wenn die Entrückung nach der Drangsal stattfände, dann wäre die Entrückung ein bedeutungsloses, nebensächliches Ereignis und würde nicht so betont werden (Joh 14,1 ff.; 1. Thes 4,13 ff.; 1. Kor 15,51 ff.).
  • Wenn wir die Drangsalzeit als Christen zu erwarten hätten, müssten wir dann nicht in den Briefen einen Hinweis darauf finden, dass wir uns auf diese Zeit vorbereiten müssen?
  • Die Drangsalszeit bringt den Zorn Gottes und des Lammes über die Erde (Off 6,16–17). Wir Christen sind aber nicht zum Zorn gesetzt (1. Thes 5,9).
  • In der gegenwärtigen Zeit, vor der Erscheinung des Antichristen, gibt es noch etwas, „was zurückhält“ (2. Thes 2,5), und eine Person, die zurückhält (2. Thes 2,7). Die Person ist zweifellos der Heilige Geist, der heute noch mit der Braut ruft: „Komm!“ (Off 22,17). Erst wenn der Geist und die Braut nicht mehr auf der Erde sind, wird die Drangsalszeit (mit dem Antichristen etc.) kommen.
  • Ein Vorausbild aus dem Alten Testament ist auch eine Hilfe: Henoch wurde vor der Sintflut entrückt, während Noah durch das Gericht hindurch bewahrt wurde. Henoch ist ein Bild von Christen und Noah ein Bild von dem jüdischen Überrest.
  • Ein Sinnbild veranschaulicht die Lehre von der Vorentrückung deutlich: Der Herr Jesus wird mit einem Morgenstern und mit einer Sonne verglichen. Der Morgenstern erscheint in der Nacht und spricht von dem Heiland, der in der moralischen Finsternis erscheinen wird, um die Seinen zu sich zu nehmen (Off 22,16–17). Die Sonne spricht von der Erscheinung des Herrn in Macht und Herrlichkeit (Mal 3,19–20), der den gottesfürchtigen Israeliten großen Segen bringen wird.

Das Buch der Offenbarung ist das große Buch der Gerichte. In diesem Buch wird die Drangsalzeit ausführlich beschrieben (Kapitel 6–18/19). Wir dürfen sicher erwarten, hier klare Hinweise zu bekommen:

  • In den ersten drei Kapiteln kommt das Wort Versammlung (Gemeinde) 17-mal vor. In den Kapiteln, in denen das Gericht beschrieben wird, finden wir das Wort nicht ein einziges Mal.
  • In Offenbarung 2 und 3 finden wir bei den sieben Sendschreiben 7-mal den Aufruf: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt.“ In Offenbarung 13,9 ist wieder von dem Ohr die Rede, das hören soll. Doch hier – inmitten der Gerichtskapitel – fehlt der Hinweis auf die Versammlung. Sie ist dann eben nicht mehr auf dieser Erde! Heute gibt es auf der Erde Juden und Griechen und die Versammlung Gottes (1. Kor 10,32). Dann, in der Drangsalszeit, ist nur noch von Juden und Nationen die Rede (Off 7).
  • In Offenbarung 3,10 wird Christen zugesagt, dass sie vor der Stunde der Versuchung bewahrt werden, die über den Erdkreis kommen wird. Wenn man vor einer Stunde bewahrt wird, die die ganze Erde betrifft, dann gibt es nur eine Lösung: Man muss im Himmel sein.
  • In Offenbarung 4,1 wird Johannes, der ein Glied am Leib Christi war, gesagt: „Komm hier herauf!“ Wenn man das im gesamten Kontext sieht, kann man das auch als Andeutung der Entrückung werten.
  • Bemerkenswert ist auf jeden Fall, dass ab Offenbarung 4 Gläubige im Himmel gesehen werden. Es ist von 24 Ältesten die Rede, die offenbar verherrlichte Gläubige „bezeichnen“ und eindeutig von Engeln unterschieden werden (Off 4,8.11). Bevor die Gerichte kommen (Off 6,1 ff.), sind Gläubige bereits im Himmel!

Zu wissen, dass der Herr Jesus kommt, ist eine Sache, auf ihn zu warten, eine andere. „Wacht also, denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde“ (Mt 25,12).