Zuweilen hört man die Aussage, dass wir den alten Menschen im Tod halten sollen. Wenn man auch vielleicht versteht, was damit gesagt werden soll, erscheint mir diese Ausdrucksweise zumindest missverständlich. Darum nachfolgend ein paar Anregungen dazu.

Wenn man davon spricht, dass der alte Mensch im Tod gehalten werden soll, bezieht man sich offenbar auf Römer 6. Dort heißt es aber, dass wir wissen, dass der alte Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, und ferner finden wir die Aufforderung: „So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde tot seid, Gott aber lebend in Christus Jesus“ (Römer 6,6.10). Vom „im Tod halten“ lesen wir nichts.

Hinzu kommt, dass „im Tod halten“ nicht einmal im natürlichen Bereich Sinn macht und darum auch als bildlicher Ausdruck nicht gut verwendet werden kann. Stellen wir uns vor, 10 Polizisten umringten einen niedergestreckten Terroristen und antworteten auf die Frage, warum sie den Getöteten umstellen wie folgt: „Wir halten den Terroristen im Tod, damit er keine weitere Straftaten verübt“. Natürlich ist das absurd. Aber das ist ja gerade das Problem …

Nun, Römer 6 sagt, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt wurde. Gott hat am Kreuz des Herrn Jesus vor 2000 Jahren mit dem alten Menschen abgerechnet. Der „alte Mensch“ ist ein abstrakter Begriff, der den ganzen verdorbenen Zustand des gottentfremdeten Sünders definiert. Es ist alles das, was das vermaledeite Adamsgeschlecht charakterisiert.

Wer an Jesus, den Gekreuzigten, glaubt, der darf von diesem Zeitpunkt an sagen: „Ich bin mit Christus gekreuzigt“ (Galater 2,19). Wenn ein Mensch von neuem geboren wird, legt er den alten Menschen ab und zieht den neuen Menschen an (Kolosser 3,9; Epheser 4,22).

Jetzt die Frage: Warum soll ich jetzt noch den alten Menschen im Tod halten? Er ist doch schon längst gekreuzigt worden und ich habe ihn abgelegt! Da gibt es von meiner Seite aus nichts mehr zu tun. Was ich aber zu tun habe, zeigt Römer 6,10: Ich soll im Glauben verwirklichen, dass ich tot bin und deshalb jeden Anspruch der in mir wohnenden Sünde entschieden zurückweisen.

Wer gestorben ist, sagt Römer 6,7, ist freigesprochen von der Sünde. Einem Toten mag man von seinen Sünden frei sprechen oder nicht, aber eines kann man ihm gewiss nicht zur Last legen: dass er böse Begierden hat. Davon ist er freigesprochen. Und wir sind es auch. Die Akte „Sünde“ ist geschlossen – und wir dürfen das im Glauben annehmen (Römer 6,10.11). Natürlich ist noch die Sünde in uns (1. Johannes 1,8), aber die Herrschaft der Sünde ist durch den Tod gebrochen worden.

Edward Dennett schreibt in seinem hilfreichen Büchlein „Befreiung, Ruhe, Kraft und Hingabe des Gläubigen“ dazu:

„Angenommen, ein toter Mensch läge vor dir und du versuchtest mit allen möglichen Verführungskünsten, ihn zur Sünde zu verführen. Würdest du die Torheit eines solchen Versuches nicht sofort einsehen? Wie er auch gewesen sein mag, als er noch lebte – jetzt hat die Sünde keine Wirkung, keine Gewalt mehr über ihn. Nicht einmal Satan kann einen Toten versuchen. – So wird es auch mit uns sein, wenn wir durch die Gnade uns selbst Stunde für Stunde der Sünde für tot halten, aber Gott lebend in Christo Jesu. Das ist der einzige Weg zum Sieg. Einige möchten durch eine entschiedene Willensanstrengung überwinden. Andere versuchen, der Sünde abzusterben. Aber das führt nur zu Enttäuschung. Der Weg, den wir soeben beschrieben haben, ist allein der Weg Gottes. Weil wir gestorben sind, werden wir ermahnt, unsere Glieder: «Hurerei, Unreinigkeit, Leidenschaft, böse Lust und Habsucht», zu töten (Kol 3,5), also den Tod auf uns selber anzuwenden und immer und überall «den Tod Jesu im Leibe» umherzutragen, damit jede Regung der Sünde, des Fleisches, aufgehalten und gerichtet wird. Die Methode des Menschen führt zur Askese, zu strengem Leben, zu Kasteiung und schließlich zu schlimmster Knechtschaft; der Weg Gottes aber zu Befreiung und zu glücklicher Freiheit.“