Unser Kapitel beginnt damit, verschiedene Anwendungen des Gesetzes an Israel zu machen und zwar sowohl im Hinblick auf Gott als auch den Menschen. Wir sehen hier göttliche Weisheit. Einerseits war es vollkommen seinen Willen in Bezug auf sein irdisches Volk als Ganzes, bzw. eine Zusammenfassung zu haben. Andererseits war es nicht weniger wertvoll für sie, die einzelnen Bestandteile des Gesetzes in ihrem jeweiligen Zusammenhang zu sehen. An keiner Stelle begegnen wir einer nutzlosen Wiederholung und diejenigen, die sich als fähig ansehen, über sein Wort Gericht zu sitzen, sind notwendigerweise außer Stande, in die Wahrheit einzudringen. Der Mensch kann sein Wort nur dann erkennen, wenn er es in dem Bewusstsein seines Bedürfnisses und in einem Geist des Glaubens, der Abhängigkeit und des Gehorsams liest. Es ist tatsächlich so, dass es Gott und seine Majestät leugnen würde, wenn es in einer anderen Weise möglich wäre.

In diesem Abschnitt werden sie nicht vor schändlichen Dingen gewarnt, sondern schärft Gott ihnen das Gute ein, das aus ihrer Beziehung zum HERRN folgen sollte. Es geht um das, was sie tun sollten, nicht so sehr um das, was sie nicht tun sollten, obwohl auch darauf ab und zu eingegangen wird. So beginnt das Kapitel mit einem Wort und Grundsatz, das einmal vom Apostel Petrus auf Christen aus dem Judentum angewendet wird und für alle wahren Christen noch einen viel tieferen Boden hat: „Seid heilig, denn ich bin heilig“. Der Gegensatz zum vorhergehenden Kapitel ist interessant, wo wir Frauen finden, deren verderbliche Lüste der gefallenen Natur so weitgehend behandelt werden, dass selbst widernatürliche Schändlichkeiten geschildert werden. Hier beginnen die Ausführungen dagegen mit den Worten: „Ihr sollte jeder seine Mutter und seinen Vater fürchten; und meine Sabbate sollt ihr halten. Ich bin der HERR, euer Gott“ (V. 3). Die Mutter nimmt hier eine Stellung ein, die in einzigartigem Kontrast steht mit der Geringschätzung der Frauen und dem Stolz der Männer, die so kennzeichnend für den Talmud im modernen Judentum sind. Natürlich werden die Väter in keiner Weise vergessen und würden bei Beachtung dieser Vorschriften ihre Stellung der Autorität einnehmen. Es ist bemerkenswert, dass Gott hier die Worte hinzufügt: „und meine Sabbate sollt ihr halten“. Der Sabbat war nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern mit göttlicher Autorität bekleidet. Er war deshalb von großer Bedeutung im Hinblick auf die Beziehung mit dem HERRN und das Zeichen seines Volkes Israel. So wie wir als Christen heute den Tag des Herrn ehren,  wird Israel einmal im zukünftigen Zeitalter den Sabbat begehen, wenn der HERR regieren wird. Mit welch einem Nachdruck wird in Vers 4 von den „gegossenen Göttern“ gesprochen.

Als nächstes werden die Friedensopfer betrachtet, da der Mensch hier einen größeren Raum einnahm, der leicht zur Gefahr werden konnte. Es steht gut mit uns, wenn Heiligkeit unsere Freude umgibt und bewacht. Doch sie ist vergänglich und so sehen wir, dass es nicht erlaubt war, am dritten Tag davon zu essen. Es würde ein Gräuel, eine Ungerechtigkeit darstellen (V. 5–8). Selbst das Essen des Menschen mit einem dankbaren Herzen muss in enger Verbindung mit dem Opfer an Gott bleiben.

Der HERR möchte sein Volk darüber hinaus zu Empfindungen der Gnade erziehen. Wenn er sie im Zug ihrer Ernte und Weinlese segnen würde, erwartet er von ihnen ein weites Herz gegenüber den Bedürftigen und lehrt sie, den Rand ihrer guten Ernte stehen und die zerstreuten oder abgefallenen Früchte für die Armen und Fremden übrig zu lassen. Zum einen hatten sie in Ägypten ein ähnliches Los geteilt, zum anderen gehörte der Boden dem HERRN, ihrem Gott (V. 9–10).

Unehrlichkeit und Lügen verbietet er; besonders dann, wenn sie mit der Entweihung seines Namens in Verbindung stehen. Er richtet sich gegen die Unterdrückung des Nächsten, sei es auch nur im Rahmen einer verspäteten Zahlung über Nacht von dem, was einem armen Arbeiter zukam. Wohlhabende Juden haben sich in dieser Weise schuldig gemacht, doch beschränkt sich dieses Gebot auf Israel allein? Die Verse 11–13 haben ein großes Gewicht. Die Beschäftigung von Arbeitnehmern geschieht oft in einer harten Gesinnung, indem die Armen ausgenutzt werden. Die Sache wird auch dadurch nicht besser (sondern eher schlimmer), dass diese Herren freizügig für sogenannte christliche oder karitative Zwecke spenden, was sie aus anderen unter deren Tränen und Flüchen herauspressten. Welch eine Rolle haben nicht der Handel und die Wirtschaft in dem rücksichtslosen Begehren reich zu werden gespielt?

[Übersetzt von Stephan Keune]