Nach 40 Tagen in der Wüste wurde der Herr mit drei großen Versuchungen durch den Teufel konfrontiert. Davon berichten Matthäus und Lukas ausführlich (Mt 4,1–11 und Lk 4,1–13). In Matthäus werden diese Versuchungen in dem historischen Ablauf geschildert (d.h., Steine zu Brot machen, sich von der Zinne des Tempels stürzen, Satan anbeten). Lukas schildert die Versuchungen nach sittlichen Prinzipien und berichtet die letzten beiden Ereignisse in der umgekehrten Reihenfolge. Das hat mehrere Gründe. Einer wird sich aus den nachfolgenden Gedanken (hoffentlich) herausschälen:
Die Jugend
In der ersten Versuchung wollte der Teufel erreichen, dass der Herr Steine zu Brot macht. Er wollte den Sohn Gottes verleiten, etwas zu tun, ohne nach Gott zu fragen. Doch der vollkommene Diener zeigte ihm mit einem Bibelzitat, dass er von Gott völlig abhängig sein wollte. Er wollte nichts tun, was Gott nicht geboten hatte.
Das spricht zu uns allen, aber besonders zu den Jüngeren. Ist es nicht so, dass wir gerade dann, wenn wir jünger sind, gern unabhängig sein wollen? Niemand soll uns dazwischenreden; wir wollen unseren eigenen Kurs verfolgen. Auf dieser Linie liegt das, was der Herr einmal zu Petrus sagte: „Als du jünger warst, gürtest du dich selbst und gingst, wohin du wolltest“ (Joh 21,18).
Die Gefahr, unabhängig von Gott zu sein, ist eben besonders in jüngeren Jahren sehr groß. Und Satan bestärkt uns natürlich gern auf einem eigenwilligen Weg und ersinnt tausend scheinbar vernünftig klingende Argumente, warum wir die Sachzwänge des Elternhauses abstreifen sollen, warum wir es heute mit den Geboten Gottes nicht mehr so genau nehmen müssen usw. Doch wir wollen ihm nicht auf den Leim geben und darum täglich mit einem Apostel Paulus fragen: „Was willst du, Herr, das ich tun soll?“
Die mittleren Jahre
In der zweiten Versuchung, so wie Lukas es schildert, fordert Satan den Herrn auf, ihn anzubeten. Im Gegenzug sollte der Herr alle Reiche dieser Erde aus der Hand des Teufels empfangen. Der Teufel stellt also etwas vor, was die Welt zu bieten hat, und der Preis dafür ist, dass man sich von der Anbetung und dem Dienst für Gott abwendet (vgl. Lk 14,8).
Der Teufel probiert das bei uns allen, obwohl wir viel weniger als alle Reiche dieser Erde geboten bekommen. Eine besonders anfällige Gruppe für diese Versuchung ist das mittlere Alter. Ein Student mag sich noch nicht so viele Gedanken um Ehre, Reichtum und Einfluss machen. Aber wenn er erst einmal in den Berufsalltag gerät, sieht das rasch ganz anders aus.
Doch wir wollen uns nicht verführen lassen. Denn die Angebote Satans haben alle einen gewaltigen Haken: Er nimmt mehr, als er gibt. Und was wird uns nicht alles genommen, wenn wir nach den schillernden Seifenblasen dieser Welt greifen und die Anbetung und den Dienst vernachlässigen!
Das Alter
In der dritten Versuchung will der Teufel den Herrn dahin führen, sich von der Zinne des Tempels zu stürzen, um zu sehen, ob Gott ihn durch Engel bewahren würde. Er führt eine Bibelstelle an, die beweisen soll, dass Gott dem Messias hier eine besondere Verheißung gemacht habe.
Der Teufel will in unseren Herzen Misstrauen Gott gegenüber säen: Wir sollen uns die Frage stellen, ob Gott zu seinen Verheißungen steht oder nicht, und ihn herausfordern, seine Treue unter Beweis zu stellen. Sind nicht gerade die älteren Geschwister in Gefahr, den Zuflüsterungen des Feindes in dieser Hinsicht Raum zu geben? Sind nicht „Tage des Übels“ und „Tage der Schwachheit“ ein Nährboden für Zweifel und Misstrauen?
Doch wir wollen uns nicht irritieren lassen: Gott wird zu seinem Wort stehen. Er ist auch bis zum Greisenalter derselbe und wird uns nicht versäumen und nicht verlassen. Darauf wollen wir uns stützen und hinter Gottes Wort keine Fragezeichen setzen. Würden wir doch sonst Gott versuchen!
Wir sehen somit einen Grund, warum Lukas die Anordnung der drei Versuchungen anders gruppiert hat. Nur so schält sich der Gedanke der drei Abschnitte in unserem Leben heraus (Jugend, mittleres Alter, Alter).