Der Zusammenbruch des Götzendienstes – Vers 1

Neben Kanaan wird Ägypten am meisten in der Schrift erwähnt. Israel wohnte dort 400 Jahre. In der Schrift wird Ägypten häufig als Weltmacht vorgestellt, aber es ist auch ein Bild von der Welt und dem Dienst der Sünde. Jesaja stellt das Kommen des HERRN zu Ägypten auf erhabene Weise dar. Er fährt auf schneller Wolke. In Psalm 104,3 steht, dass der HERR die Wolken zu seinem Gefährt macht. Der Herr Jesus wurde bei seiner Himmelfahrt von den Augen der Jünger in einer Wolke weggenommen (Apostelgeschichte 1,9). Und ohne irgendeine Bildersprache zu benutzen sagt er selbst, dass er auf den Wolken des Himmels wiederkommen wird (Matthäus 24,30).

Zuallererst wird der Götzendienst in Ägypten gerichtet. In den Tagen Jesajas gab es in Ägypten einen allgemeinen, fürchterlichen und schmutzigen Götzendienst voller Aberglauben. Affen, Katzen, Frösche, Krokodile etc. wurden verehrt. Und mit dem Aberglauben in unserer Zeit verhält es sich nicht viel besser. Indem die Existenz und das Denken der Ägypter derart durch die Götzen und den Aberglauben beherrscht wurde, ist es kein Wunder, dass es eine große Angst unter dem Volk geben wird, wenn der Götzendienst ganz und gar durch das Gericht des HERRN zusammenbrechen wird.

Vers 2: Bürgerkrieg in Ägypten

In Zeiten der Angst und Verwirrung, die durch Unvernunft, Rat- und Rettungslosigkeit geprägt sind, entsteht häufig Streit unter der Bevölkerung. So wird es auch in Ägypten sein. Ägypter gegen Ägypter, Stadt gegen Stadt, Königreich gegen Königreich, mit der Folge, dass eine noch größere Verwirrung entsteht.

Vers 3: Keine Vernunft mehr in Ägypten

Die Ägypter waren bekannt für ihre Weisheit, die Ruinen und Pyramiden zeugen heute noch davon. Mose wurde in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen (Apostelgeschichte 7,22). Man kann sich zurecht fragen, wie es möglich war, dass neben solch einer Weisheit, solch einer perfekten Kultur auf allen Gebieten, ein so unsinniger und schmutziger Götzendienst bestehen konnte. Aber zeigen unsere Zeiten nicht dieselben Widersprüche? Besteht nicht auch heute häufig ein lächerlicher Aberglaube? Sind denn Maskottchen, Glückspuppen etc. heutzutage unbekannt?

Wenn irdische Mächte in die Klemme geraten, befragen sie die Weisen der Welt. So taten es bereits die großen Machthaber wie Nebukadnezar und Belsazar. In unseren Tagen müssen die Entdecker, Physiker, Techniker, Ökonomen, Chemiker und Atomspezialisten Auskunft bieten. So wird es auch in Ägypten sein, wenn es unter die Gerichte des HERRN gerät. Aber niemand wird einen Ausweg schaffen können. Alles, was Menschen an Gegenwehr aufbringen können, ist für Gott lediglich wie Spreu, die durch den Wind verweht wird. Dann werden sie sich zu den Handlangern des Teufels wenden. Wie König Saul es damals getan hat.

Vers 4: Ein starker Mann

Ägypten hat viele harte und strenge Herrscher gekannt. In diesem Vers wird von einem harten und grausamen König gesprochen. Die Schrift gibt keinen direkten Hinweis darauf, wer es sein könnte. Aber soviel ist wohl sicher, dass auch er das Land nicht retten kann. Auch die heutige Welt verlangt immer mehr nach dem „starken Mann“. Sie wird ihn bekommen – aber zu ihrem eigenen Verderben.

Verse 5–10: Keine Wohlfahrt mehr

Der hier genannte „Strom“ ist der Nil, wovon jede Wohlfahrt in Ägypten abhing. Der Nil gab Wasser und Schlamm. Wenn es keine Überschwemmung dieses Flusses gab, folgte prompt eine Hungernot. Ägypten ist ein völlig anderes Land als Kanaan. Das letztgenannte Land war abhängig vom Segen des HERRN. Aber das war für Israel ein Reichtum, denn die Augen des HERRN waren das ganze Jahr über beständig darauf gerichtet (5. Mose 11,11–12). Und es war gut für Israel, jederzeit nach oben schauen zu müssen. Aber Ägypten kannte und kennt keine einzige Quelle von oben und hat nur Zisternen, die kein Wasser halten (Jeremia 2,13), Dinge, die hier unten ihren Platz haben. Hat diese Welt denn überhaupt etwas von oben? Früher, während der 7 mageren Jahre, war Josef dort gewesen, der Ägypten hindurch geholfen hatte, aber er war nur ein Werkzeug von oben gewesen. Wenn jedoch das Gericht des HERRN auf Ägypten kommen wird, wer wird dann Rat geben können? Selbst die Stützen, die Leiter, nicht.

Verse 11–15: Keine Weisen mehr

Die Welt ohne Gott möchte eigentlich nur zwei Dinge: militärische Macht und technische (oder ähnliche) Weisheit. Beide wird Ägypten verlieren. Es gibt eine Weisheit von oben und eine von unten. Die letztere ist irdisch, sinnlich und teuflisch (Jak 3,15). Ebenso wie Babel hatte Ägypten eine Kaste, einen bestimmten Stand von Weisen. Und wenn wir Vers 11 dazunehmen, besaß diese Kaste mehr Ein- als wirkliche Bildung. Aber seine Weisen wussten keinen Rat. Aber natürlich erkannten diese Söhne der Könige der Vorzeit (Vers 11) das nicht. Sie stellen allerlei Maßnahmen zur Tarnung ihres Unvermögens vor, aber bewirken dadurch nur, dass die Verwirrung und der Irrtum noch größer wird. Josef hatte damals im Voraus gesagt, was über Ägypten kommen sollte und seine Schlüsse daraus gezogen, aber diese „Weisen“ konnten letztlich nichts sagen, was der HERR der Heerscharen über Ägypten beschlossen hat. Sie waren in ihren eigenen Ratschlägen so verwirrt, wie ein Trunkenbold in seinem eigenen „Gespei taumelt“. Und der Taumelgeist ruhte sowohl auf ihrem Haupt, dem Kopf (König), wie auf dem Schwanz (den falschen Propheten), sowohl auf dem Ast (den Angesehenen) wie auf der Binse (den Geringen). Ist das kein Zustand, durch den unsere Tage heute gekennzeichnet sind? Überall Konferenzen, endlose Reden, aber kein Fortschritt. Im Gegenteil, die Probleme werden immer größer. Es ist wirklich begründet, dass Gott auch die Weisheit der gegenwärtigen Weisen vergehen lässt und die Welt ihrem eigenen Verderben überlassen wird. Denn nirgendwo ist zu erkennen, dass am Segen des HERRN alles gelegen ist.

Verse 16–17: Das Land Juda wird für Ägypten ein Schrecken sein

Die Ägypter hatten nicht allein keine militärische Macht, Wohlfahrt und Weisheit mehr, sondern auch keinen Mut, keine Hoffnung. Ägypten wird zittern und beben vor der Hand und dem Rat des HERRN der Heerscharen, die so offensichtlich gegen sie gerichtet ist (11,15) und wogegen sie nichts unternehmen können. Es wird hier gesagt, dass das Land Juda für Ägypten ein Schrecken sein wird. Das ist wohl eine Andeutung darauf, dass das Gericht über Ägypten in der ersten Zeit nach der Wiederherstellung Israels vollzogen wird. Denn vor einem Juda vor der Erscheinung des HERRN braucht Ägypten keine Angst zu haben. Die Zeit des Gerichts über Ägypten wird auch aus Jesaja 11,15 deutlich.

Verse 18–22: Die „Bekehrung“ Ägyptens

In Jesaja 26,9 steht Folgendes: „… denn wenn deine Gerichte die Erde treffen, so lernen die Bewohner des Erdkreises Gerechtigkeit“. Dieses Wort ist besonders zutreffend im Blick auf die Endzeit und die Anfangszeit nach der Errichtung des Friedensreiches Christi. Es will aber nicht sagen, dass das Lernen von Gerechtigkeit durch die Gerichte des HERRN in der Endzeit eine allgemeine Regel, eine logische Folge ist. Denn an einer anderen Stelle lesen wir in der Offenbarung, dass sich die Menschen, die die Gerichte durchmachen, sich nicht bekehren, sondern sogar den Gott des Himmels lästern (Offenbarung 9,20–21; 16,11+21). Aber vor allem durch die Gerichte des HERRN in der Anfangszeit nach der Gründung des Friedensreichs Christi, die über die Israel umgebenden Völker kommen, werden Überreste aus den Völkern Gerechtigkeit lernen, wie das hier bei dem Überrest aus Ägypten der Fall ist, und sich zu Gott bekehren. So, wie die große Masse der von Gott abgefallenen Israeliten durch Gerichte umkommen, nämlich sterben, werden und es dann einen Überrest aus Israel geben wird, so wird es auch mit verschiedenen Völkern, unter anderem Ägypten, geschehen. Auch daraus wird sich ein Überrest bekehren.

Es ist natürlich auch wohl so, dass Gott in den zurückliegenden Jahrhunderten (Zeitaltern) bereits nach diesem Grundsatz mit den Völkern und Personen gehandelt hat. Denken wir nur an Ninive, das sich nach der Ankündigung des Gerichts über diese Stadt durch Jona, bekehrte.

In der Anfangszeit der Regierung von Christus werden 5 ägyptische Städte durch die Gerichte zur Besinnung (Einsicht) kommen und werden sich zu Gott wenden. Das wird sinnbildlich dadurch beschrieben, indem gesagt wird, dass sie die Sprache Kanaans reden werden, was bedeutet, dass diese bekehrten Ägypter genau so sprechen und denken werden, wie das bei dem wiederhergestellten Israeliten der Fall sein wird. Durch ihr schwören rufen sie auch den Namen des HERRN der Heerscharen an, wie das ein Israelit tun wird.

Weiter wird gesagt, dass eine Stadt „Stadt des Niederreißens“, oder „der Verwüstung“, genannt werden wird. Diese Ankündigung ist nur schwer zu verstehen. Katholische Ausleger übersetzen: „eine Stadt wird Ir-ha-Heres, das ist „Sonnenstadt“ heißen und denken dann an Heliopolis, weil diese Stadt der Platz der Anbetung des Sonnengottes war. Luther übersetzt: „eine davon soll Ir – Heres heißen“. Nach der Aussage, dass sich 5 ägyptische Städte zu dem HERRN wenden werden, erwartet man nicht, dass eine davon „Stadt der Verwüstung“ in dem Sinn genannt wird, dass ihr die Verwüstung droht. Wir glauben, dass mit dem Ausdruck „Stadt der Verwüstung“ eine Erinnerung an die Verwüstung durch den schrecklichen Götzendienst gemeint ist, wovon diese Stadt das Zentrum bildete, und nicht eine Verwüstung der Stadt selbst.

Ägypten, das heißt, der Überrest davon, wird im 1000-jährigen Friedensreich Christi ein Ihm dankbar dienendes Volk sein. Der HERR wird inmitten des Landes Ägypten einen Altar haben (Vers 19). Die Ägypter werden den HERRN erkennen und ihm mit Schlacht- und Speisopfern dienen. Ihm werden sie Gelübde tun und bezahlen (Vers 21). Auch das wiederhergestellte Israel wird in dieser Zeit wieder blutige Tieropfer bringen, als ein Gedächtnis an das eine Opfer von Christus. Sowohl Israel wie auch Ägypten werden dann verstehen, dass das eine Opfer von Christus die Grundlage ihrer irdischen Segnungen ist. Das Blut Christi wird für sie kostbar sein. In der Tatsache, dass dann wieder Tieropfer gebracht werden sollen, liegt nichts Gegenteiliges in Bezug auf das Opfer Christi. Dann werden sie verstehen, dass es unmöglich ist, dass das Blut von Tieren in der Lage ist Sünden der Menschen wegzunehmen. Aber es ist nicht unmöglich für die dann auf der Erde lebenden und an Christus glaubenden Völker, dass Tieropfer die Abscheulichkeit der Sünde demonstrieren sollen. Alle durch Israel dargebrachten Opfer vor dem Kommen Christi auf diese Erde schauten voraus, weisen auf das eine und vollbrachte Opfer Christi hin. Die Opfer, die im Friedensreich wieder gebracht werden, schauen zurück, erinnern an das eine Opfer von Christus mit seinem ewigen Wert und Bedeutung. Diese Opfer sind auf keinen Fall eine Art „Ergänzung des einen Opfers“.

Wir müssen uns gut vor Augen halten, dass sowohl Israel als auch Ägypten irdische Völker sind und bleiben. Dass sie also nie zu der hohen geistlichen und himmlischen Stellung gelangen werden, in die die Gläubigen der Versammlung gekommen sind. Aber so, wie die Gläubigen der Versammlung die Kostbarkeit von dem Blut Christi, des Lammes, im Himmel besingen werden (Offenbarung 5,9–10), wird der Überrest aus dem irdischen Volk seine Kleider in dem Blut des Lammes gewaschen haben (Offenbarung 7,14).

So wird dann auch der Überrest Ägyptens, das durch das Gericht des HERRN Gerechtigkeit gelernt haben wird (26,9), im Friedensreich wohlgefällig zu dem HERRN sprechen und bei seinem Namen schwören, Gelübde tun und sie bezahlen, und auch Tieropfer bringen. Die Tatsache, dass es inmitten Ägyptens einen Altar vor dem HERRN geben wird (Vers 19) weist auch auf die Tatsache des Opferns hin. Denn was ist ein Altar ohne Opfer? Der Überrest der Ägypter wird dem HERRN auf eine geheiligte Weise dienen, zur Herrlichkeit des Königs der ganzen Erde, des Herrn Jesus Christus.

In den Versen 19 – 20 wird weiter von einem aufgerichteten Zeichen an der ägyptisch-israelischen Grenze gesprochen. Dieses Zeichen ist ein Gedächtnis im Blick auf die Verschonung und Rettung des ägyptischen Überrests während der Gerichte über ihr Land. Als sie in ihrer Not zu Gott riefen und er ihnen einen Retter und Erlöser sandte. Dieses Zeichen wird keine ägyptische Sphinx oder Pyramide sein, sondern ein einfacher Stein, eine „Denksäule“. Wenn wir bedenken, dass Jesaja 700 Jahre vor dem Kommen des Herrn Jesus auf die Erde von dieser Denksäule prophezeit hat, und danach weitere fast 2000 Jahre vergangen sind, dann hebt das das Wunder der Prophetie noch mal besonders hervor. Denn der Stein wird kommen, auch wenn das Verhältnis zwischen Israel und Ägypten momentan äußerst schlecht ist, und es den beiden Parteien unmöglich vorkommt, dass die gegenseitige tödliche Feindschaft jemals weichen wird.

Auch Jakob stellte einst solch einen Stein zu Bethel auf (1. Mose 28,18), und Israel tat es nach dem Durchzug durch den Jordan (Jos 4,4–7). Auch Samuel tat es nach dem großen Sieg über die Philister (1. Samuel 7,12). Steine können von Wundern sprechen.

Im Blick auf das gesamte Volk Ägyptens wird in Vers 22 gesagt, dass der HERR das Volk schwer schlagen, oder richten, wird. Aber was den Überrest Ägyptens angeht wird gesagt, dass er sie heilen wird. Denn der Überrest hat sich zu ihm bekehrt und er wird sich von ihnen erbitten lassen.

Die drei bedeutendsten Länder des Friedensreiches (Jes 19,23–25)

In den Versen 18–25 kommt der Ausdruck „an jenem Tag“ fünfmal vor (Vers 18,19,21,23,24). Diese Ausdrucksweise hat nicht allein Bezug auf die Periode der Gerichte in der Endzeit, sondern wird auch gebraucht für Ereignisse, die sich in der Anfangszeit des Friedensreiches ereignen werden (11,10–11). In den Versen 23- 25 wird nur mit einem einzigen Wort auf die Bekehrung eines Überrests aus Ägypten und Assyrien hingewiesen. Vorher standen sich diese beiden Staaten stets feindlich gegenüber, aber im Friedensreich, unter der Regierung des Christus, werden sie in Frieden leben. Zusammen mit Israel, sollen diese drei Länder ein Segen inmitten der Erde sein (Vers 24). Ägypten und Assyrien grenzten in der Vergangenheit nicht an einander, und das wird auch in der Zukunft nicht der Fall sein. Aber in dieser Zeit wird es dort einen gebahnten Weg geben, eine leichte Verbindung zwischen den beiden Ländern.

Wenn wir hier von den drei bedeutendsten Ländern im Friedensreich sprechen, dann meinen wir damit nicht, dass es in dem Reich drei Großmächte geben wird. Denn das Reich des Christus umfasst die ganze Welt und alle Völker. Aber es ist gut möglich, dass die verschiedenen Länder Könige haben werden, die dem König der Könige dann untergeordnet sein werden. In Israel wird es ja auch einen solchen König, nämlich den Fürsten, geben. Der Prophet Hesekiel spricht davon. Das Zentrum von diesem Weltfriedensreich, von dem jede Regierung und Gesetzgebung ausgeht, soll weder in Europa noch in Amerika sein, sondern in Asien und Afrika und im besonderen Palästina, dem „Mittelpunkt der Erde“ (Hes 38,12). Die Hauptstadt von dieser Welt wird nicht London, New-York oder Paris, sondern Jerusalem sein (2,2–5). Nicht die Japhetiten werden dann das Hauptvolk sein, sondern die Semiten (Israel und Assyrien) sowie die Hamiten (Ägypten). Dass von Israel als dem Dritten gesprochen wird deutet nicht auf eine Rangfolge hin. Ägypten und Assyrien wurden genannt und als Drittes eben Israel. Nur von Israel wird dagegen gesagt, dass es das Erbteil des HERRN der Heerscharen ist, Jahwe-Zebaoth.

[Übersetzt aus dem Holländischen von Stephan Keune]