In Jesaja 42,2 lesen wir, dass der Knecht des Herrn nicht schreien wird, noch seine Stimme erheben wird, um sie auf der Straße hören zu lassen.

Dieser Text sagt nicht aus, dass der Messias nicht auf den Straßen Israels predigen würde. Dann würde die Bibel flagrant mit sich im Widerspruch sein, denn das Neue Testament versichert uns an mehreren Stellen, dass der Herr Jesus das doch getan hat.

Wir müssen hier, genau wie bei Johannes 6,27, nach der Bedeutung der Aussage fahnden.

Nun, der Messias würde nicht als Demagoge kommen, der versucht, die Menschen für sich zu gewinnen, um sie zur Revolution aufzurufen. Er würde nicht kommen, um eine Volksbewegung in Gang zu setzen und dabei über Leichen gehen, um sein Ziel zu erreichen. Nein, der Knecht des Herrn würde in Sanftmut und Demut kommen. Er wird das geknickte Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen. Die Erfüllung dieser Prophetie wird in Matthäus 12,16 wie folgt beschrieben: „Und er gebot ihnen ernstlich, ihn nicht offenbar zu machen“. Diese Worte bestätigen die oben gemachte Auslegung.

Du hast auf unseren Straßen gelehrt“

Um das Evangelium zu verkündigen, hat der Herr sehr wohl seine Stimme auf den Straßen hören lassen. Einmal werden Menschen in Wahrheit sagen können: „Du hast auf unseren Straßen gelehrt“ (Lk 13,26). Wenn wir das Leben des Herrn Jesus verfolgen, dann sehen wir Ihn, wie Er im Haus, auf der Straße, von der Bergspitze, aus dem Schiff, auf einem See und auf dem Tempelplatz predigt.

Gepredigt hat er also sehr wohl, aber eine Volksbewegung in Gang gesetzt, in welcher Er die zentrale Figur gewesen wäre, das hat er nicht getan. Wer Jesus Christus dennoch so vorstellt, macht aus Ihm eine Karikatur und tut der Wahrheit Gewalt an. Und leider geschieht es in der Revolutions-Theologie, dass man den niedrigen Knecht des Herrn als revolutionären Kämpfer gegen Unterdrückung und Gewalt vorstellt.

Jesus rief

Es steht nicht nur im Neuen Testament, dass Jesus von Nazareth in der Öffentlichkeit gepredigt hat und also in diesem Sinn seine Stimme auf der Straße hat hören lassen, es steht auch einige Mal da, dass Er gerufen hat. Auf ein paar kennzeichnende Stellen im Evangelium von Johannes möchte ich gern aufmerksam machen.

In Johannes 7,37 steht:

„An dem letzten, dem großen Tag des Festes aber stand Jesus da und rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke!“

Jesus ruft Menschen, die Durst haben. Durst nach Vergebung der Sünden, nach Glück, nach Frieden mit Gott. Er will ihren Durst mit „Wasser des Lebens“ stillen. Und Er will ihnen den Geist des Lebens schenken. Dann wird nicht nur ihr eigener Durst gestillt, sondern sie werden auch für andere zum Segen sein (s. V. 38).

In Johannes 11,43 lesen wir die Worte:

„Und als er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus!“

Hier wird jemand gerufen, der tot ist. Lazarus war tatsächlich tot, aber als Nachkommen von Adam sind wir alle geistlich tot. Wir sind tot in unseren Sünden und Vergehungen (Eph 2,1). Genau wie vom verlorenen Sohn kann von uns gesagt werden: „Diese waren tot“.

Der Herr Jesus will jedoch toten Sündern das Leben geben. Nun ist noch Zeit, dass die geistlich Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören und leben (Joh 5,25).

 An dritter Stelle dachte ich an Johannes 12,44 und 46:

„Jesus aber rief und sprach: Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat. Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe“.

Mich dürstet …

Diesen Artikel will ich beschließen, indem ich auf die Grundlage hinweise, auf der das alles geschehen kann. Durstige Menschen können durch Gott erquickt werden, Tote lebendig gemacht werden und sie, die in Finsternis leben, empfangen das Licht. Wie geht das? Das geht nur, weil Jesus Christus für uns an das Kreuz gegangen ist und bereit war, dort in das Gericht Gottes zu gehen.

Dort hat Er Durst erlitten und gesagt „Mich dürstet“ (Joh 19,28). Dort hing Er in der Finsternis von der sechsten bis zur neunten Stunde (Mt 27,45). Dort ging Er in den Tod (Joh 19,33).

Haben wir alle schon Teil an seinem Werk? Sollte das noch nicht so sein, dann mache dir den Durst deiner Seele bewusst, erkenne deinen toten und finsteren Zustand vor Gott, glaube an den Herrn Jesus und du wirst sehen, wer Jesus Christus für dich sein will.

[Aus: „Bode des Heils in Christus”, Jahrgang 122 (1979)]