Psalm 6,10: Der HERR hat mein Flehen gehört; mein Gebet nahm der HERR an.

Genau wie Psalm 5 ist auch dieser Psalm ein Gebet. Der Inhalt ist allerdings ganz anders. Wir hören hier einen Gläubigen beten, der in großer Not ist. Ein Gläubiger kann auf zwei Arten geprüft werden: Es kann sein, dass Gott ihn prüft, und er kann auch durch eigene Schuld in Schwierigkeiten geraten. Wenn Gott prüft, kann das Herz beruhigt auf den Ausgang vertrauen, den der Herr geben wird. Aber wenn jemand durch eigene Schuld in Probleme gekommen ist, gibt es auch keine Ruhe mehr im Herzen. So jemand fühlt sich doppelt unglücklich. Solche Erfahrungen macht der Gläubige in diesem Psalm.

Dennoch steht ihm derselbe Ausweg zu wie für den, der durch Gott geprüft wird. Er beruft sich auf die Gnade Gottes, während er dem Herrn gegenüber aussagt, wie elend ihm ist. Er tut das, weil er weiß, dass er mit einem Gott zu tun hat, der ihn nicht fallen lässt. Er vertraut darauf, dass seine Schrecknisse ein Ende haben werden. Darum sagt er – nicht vorwerfend, sondern vertrauend: „Herr, bis wann?“ Er möchte gern am Leben bleiben, um den Herrn zu loben. Etwas Ähnliches sagt Hiskia in Jesaja 38,18.

Das bedeutet nicht, dass jemand, der stirbt, nichts mehr weiß. Die Geschichte, die der Herr Jesus in Lukas 16,19–31 erzählt, zeigt klar, dass nach dem Tod die Toten sehr gut wissen, was mit ihnen geschehen ist. Es gibt also nicht so etwas wie Seelenschlaf. Doch es geht dem Gläubigen in Psalm 6 darum, dass er nicht mehr in der Lage sein würde, den Herrn gegenüber den Tätern der Ungerechtigkeit um ihn her zu loben. Ihnen gegenüber zeugt er davon, dass der Herr sein Weinen und Flehen gehört hat. Ja, er weiß sicher, dass der Herr sein Gebet angenommen hat. Bei aller Traurigkeit ist das eine große Sicherheit, die sein Herz zur Ruhe bringt.