Die Eisenbahn von Mexico City auf dem Zentralplateau, 2300 Meter über NN, herunter nach Vera Cruz am Golf ist ein technisches Meisterwerk. Über 100 km der Trasse ziehen sich durch die Bergregion zwischen der Küste und dem mexikanischen Plateau. Dieser Streckenabschnitt hat eine durchschnittliche Steigung von 2,5% und führt an den Steilwänden erhabener Berge entlang, durch lange Tunnel und über Brücken, die über tiefe Schluchten gespannt sind und bietet eine herrliche und malerische Landschaft. Wenn man bedenkt, dass beim Bau von Bahnstrecken eigentlich nur eine Steigung von 1% erlaubt ist, kann man sich etwas vorstellen, wie viel Schwierigkeiten und Gefahren mit der Überwindung dieses Gefälles verbunden waren. Ein Reisender kommentierte die Risiken des Befahrens dieser Teilstrecke mit den Worten: „Nur wenige Unfälle haben sich ereignet, zweifellos weil man sie ständig vorhergesehen hat. Die Gefahr liegt darin, dass Menschen in dem Gefühl vollkommener Sicherheit leichtsinnig werden – sie liegt nicht in den eisernen Brücken, die Tag für Tag gewartet werden, sondern in den kleinen Kabeln oder losen Gleisen.“

Ist das nicht das Geheimnis manchen Falls unter den Kindern Gottes? Sind es nicht die kleinen, unbeachteten Dinge, die uns unvorbereitet treffen und unseren Fall verursachen? Der großen, hervorstechenden Sünden der Welt um uns her, Sünden die „vorher offenbar“ sind und „vorausgehen zum Gericht“ (1. Tim 5,24), können wir selten angeklagt werden. Aber Niedergang beginnt gewöhnlich mit kleinen Dingen – mit Gewohnheiten, die man sich erlaubt, mit fraglichen Dingen, denen man nachgeht, sei es im Beruf, im Privatleben, in der Schule, in der Fabrik, im Laden, oder auf der Farm. In diesen kleinen Anfängen liegt oft die Gefahr. Hier nimmt ein abschüssiger christlicher Kurs gewöhnlich seinen Anfang.

„Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, welche die Weinberge verderben“, lautet die Aufforderung in Lied der Lieder 2,15 – diese listigen kleinen Tiere, die unbemerkt Schaden anrichten. „Siehe, ein kleines Feuer, welch einen großen Wald zündet es an!“, sagt der Apostel Jakobus, indem er seine Warnung mit dem Ausruf „Siehe!“ betont. Denn du kannst sicher sein, lieber christlicher Leser, die Gefahr ist sehr real. Wir müssen vor versteckten Gefahren und unsichtbaren Schlingen ständig auf der Hut sein. Ich kennen einen Fall, bei dem ein schamloser Weg, der einen Ausschluss von Tisch des Herrn erforderte, damit anfing, dass man „nur ein Video“ anschauen wollte. Es war der Funke, der „den Lauf der Natur anzündet.“ Ein anderer begann, weil er hin und wieder „einen kleinen Schluck“ trinken wollte. Wenn in der politischen Welt gilt: „Immer währende Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit“ [Fußnote 1] wie viel mehr in geistlichen Dingen, wo Satans Fallen unzählbar sind. Wir müssen immer auf der Hut sein, weil das Fleisch in uns so leicht auf Versuchungen reagiert. Und das Gebet muss mit dem Wachen gepaart sein, oder hat nicht unser treuer Leiter uns gewarnt: „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt“?

„Nur wenige Unfälle haben sich ereignet“, sagt der Reisende, „weil man sie ständig vorhergesehen hat.“ Und weit weniger Fälle würden himmlische Reisende erleben müssen, wenn man diese Fälle mehr fürchten und ernster nehmen würde. „Die Gefahr liegt darin, dass Menschen in dem Gefühl vollkommener Sicherheit leichtsinnig werden.“ Ja, und wenn sich Gläubige in falscher Sicherheit wiegen – vielleicht hervorgerufen durch lange Erfahrung, ihre Schriftkenntnis, frühere Triumphe über Versuchungen, natürliche Willensstärke, Freisein von fleischlichen Wünschen, etc., alles dazu angetan ein falsches Gefühl von Sicherheit zu geben – dann werden Selbstgericht, ständiges Gebet und Wachsamkeit nicht mehr als notwendig angesehen; und dann kommt die Entgleisung, der Fall!

Ach Geschwister, sollen wir uns aufgrund der immer währenden Liebe unseres Hirten und der allmächtigen Hand des Vaters in den Schlaf wiegen? Sollen wir deswegen nicht mehr auf unseren Wandel, unsere Gewohnheiten, unsere Worte, die Gesellschaft die wir pflegen oder die Plätze, die wir aufsuchen, achtgeben? Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. Lasst uns Gott dafür danken! Doch das ist keine Garantie dafür, dass ich nicht falle, wenn ich in der Wachsamkeit gegen jede Annäherung von Weltlichkeit oder Sünde nachlasse.

Ja, die „große eiserne Brücke“ der ewigen Sicherheit jedes wahren Gläubigen steht. Aber lasst uns auf die „kleinen Kabel“ achthaben und auf der Hut sein vor den unauffälligen, unvermuteten „losen Gleisen“. Hier sind wir am anfälligsten für den Schiffbruch des Glaubens, kommen vom Weg ab und landen zerbrochen und zerstört in irgendeiner Schlucht oder einem Sumpf am Wegrand.

„Seid nüchtern, wachet; euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“ (1. Pet 5,8). Und bedenkt, dass er noch gefährlicher ist, wenn er verstohlen als ein „Engel des Lichts“ kommt.


[Fußnote 1] Der Satz wird Thomas Jefferson, dem dritten US-Präsidenten und Verfasser der Unabhängigkeitserklärung zugeschrieben.