Denn bei dir ist der Quell des Lebens, in deinem Licht werden wir das Licht sehen (Psalm 36,10)

Die Überschrift „Dem Vorsänger“ macht klar, dass auch dieser Psalm dazu bestimmt war, bei den Opferdiensten im Tempel gesungen zu werden. Dort, vor Gottes Angesicht, musste die in diesem Lied besungene Wahrheit erklingen. Auffallend ist, wie der Dichter sich vorstellt, nämlich als „der Knecht des Herrn“. David will, obwohl König, aus der niedrigen Position des Knechtes den Zustand derer besehen, die diesen freudevollen Dienst für den Herrn in ihren Leben abweisen. Anschließend schildert er dann den Segen für diejenigen, die sich an Gottes Güte sättigen.

Das wirft in diesem Lied einen gewaltigen Kontrast auf. Einerseits ist da die Tiefe der Verdorbenheit der Herzen der Gottlosen und andererseits die himmelhohe Güte Gottes. Einerseits ist da der Mund der Gottlosen (an anderer Stelle in der Schrift ein „geöffnetes Grab“ genannt), aus dem ein Wortschwall von Unreinheit und Betrug hervorkommt – andererseits sehen wir die Gerechtigkeit des Herrn, die „den Bergen Gottes gleich“ ist. Eine Gerechtigkeit, die zum „Gericht“ führen wird, wie „eine gewaltige Wasserflut“. Zwei Quellen werden in diesem Psalm gegenübergestellt. In der Tiefe des Herzens versteckt sich die Sünde, die wie eine Art Orakel Gedanken hervorquellen lässt. Die Sünde wird hier gesehen als ein geradezu personifizierter Grundsatz des Aufstandes Gott gegenüber, der untrennbar mit der menschlichen Natur verbunden ist. Demgegenüber steht der Quell des Lebens, der bei Gott zu finden ist. Glücklich sind die, die den Mut haben, sich in Gottes Licht zu stellen. Ihre Augen öffnen sich für das Licht.