„Du hast mich zum König gemacht über ein Volk, das zahlreich ist wie der Staub der Erde. Gib mir nun Weisheit und Erkenntnis, daß ich vor diesem Volke aus – und eingehen möge; denn wer könnte dieses dein großes Volk richten“ (2. Chr 1, 9–10)? Das waren wunderbare Worte aus dem Mund Salomos. Er maß dem Volk Israel einen sehr großen Wert bei – nicht weil es sein Volk war, sondern weil es das Volk Gottes war. Das ist ein entscheidender Unterschied, auch in unseren Tagen.

 Wenn wir in unseren Beziehungen zu der Versammlung Gottes irgendeine Gruppe von Geschwistern als unser Volk betrachten, werden wir eifersüchtig über sie wachen. Wir werden sorgfältig darauf achten, daß sie niemand anders hören als nur uns selbst, immer ängstlich darum bemüht sein, ihre Auffassungen nach unseren vielleicht sehr engstirnigen Gedanken auszurichten. Aber kein Mensch, wie angesehen er auch sein mag, besitzt alle Gaben. Das ist jedenfalls nicht die Ordnung, die Gott für Seine Versammlung vorgesehen hat. Die göttlichen Grundsätze sind vielmehr genau das Gegenteil hiervon. Alles ist unser, es sei Paulus oder Apollos oder Kephas. Daher ist alles von Grund auf falsch, was die freie Ausübung der Gaben verhindert, die Gott Seinem Volk gegeben hat. Das Volk Gottes sollte es daher nicht nur als ein Vorrecht, sondern auch als eine Pflicht betrachten, aus allem Nutzen zu ziehen, was Gott ihm zu seiner Auferbauung gegeben hat; denn es ist das Volk Gottes. Die Gläubigen gehören keinem Menschen an, wie sehr er auch von Gott anerkannt und geehrt sein mag. Gerade ein solcher Bruder wird sich um so mehr bewußt sein, daß es sich um das Volk Gottes handelt.

 Das ist der Punkt, den Petrus mit so großem Ernst betont. Im letzten Kapitel seines ersten Briefes ermahnt er die Ältesten: „Hütet die Herde Gottes!“ Wenn wir das berücksichtigen, werden wir in der richtigen Stellung bewahrt bleiben. Es ist die Herde Gottes, und wir müssen sehr sorgfältig darauf achten, was wir mit ihr tun. Wir müssen uns bemühen, die rechte Gesinnung und das richtige Ziel im Blick auf die Herde Gottes zu haben. „Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, indem ihr die Aufsicht nicht aus Zwang führet, sondern freiwillig, auch nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig, nicht als die da herrschen über ihre (wörtlich: die) Besitztümer, sondern indem ihr Vorbilder der Herde seid“ (1. Petrus 5, 2–3) ...  Die Ältesten sollten die Herde nicht als ihr Eigentum betrachten, sondern Vorbilder der Herde sein. Die Ermahnung an die Ältesten besagt, daß sie die Herde Gottes hüten sollten, indem sie sie nicht als ihr Eigentum ansahen, sondern als das ihnen anvertraute Volk Gottes.

Dieses Bewußtsein bewirkt Ernst und Verantwortungsgefühl und bringt das Gewissen in Übung. Die Folge wird sein, daß wir wie Salomo um Weisheit bitten; denn angesichts einer solchen Aufgabe haben wir sie sehr nötig. Für unsere Besitztümer mögen wir über genug Weisheit verfügen; aber um das Volk Gottes hüten zu können, brauchen wir Weisheit von Gott.