Johannes 17 wird gern das „hohepriesterliche Gebet“ des Herrn genannt. Das ist aber kein guter Ausdruck, da der Hohepriester vor Gott und nicht vor dem Vater tätig ist. H.L. Heijkoop erklärte das in einem Vortrag, wobei er auch andere Punkte des Priestertums berührt, die beachtenswert sind (“Aus dem Wort der Wahrheit“, Band 1):

„Ich möchte darauf hinweisen, dass das Priestertum im Neuen Testament nichts mit dem Vater zu tun hat, sondern allein mit Gott. Der Herr Jesus ist nicht Priester bei dem Vater, sondern bei Gott. Deshalb ist auch Johannes 17 nicht das hohepriesterliche Gebet, wie es manchmal genannt wird, denn dort spricht der Sohn zu dem Vater. Gott, der Sohn, obwohl Mensch geworden, spricht dort zu dem Vater, und zwar so, dass wir es hören können. So wissen wir, die wir Kinder des Vaters geworden sind, wer der Vater ist, wie wir Ihm nahen können und wie wir zu Ihm sprechen können, und auch, dass wir der Gegenstand des Gedankenaustausches zwischen dem Vater und dem Sohn sind. Aber das hat überhaupt nichts mit Priesterdienst zu tun. Priesterdienst hat zu tun mit unserem Verhältnis als Menschen zu Gott.
 
Wenn wir den Hebräerbrief sorgfältig lesen, wo uns in verschiedenen Kapiteln der Herr Jesus als Hoherpriester beschrieben wird, finden wir dort niemals den Namen des Vaters genannt, mit Ausnahme von Kapitel 12, wo es jedoch um Zucht geht. Der Hebräerbrief spricht niemals über das Nahen von Kindern zum Vater, auch nicht über unsere Verbindung zu Gott als Kinder, auch nicht in bezug auf den Herrn Jesus. Der Hebräerbrief spricht davon, dass wir freien Zugang in das Heiligtum haben, um dort Gott zu nahen; auch behandelt er das Werk des Herrn Jesus auf dem Kreuz.
 
Das Ergebnis Seines Werkes ist, dass Er durch ein Opfer auf immerdar (= ununterbrochen) diejenigen vollkommen gemacht hat, die geheiligt werden. Wir haben deshalb Freimütigkeit, in das Heiligtum einzugehen (Heb 10,14. 19). Wohlgemerkt, dort steht nicht, dass wir dem Vater nahen, sondern dem Thron Gottes, der, weil er ein Regierungsthron ist, auch ein Gerichtsthron ist. Doch dieser Thron ist für uns ein Gnadenthron geworden, da das Blut auf den Versöhnungsdeckel gesprengt ist. Wenn nun die Cherubim, die die Gerichte in der Regierung Gottes ausführen (sie bilden ja den Thron, wie wir das bei der Bundeslade sehen), auf die steinernen Tafeln des Gesetzes sehen und somit darauf achten, ob der Mensch den Forderungen Gottes an Seine Geschöpfe entspricht, dann sehen sie das Blut. Dieses Blut erinnert an ein ausgeübtes Gericht, so dass sie, was die Gerechtigkeit betrifft, völlig befriedigt sind.
 
Deshalb haben wir Freimütigkeit, ins Heiligtum hineinzugehen zu dem Gerichtsthron Gottes, der jedoch, wie gesagt, für uns ein Gnadenthron geworden ist, weil der Herr Jesus durch ein Opfer auf immerdar vollkommen gemacht hat, die geheiligt werden. Ab dem Augenblick, wo ein Sünder seine Sünde und Schuld vor Gott bekennt -das ist derselbe Augenblick, in dem er auch von neuem geboren wird –, sieht Gott niemals mehr eine einzige Sünde an ihm. Der Priesterdienst des Herrn Jesus dort an dem Gnadenthron im Himmel hat daher nichts mit der Sünde zu tun, sondern nur damit, dass wir Gnade und Barmherzigkeit finden zur rechtzeitigen Hilfe (Heb 4,16).
 
Er kann uns diese Hilfe zuteil werden lassen, weil Er als Mensch in allen Dingen versucht worden ist wie wir, ausgenommen die Sünde. Er weiß daher, welche Hilfe wir bei den Versuchungen Satans nötig haben, bei den Schwierigkeiten, die die Folge davon sind, dass wir in einer Welt leben, deren Fürst und Gott Satan ist. Deshalb kann Er uns helfen. Sünde ist im Hebräerbrief immer Abfall von Gott! Denn es geht in diesem Brief um unser Verhältnis zu Gott, nicht zum Vater. Gott sieht keine einzige Sünde mehr bei denen, die wirklich an dem Herrn Jesus Teil bekommen haben. Wenn dann doch noch über Sünde gesprochen wird, so ist das Abfall. Das bedeutet: wenn jemand, der bekannt hat, Christ zu sein, dann wieder Heide, Mohammedaner oder Jude wird, also das Christentum verlässt, gibt es keine Möglichkeit der Errettung mehr für ihn ...“