Jeder, der im täglichen Leben im Dienst für seinen Herrn steht, kennt Situationen der besonderen Herausforderung – Situationen, in denen wir unsere eigene Hilflosigkeit erkennen und dann auch oft nicht richtig wissen, welches die nächsten Schritte sind, die wir gehen sollen.In einer solchen Situation befand sich der Apostel Paulus auf seiner zweiten Missionsreise. Er war in Athen gewesen und hatte dort auf dem Areopag zu den Griechen gesprochen. Kurze Zeit später war er nach Korinth weitergereist. Wie er es gewohnt war, ging er zuerst in die Synagoge, um sich mit den Juden zu unterreden. Doch dort erfuhr er – wie so oft – erbitterten Widerstand. Die Juden „widerstrebten und lästerten“ (Apg 18,6). Was nun? Paulus hatte den Gedanken, jetzt zu den Nationen zu gehen. Doch er wusste, dass dieser Weg kein einfacher sein würde. Später schreibt er den Korinthern von seinen Empfindungen: „Ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und in vielem Zittern; und meine Rede und meine Predigt war nicht in überredenden Worten der Weisheit“ (1. Kor 2,3). Er wusste um die durch Philosophie und Dialektik geprägten und rhetorisch geschulten Menschen in Korinth, die sich viel auf ihre eigene Weisheit einbildeten.

Genau in diese Situation hinein bekommt er nun einen besonderen Zuspruch durch den Herrn. Aus diesem Zuspruch können wir vieles für uns in Anspruch nehmen, auch wenn unsere Situation heute ganz anders ist als die von Paulus damals. Zu ihm kam der Herr selbst durch ein Gesicht in der Nacht und sagte: „Fürchte dich nicht, sondern rede, und schweige nicht! Denn ich bin mit dir, und niemand soll dich angreifen, um dir etwas Böses zu tun; denn ich habe ein großes Volk in dieser Stadt“ (Apg 18,9.10). Dieses kurze Wort enthält vier Elemente, die wir auf uns übertragen wollen. Wir finden erstens eine Ermunterung, zweitens eine Aufforderung, drittens eine Zusicherung, viertens eine Perspektive.

1. Eine Ermunterung: „Fürchte dich nicht.“ Diesen Hinweis finden wir oft in der Bibel. Manchmal gibt Gott diese Ermunterung in der Mehrzahl (fürchtet euch nicht), aber oft ist es ein ganz persönliches Wort, das Gott an Menschen richtet. Der erste, den Gott auf diese Weise ermunterte, war Abraham (1. Mo 15,1). Zum letzten Mal lesen wir dieses Wort in Offenbarung 1,17. Dort fiel Johannes wie tot zu den Füßen des Herrn nieder, als er Ihn in Seiner richterlichen Herrlichkeit sah. In unserem Vers will der Herr Paulus damit Mut machen zum Dienst. Paulus hatte nach menschlichem Ermessen Grund dazu, sich zu fürchten. Die Aufgabe, die vor ihm lag, war schwierig. Aber der Herr macht ihm klar, dass er sich nicht zu fürchten braucht. Auch wir mögen oft mit Sorge und vielleicht auch Angst auf die Aufgaben sehen, die vor uns liegen. Vielleicht ein schwieriger Besuch, ein kompliziertes Gespräch, ein Problem unter Brüdern, ein Zeugnis vor Ungläubigen usw. Doch der Herr ist da und ermuntert uns mit den Worten: „Fürchte dich nicht!“ Wir dürfen das ganz persönlich für uns in Anspruch nehmen.

2. Eine Aufforderung: „Rede und schweige nicht.“ Der Ermunterung folgt die Aufforderung. Paulus sollte reden und nicht schweigen. Auch wenn es ihm vielleicht gerade in Korinth schwer fiel, es war ein klarer Auftrag Gottes. Im Dienst für den Herrn gibt es Situationen, wo wir schweigen und nicht reden sollen. Aber es gibt auch Situationen, wo wir sehr wohl reden und nicht schweigen sollen. Leider „verwechseln“ wir manchmal das eine mit dem andern und reden da, wo wir besser still wären und schweigen, wenn wir reden sollen. Nun, wenn der Herr den Auftrag gibt zu reden, dann dürfen wir diesem Auftrag auch in Seiner Kraft nachkommen. Je nach Situation ist es gar nicht so einfach, den Mund zu öffnen. Wenn wir als Christ in ein ungläubiges Umfeld gestellt sind (Schule, Ausbildung, Beruf, Militärdienst, Nachbarschaft usw.), dann fällt es uns oft sehr schwer, mit unserem Mund unseren Herrn und Heiland Jesus Christus zu bekennen. Und doch gilt in solchen Situationen die Aufforderung: „Rede und schweige nicht.“

3. Eine Zusicherung: „Ich bin mit dir.“ Der Aufgabe folgt sogleich eine Zusicherung. Der Herr selbst wollte mit Paulus sein. Konnte es da noch an Mut fehlen, den Auftrag des Herrn auszuführen? Etwas Ähnliches finden wir beim Propheten Jeremia. Als er zum Propheten bestellt wurde und somit „Sprachrohr“ Gottes an die Nationen sein sollte, sagte er: „Ach Herr, HERR, siehe, ich weiß nicht zu reden“ (Jer 1,6). Kennen wir das nicht gut? Haben wir das nicht auch schon gesagt oder zumindest gedacht: „Ach Herr, ich weiß nicht zu reden.“ Und was tut Gott? Er gibt dem jungen Jeremia eine ähnliche Zusicherung wie Paulus: „Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin mit dir, um dich zu erretten, spricht der HERR“ (Jer 1,8). Wenn wir im Dienst für den Herrn unterwegs sind, dann dürfen wir wissen, dass es Sein Werk ist und dass Er selbst mit uns ist. Wir fühlen nicht nur Seine Gegenwart, sondern mehr noch: Wir fühlen Seinen aktiven Beistand. Er geht mit jedem Einzelnen von uns, wenn es gilt, einen Auftrag für Ihn auszuführen.

4. Eine Perspektive: „Ich habe ein großes Volk in dieser Stadt.“ Der Herr begnügte sich damals nicht damit, Paulus zu versichern, dass Er mit ihm war. Er geht noch einen Schritt weiter. Er gestattete ihm einen Blick in die nahe Zukunft. Er machte ihm klar, dass Er ein großes Volk in Korinth haben würde. Das war für Paulus eine große Motivation. Nun ist es in den meisten Fällen so, dass wir nicht wissen, welche Resultate unsere Arbeit für den Herrn hervorbringen wird. Aber eins wissen wir ganz sicher – und das ist auch für uns eine Mut machende Perspektive. Gott wacht über Sein Wort. Er wird die Ergebnisse jedes noch so kleinen Dienstes für Ihn so führen, wie es nach Seiner Weisheit gut ist. Durch den Propheten Jesaja lässt Gott sagen: „So wird mein Wort sein, das aus meinem Mund hervorgeht: Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, sondern es wird ausrichten, was mir gefällt, und durchführen, wozu ich es gesandt habe“ (Jes 55,11). Die Korinther bestärkt Paulus in dem Wissen, „dass ihre Mühe nicht vergeblich sein würde im Herrn“ (1. Kor 15,57). Genau das ist auch unsere Perspektive. Spätestens am Richterstuhl des Christus werden wir die Ergebnisse jedes Dienstes für Ihn sehen. Wir haben – wie Paulus – einen guten Herrn. Er gibt nicht einfach Aufträge, die wir ausführen sollen. Nein, Er verbindet mit der Aufforderung eine Ermunterung, eine Zusicherung und eine Perspektive. Das spornt uns an, uns ihm da zur Verfügung zu stellen, wo Er uns gebrauchen will – auch wenn es vielleicht ein schwieriges Umfeld ist.