Im nächsten Abschnitt finden wir Straftaten (mit den entsprechenden Folgen), die an Personen verübt werden.

Und wenn Männer streiten, und einer schlägt den anderen mit einem Stein oder mit der Faust, und er stirbt nicht, sondern wird bettlägerig. – Wenn er aufsteht und draußen an seinem Stab umhergeht, so soll der Schläger schuldlos sein; nur soll er sein Versäumnis erstatten und ihn völlig heilen lassen. Und wenn jemand seinen Knecht oder seine Magd mit dem Stock schlägt, dass er unter seiner Hand stirbt, so soll er gewiss gerächt werden; nur wenn er einen Tag oder zwei Tage am Leben bleibt, soll er nicht gerächt werden, denn er ist sein Geld. Und wenn Männer sich zanken und stoßen eine schwangere Frau so, dass sie gebiert, und es geschieht kein Schaden, so soll er gewiss mit Geld gestraft werden, je nachdem der Ehemann der Frau ihm auferlegen wird, und er soll es geben durch die Schiedsrichter. Wenn aber Schaden geschieht, so sollst du geben Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brandmahl um Brandmal, Wunde um Wunde, Strieme um Strieme. Und wenn jemand in das Auge seines Knechtes oder in das Auge seiner Magd schlägt und es zerstört, so soll er ihn frei entlassen für sein Auge. Und wenn er den Zahn seines Knechtes oder den Zahn seiner Magd ausschlägt, so soll er ihn frei entlassen für seinen Zahn. (2. Mo 21,18–27)

Ich möchte hier nur auf zwei Dinge aufmerksam machen und die Einzelheiten dem Leser überlassen. Das Erste ist, dass Gott in all diesen Anordnungen seine Güte darin zeigt, dass er die Körper derer schützt, die zu seinem Volk gehören – besonders derer, die eine untergeordnete Stellung einnehmen. Das Zweite ist, dass wir hier den wahren Charakter des Gesetzes finden. Gnade finden wir nicht. Es heißt: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Unser Herr zitiert genau diese Stelle, um den Gegensatz zur Gnade deutlich zu machen. Er sagt: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch: Widersteht nicht dem Bösen, sondern wer dich auf deine rechte Wange schlägt, dem halte auch die andere hin“ (Mt 5,38.39). Auf dem Grundsatz des Gesetzes musste ein genaues Gegenstück gefunden werden – nicht mehr und nicht weniger. Die Gnade kann dagegen ihren Anspruch fallen lassen. So wie die Gnade uns unsere ganze Schuld erließ, so müssen wir jetzt auf demselben Grundsatz in unseren gegenseitigen Beziehungen einander begegnen. Dabei dürfen wir nie vergessen, dass das Fundament der Gnade selbst durch Gerechtigkeit gelegt worden ist und jetzt „durch Gerechtigkeit herrscht“ (Röm 5,21), indem sie auf dieser ewigen und unveränderlichen Basis ruht.

Weiter wird dann die Verantwortlichkeit des Besitzers eines Ochsen niedergelegt:

Und wenn ein Ochse einen Mann oder eine Frau stößt, dass sie sterben, so soll der Ochse gewiss gesteinigt und sein Fleisch soll nicht gegessen werden; aber der Besitzer des Ochsen soll schuldlos sein. Wenn aber der Ochse vorher stößig war, und sein Besitzer ist gewarnt worden, und er hat ihn nicht verwahrt, und er tötet einen Mann oder eine Frau, so soll der Ochse gesteinigt, und auch sein Besitzer soll getötet werden. Wenn ihm eine Sühne auferlegt wird, so soll er das Lösegeld seines Lebens geben nach allem, was ihm auferlegt wird. Mag er einen Sohn stoßen oder eine Tochter stoßen, so soll ihm nach diesem Recht getan werden. Wenn der Ochse einen Knecht stößt oder eine Magd, so soll sein Besitzer ihrem Herrn 30 Sekel Silber geben, und der Ochse soll gesteinigt werden.

Und wenn jemand eine Grube öffnet oder wenn jemand eine Grube gräbt und sie nicht zudeckt, und es fällt ein Ochse oder ein Esel hinein, so soll es der Besitzer der Grube erstatten: Geld soll er dessen Besitzer zahlen, und das tote Tier soll ihm gehören. Und wenn jemandes Ochse den Ochsen seines Nächsen stößt, dass er stirbt, so sollen sie den lebenden Ochsen verkaufen und den Erlös teilen, und auch den toten sollen sie teilen. Ist es aber bekannt gewesen, dass der Ochse vorher stößig war, und sein Besitzer hat ihn nicht verwahrt, so soll er gewiss Ochsen für Ochsen erstatten, und der tote soll ihm gehören (2. Mo 21,28–36).

Es reicht auch hier, zu sagen, dass dieselben Grundsätze wie oben gelten, dass also gleichwertiger Ersatz verschafft werden musste. Selbst der Tod des Besitzers, ebenso wie der des Ochsen, wird gefordert, wenn es eine schuldhafte Unkenntnis der Neigung des Tieres gab und er keine Vorsorge unternommen hatte (2. Mo 21,29). Wie lebendig ruft uns das die Wahrheit ins Gedächtnis, die unser Herr lehrte, dass selbst die Haare unseres Hauptes alle gezählt sind. Für alles wird gesorgt, für jede Beziehung, mit ihren verschiedenen Ausprägungen – alles wird in Harmonie mit der gerechten Regierung gebracht, unter die Israel jetzt gestellt wird. Eine Besonderheit soll nicht unerwähnt bleiben. Der Preis für den Knecht bzw. die Magd war auf 30 Sekel Silber festgesetzt. Darauf bezieht sich der Prophet Sacharja, wenn er sagt: „Wenn es gut ist in euren Augen, so gebt mir meinen Lohn, wenn aber nicht, so lasst es; und sie wogen mir meinen Lohn ab: 30 Sekel Silber“ (Sach 11,12). Darin sehen wir Christus, der für 30 Silberstücke verraten wurde (Mt 26,15). Derart war die Wertschätzung des Menschen in Bezug auf Gott, offenbart im Fleisch, dem Eingebornen des Vaters!

[Übersetzt von Stephan Keune aus einer hervorragenden Auslegung über das zweite Buch Mose von Edward Dennett: Typical Teachings of Exodus. Diese Auslegung ist beim CSV in Hückeswagen erhältlich, http://www.csv-verlag.de/]