Nahum kündigt Gericht über Ninive an. Diese gottlose Stadt würde eingenommen und zerstört werden. Etwa 150 Jahre vorher war sie vor dem Gericht Gottes verschont worden, weil sie auf die Predigt Jonas hin Buße getan hatte. Doch der Gesinnungswandel war nicht von Dauer. Nun stand ihr Untergang bevor.

Der Bote:

Der Prophet Nahum stammte aus Elkosch. Die Lage dieser Stadt kennt man heute nicht mehr; manche sprechen von einer galiläischen Stadt, andere von einer judäischen. Wann Nahum prophezeite, lässt sich zeitlich eingrenzen: Es muss einerseits nach der Eroberung No-Amons (Theben) durch die Assyrer (663 v. Chr.) gewesen sein, denn dieses Ereignis wird in Nahum 3,8–10 als historische Tatsache erwähnt, und andererseits vor der Zerstörung Ninives durch die Meder und Babylonier (612 v. Chr.), denn die kündigt der Prophet ja an. Nahum benutzt eine beeindruckende und kraftvolle Sprache.

Die Botschaft:

Die Juden fürchteten sich vor den Assyrern, die militärisch sehr erfolgreich und weit mächtiger als sie selbst waren. Nahum macht jedoch klar, dass der Untergang Ninives – der Hauptstadt des assyrischen Reiches – eine von Gott beschlossene Sache war. Nahum spricht fast ausschließlich über den Fall Ninives. In Kapitel 1 wird das Gericht über Ninive angekündigt, in Kapitel 2 die Ausführung gezeigt und in Kapitel 3 die Ursache dafür vorgestellt.

Interessant ist der Vergleich mit dem Propheten Jona. Jona betont die Güte Gottes (Jona 4,2b) und schließt dementsprechend sein Buch mit dem Bericht der Barmherzigkeit Gottes gegenüber Ninive (Jona 4,11). Nahum hingegen erwähnt, dass Gott den Schuldigen keineswegs für schuldlos hält (Nah 1,3) und beendet seine Prophezeiung mit einem Hinweis auf das Gericht Ninives (Nah 3,19). Man erkennt daran, dass Gott es nicht zulässt, dass seine Gnade missbraucht wird. Da die Stadt Ninive zu ihren Sünden zurückkehrte, muss sie auch das Gericht erleben.

Streiflicht aus der Prophezeiung Nahums:

„Und es wird geschehen, jeder, der dich sieht, wird von dir fliehen und sprechen: Ninive ist verwüstet! Wer wird ihr Beileid bezeugen? Woher soll ich dir Tröster suchen? ... Auch du wirst eine Zuflucht suchen vor dem Feind.“ Nahum 3,7.11

Werfen wir zunächst einen kurzen Blick auf die Entwicklung des assyrischen Reiches und seiner Hauptstadt Ninive:

  • Um 800 v. Chr.: Jona predigt Buße in Ninive.
  • 734 v. Chr.: Unter Tiglath-Pileser führen die Assyrer Ruben, Gad und den halben Stamm Manasse in die Gefangenschaft.
  • 722 v. Chr.: Unter Salmanassar und Sargon wird das ganze Nordreich verschleppt.
  • 701 v. Chr.: Sanherib greift Juda an, muss aber unverrichteter Dinge wieder abziehen.
  • 663 v. Chr.: Assurpanibal schlägt einen ägyptischen Aufstand nieder und zerstört die ägyptische Stadt No-Amon.
  • 627 v. Chr.: Assurpanibal stirbt. Die Macht des assyrischen Reiches zerfällt rasch.
  • 612 v. Chr.: Ninive wird von dem Babylonier Nabopolassar und dem Meder Kyaxes erobert und zerstört.

Im Jahr 614 v. Chr. wurde Ninive von den Babyloniern und den Medern angegriffen. Es folgte eine zweijährige Belagerung (vgl. 3,14). Zunächst hielt Ninive dem Druck stand. Dazu trugen sicherlich der Tigris und seine Nebenflüsse bei, die um die Stadt bzw. durch die Stadt flossen: Sie bildeten ein natürliches Hindernis für feindliche Truppen und brachten reichlich Trinkwasser in die eingeschlossene Stadt. Doch dass Flüsse keinen zuverlässigen Schutz bieten, hatten die Assyrer selbst einige Jahre vorher bewiesen, indem sie die „Flussstadt“ No-Amon eroberten (3,8 ff.). Bei der Stadt Ninive, die wie ein Wasserteich war (2,9), wurden die Flüsse sogar zum Verhängnis: Das Jahr 612 v. Chr. brachte ein verheerendes Hochwasser (vgl. 1,7). Die Wassermassen unterspülten die Festungsanlagen (vgl. 3,12) und drangen durch die vom Feind geöffneten Schleusen in die Stadt hinein – bis hin zum königlichen Palast (vgl. 3,7). Schließlich gelang es den feindlichen Truppen in diese große, reiche und räuberische „Blutstadt“ (1,12; 2,10; 3,1) einzudringen und dort ein Massaker anzurichten (3,3). Ninive wurde in Brand gesteckt (3,13.15) und so vollständig verwüstet, dass diese stolze Stadt zu einem Lagerplatz für wilde Tiere wurde (Zeph 2,13–15).

In diesen Tagen der Not gab es für die ungläubigen Niniviten keinen Trost (3,7). Sie mussten vor dem Feind Zuflucht suchen (3,11) – konnten aber keine wirkliche Zuflucht finden. Für Gottes Volk war und ist das ganz anders. Nahum heißt „Tröster“, und er tröstet das Volk, indem er Gott als seine Zuflucht vorstellt: „Der Herr ist gütig, er ist eine Feste am Tag der Drangsal; und er kennt die, die zu ihm Zuflucht nehmen“ (1,7).

Gerade in Krisensituationen wird der Unterschied zwischen dem Gläubigen und dem Ungläubigen besonders deutlich. Der Ungläubige versinkt trost- und haltlos in seinem Elend: „Die Augen der Gottlosen werden verschmachten; und jede Zuflucht ist ihnen verloren, und ihre Hoffnung ist das Aushauchen der Seele“ (Hiob 11,20). Der Gläubige aber wird in der Bedrängnis durch Gott getröstet und hat in Ihm eine uneinnehmbare Feste und seinen Zufluchtsort. „Ich sage von dem Herrn: Meine Zuflucht und meine Burg; mein Gott; auf ihn will ich vertrauen“ (Ps 91,2).

Wir Kinder Gottes haben eine Zuflucht. Aber nutzen wir sie auch? Gehen wir in unserer Not zu Gott? Wenn wir uns durch diesen Vers motivieren lassen, uns mehr in Ihm zu bergen, haben wir eine wichtige Lektion gelernt. Dann hätte uns dieser „unbekannte“ kleine Prophet einen hilfreichen Impuls für unser Glaubensleben geliefert.