Die soeben betrachtete, bewegende Aufforderung brachte eine sofortige Wirkung hervor. Josua übermittelte deren Geist und Autorität an die Vorsteher Israels, die ihrerseits dem Volk geboten, bereit zu sein. Und so erhob sich das ganze Lager von einem Ende bis zum anderen.

Wenn Christus durch den Geist die Herzen Seines Volkes anrührt, tut Er das durch die von Ihm bestimmten Führer. Josua übermittelte die göttliche Aufforderung an die Vorsteher und so gelangte die Autorität des göttlichen Gebots bis zum Fußvolk der Armee des Herrn. So benutzte Gott durch Seinen Geist auch Führer, als Er das Christentum auf der Erde einführte, als Er durch Gnade die große Wahrheit der Rechtfertigung aus Glauben in der Reformation wieder ans Licht brachte, und als Er in den Tagen Whitfields und Wesleys in den Herzen der Gläubigen wieder eine brennende Liebe zu Verlorenen erweckte. Zuerst werden die Aufseher Seines Volkes von der Wahrheit ergriffen, dann durch sie das Volk. Christus macht durch den Heiligen Geist in den Herzen von Menschen Seiner Wahl die Wahrheiten der Schrift lebendig, die Er in der Versammlung als Ganzes wiederbeleben möchte. In der Szene, die jetzt vor uns steht, läuft das Wort Gottes durch die auserwählten Kanäle, bis das ganze Lager voll der Energie des Wortes ist, die zuerst im Herzen Josuas bewirkt worden war.

Der christliche Kämpfer, in dessen Herz die Wahrheit neue Energie in Leben und Wandel bewirkt, wird in geringerem oder größerem Maß ein „Offizier“ (Vorsteher) in der Armee des Herrn. Je nachdem wie ungehindert der Geist in ihm wirken kann, ist er ein Oberster über hundert oder über tausend, der durch die in ihm wirkende Kraft Christi andere Christen in den Wegen des Herrn anführen kann. Wir sollten uns daran erinnern, dass wir andere nur in dem Maß in den Dingen Gottes anleiten können, wie wir selbst durch das Wort Gottes geleitet werden. Wahrer, Gott gemäßer Einfluss ist das Ergebnis der Gemeinschaft mit Christus. Manch einer, der einst ein „Offizier“ im „Heer“ Gottes war, ist aus der Abhängigkeit von Christus gefallen und ist so zu einem falschen Führer des Volkes Gottes geworden. Und je größer der Einfluss zum Guten einst gewesen ist, desto größer wird der Einfluss zum Bösen sein. Das werden wir bald am Beispiel Achans und am Beispiel der Fürsten sehen, die von den Gibeonitern betrogen wurden.

Trotz der Bewegung, die das Gebot des Herrn in dem Lager hervorgerufen hatte, musste das Volk zunächst Zehrung bereiten und noch eine gewisse Zeit abwarten, bevor sie den Jordan überquerten. „Und Josua gebot den Vorstehern des Volkes und sprach: Geht mitten durch das Lager und gebietet dem Volk und sprecht: Bereitet euch Wegzehrung; denn in noch drei Tagen werdet ihr über diesen Jordan ziehen, um hinzukommen, das Land in Besitz zu nehmen, das der Herr, euer Gott, euch gibt, es zu besitzen“ (Jos 1,10–11). Es geziemte sich und war richtig, dass infolge des Wortes Gottes, das in Lager gebracht worden war, ein Prozess im Lager beginnen sollte.

Es war nötig, vorbereitet zu sein. Das war auch der Grundgedanke vieler Abschiedsworte Moses, die uns am Ende des vierten und fünften Buches Mose berichtet werden. Er hatte das tiefe Verlangen in seinem Herzen, dass das Volk das Land Kanaan in dem rechten Zustand betrachten, betreten und einnehmen möge, in dem Geist der Absonderung zu Gott und in Abhängigkeit von Gott – während Seine Gnade ihnen gegenüber ihre Herzen erfüllen sollte. Solche praktischen Lektionen können wir uns auch in unserem Inneren nicht ernst genug einprägen.

Auch in dem christlichen Kämpfer, der die Worte des Herrn hört, ist Bereitschaft nötig. Wir müssen lernen, dass menschliche Energie weder Todesflüsse überqueren noch Festungsmauern dieser Welt niederreißen kann, und wenn wir aufbrechen wollen, um dem Herrn zu folgen, muss es in der ihm eigenen Weise geschehen. Bewegung ist nicht unbedingt Glaube. In rein menschlich angeeigneter Kenntnis der Wahrheit Gottes voranzugehen, ist nicht durch den Geist geleitet werden. Gott möchte bei seinem Volk nicht das Handeln auf der Basis der Begeisterung einer neu erworbenen Erkenntnis sehen, was auch wohl vermieden würde, wenn es gleichsam noch ein dreitägiges Verweilen gäbe, um die neu erworbene Wahrheit zunächst zu verdauen und sie durch die Kraft des Geistes Gottes zu einem völligen Besitz des neuen Menschen zu machen, anstatt in der ersten Begeisterung vorzupreschen.

Die vorliegende Stelle zeigt, dass das Lager vor dem Durchzug durch den Jordan in einen wohl organisierten Zustand versetzt werden musste, denn die Situation war nicht dieselbe wie damals als sie in Eile aus Ägypten auszogen. So muss die Seele des christlichen Kämpfers Gott unterworfen sein, bereit für die Befehle des Herrn, fest und ruhig, durch die Gnade zubereitet. Die Wahrheit Gottes muss eine Teil von uns werden, oder unserer Schwachheit wird sich am Tag des Kampfes offenbaren. Aber die tief ins Herz gesunkene Erkenntnis des Wortes Gottes wird die Seele aufrecht halten, wenn ihre Unterstützung am nötigsten ist. Bloße Erkenntnis nützt im Angesicht des Feindes nichts. Eine Wahrheit Gottes, die rein intelligenzmäßig von einem anderen übernommen wurde, ohne im eigenen Herzen erfahren worden zu sein, ist Erkenntnis ohne Kraft. Erkenntnis ist nur insoweit Kraft für den Christen, wie er vom Geist erfüllt ist.

Es muss nicht unbedingt eine bestimmte Zeit verstreichen, um eine notwendige Übung in der Seele zu bewirken, denn Gott kann die gleichen Ergebnisse in unterschiedlichen Perioden in den Seelen der Seinen bewirken, aber es ist Zeit nötig, um praktisch und erfahrungsmäßig mit der Wahrheit Gottes vertraut zu werden.

Die drei Tage sollen die Gedanken anscheinend zu dem Auszug Israels aus Ägypten zurücklenken. Soweit wir wissen, vergingen drei Tage zwischen der Nacht, in der sie das Land der Knechtschaft verließen und ihrer völligen Errettung am Roten Meer. „Drei Tage” reden zu uns von derselben Zeitspanne zwischen dem Kreuz und dem leeren Grab unseres Herrn Jesus Christus. Isael hatte aufgrund des Todes des Passahlammes dem Land Ägypten Lebewohl gesagt und wurde durch die Durchquerung des Roten Meeres endgültig in Sicherheit gebracht. An jenen Ufern war das Lied erklungen: „Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst hast, hast es durch deine Stärke geführt zu deiner heiligen Wohnung” (2. Mo 15,13). Ihr Platz in der heiligen Wohnung Gottes war der Gegenstand ihres Liedes, und das entsprach tatsächlich dem Ratschluss Gottes für sie.

Damals gingen sie mit überaus großer Freude und Triumph in die Gedanken Gottes ein und sangen: „Alle Bewohner Kanaans verzagten” (2. Mo 15,15). Doch dann war die Wüste mit ihren 40 langen und unerwarteten Jahren der Prüfung dazwischen gekommen und jetzt waren diese Jahre vorbei und erneut war Kanaan, ihr Besitztum, der einzige Gedanke des Lagers, und die dreitägige Pause wurde von Gott angeordnet.

Sie verließen Sittim, den letzten Schauplatz ihrer Wüstenreise, den Platz blühender Akazien – aus deren Holz die Bretter der Stiftshütte und die Bundeslade gemacht waren – Sittim, mit seinen Erinnerungen an die Wüste und an die Sünde mit Moab. „Da machte sich Josua frühmorgens auf, und sie brachen auf von Sittim und kamen an den Jordan, er und alle Kinder Israel; und sie übernachteten dort, ehe sie hinüberzogen” (Jos 3,1).

Lasst uns auch eine Weile an den Ufern unseres Jordan „übernachten”. Seine Wasser sind sowohl breit als auch tief, sie fließen schnell. Wer wird sie überbrücken? Welche Fähre wird sie überqueren? Göttliche Macht und sie allein kann uns in das leuchtende Kanaan jenseits des Flusses bringen. Unsere Besitztümer sind in Christus im Himmel, und der Himmel kann von Menschen nur durch den Tod Christi erreicht werden. Für den Menschen bedeutet der Tod ins sich selbst Zerstörung: der reißende Fluss würde ihn für immer wegfegen. Lasst uns in die Wasser schauen und darüber nachsinnen, denn dadurch wird uns Christus in seinem Tod für uns größer und die Gnade Gottes an uns, die uns mit Christus in seinem Tod einsgemacht hat, überragender in ihrer Herrlichkeit. Das Bewusstsein unseres Gestorbenseins mit Christus ist der erste Schritt in Richtung der hauptsächlichen Anforderungen an einen christlichen Kämpfer.