„Der Herr ... ist mir zur Rettung geworden. ... Du wirst sie bringen und pflanzen auf dem Berg deines Erbteils“ (2. Mo 15,2+17).

Bevor wir zu den Themen zurückkommen, die uns im Buch Josua vorgestellt werden, müssen wir unseren Exkurs in einem anderen Kapitel fortsetzen. Obwohl Israel durch ihre blutbestrichenen Türen hindurch das Land der Knechtschaft verlassen hatte und dadurch vom Gericht frei war, war es doch keineswegs schon in Kanaan – ja, sie waren weder außerhalb der Reichweite Pharaos, noch von seiner Macht befreit.

In der Befreiung seines Volkes zeigte der Herr ihnen seine Stärke in einer besonderen Weise. Alle seine Wunder, die sie im Land Ägypten gesehen hatten, hatten sie nicht gelehrt zu singen: „der Herr ist meine Stärke.“ Um dieses Lied zu singen, musste die Rettung des Herrn im Herzen gekannt sein. Doch bevor der Herr Israel seine Stärke zeigte, machte er ihnen ihre eigene Schwachheit offenbar. Keiner kennt wirklich die Macht der Rettung Gottes bevor er sich selbst als kraftlos kennen gelernt hat, und Gott lehrt die Gläubigen diese notwendige Lektion auf seine Weise. Natürlich hat jeder Gläubige Gott als seine Rettung, und doch hat vielleicht nicht jeder das Bewusstsein dieser wunderbaren Tatsache in seinem Herzen.

Gott lehrte Israel folgendermaßen: er sagte zu Mose: „Sprich zu den Kindern Israel, dass sie umkehren und sich lagern vor Pi-Hachiroth, zwischen Migdol und dem Meer; vor Baal-Zephon, ihm gegenüber, sollt ihr euch am Meer lagern“ (2. Mo 14,2). Dadurch waren sie in einem Tal eingeschlossen, vor ihnen das Meer, hinter ihnen der Feind. Der Herr hatte sie in diese Notsituation geführt, um sein Volk die nie zu vergessende Lektion seiner Rettung zu lehren, die sie nie wirklich lernen konnten, wenn sie nicht anerkannten, dass sie in sich selbst keine Kraft hatten.

Israel war eingeschlossen, und als sie den Staub der heranrollenden Armee des Feindes sahen, schrien sie vor Verzweiflung. In ihren Augen war ihre Situation ausweglos und bedeutete den Tod. Das Rote Meer lag wie ein offenes Grab vor ihnen; Pharao und sein Heer kamen immer näher, um sie in die Vernichtung zu treiben. Ihre Hilflosigkeit wurde zu einer Gelegenheit, in der sie die Majestät des Gottes ihrer Rettung kennen lernten. In dieser Not lautete die bohrende Frage: „Was konnte oder würde der Herr für Sie tun?“ Und so ist es auch bei uns; über Gott etwas zu lesen und ihn im Herzen zu erfahren, sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.

Wir hören ihren Schrei: „Hast du uns darum, weil in Ägypten“ – in dem Land, das für seine Gräber bekannt ist – „keine Gräber waren, weggeholt, damit wir in der Wüste sterben?“ (2. Mo 14,11). In ihrer Angst ist Israel ein lebendiges Bild von einer Seele, die zwar durch das kostbare Blut des Lammes Gottes gerettet ist, die jedoch plötzlich durch den Anblick der Macht Satans zur Verzweiflung gebracht wird, und die dadurch die äußerste Hilflosigkeit des Menschen in der großen Frage der Rettung kennenlernt. Doch Gott belehrt den ängstlichen Gläubigen, ihm zu vertrauen, wie er es auch bei Israel tat; er wird ihn diese herrlichen Lektion lehren, ja: „Der Herr wird für euch kämpfen, und ihr werdet still sein.“

Israel hatte nicht im Traum daran gedacht dem Pharao zu begegnen oder gegen ihn zu kämpfen, obwohl sie „nach ihren Heeren“ aus dem Land Ägypten ausgezogen waren. Den ersten großen Grundsatz der Kraft erkennen wir, wenn wir wissen das der Herr in unserer Hilflosigkeit für sein Volk kämpft. In Kanaan war Israel tatsächlich die Armee des Herrn, doch auf der ägyptischen Seite des Roten Meeres lehrte Gott sie, dass sie nicht durch das Schwert des Obersten des Heeres des Herrn befreit sind, sondern durch den ausgestreckten Stab Moses. Durch den Stab des Gerichts hat Gott in seiner Souveränität einen Weg durch den Tod für sie bereitet. Kein Gläubiger sollte enttäuscht sein, weil er sich nicht sofort als ein Kämpfer Christi empfindet. Lasst uns lieber Sorge tragen, in den Dingen Gottes Tag für Tag voranzugehen, denn auf diese Weise macht er uns zu guten Kämpfern für seinen Sohn, der auferstanden ist.

Aus der Sklaverei befreit, stand Israel im Begriff, durch etwas hindurchzugehen, was nach menschlichem Ermessen wie das Grab selbst erschien, damit sie die Kraft und die Rettung Gottes wirklich erkennen möchten. Der Weg des Herrn für sie, weg vom Feind, war das Meer. In der Weltgeschichte hat es noch nie einen so wunderbaren Marsch gegeben wie hier! Es war ein nie da gewesenenes Wunder, dass Menschen mitten in die Wellen marschieren sollten, und dann „mitten in das Meer hinein gehen würden auf dem Trockenen.“ Und als die Feuersäule hinter ihnen stand und ihren Schein rechts und links auf die Mauern des schützenden Wassers warf, und als sich vor der herannahenden Menge der Weg bahnte, da wurde die herrliche Macht des Herrn für das ganze Volk sichtbar. Die gespaltenen Wasser, der Weg des Herrn für sein erlöstes Volk, wurde in dem Feuerschein der Herrlichkeit seiner Feuersäule gesehen. Dieses Licht war seine Standarte, die er zu Gunsten seines Heeres hochhielt. Was für ein bemerkenswerter, anbetungswürdiger Anblick! Es spricht für uns von dem Weg durch den Tod, den Christus für uns gebahnt hat. Dieser leuchtende Weg, gespalten durch den Arm des Herrn, geradewegs durch das Grab des Wassers, erhellt durch sein Licht, war der einzige Weg für sein Volk aus der Hand des Feindes zu entkommen. Und so bewirkte der Herr, dessen Absicht es war, sein Volk keinen Krieg sehen zu lassen (2. Mo 13,17), dass sein Volk die Stärke seiner Rechten sehen sollte, und durch diesen wunderbaren Anblick dazu gedrängt werden sollte, zu singen: „Singen will ich dem Herrn, denn hoch erhaben ist er.“

„Und die Kinder Israel gingen auf dem Trockenen mitten durchs Meer, und die Wasser waren ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken. So rettete der Herr Israel.“ Der Gläubige ist gerettet gemäß der vollkommenen Errettung Gottes, der „Jesus, unseren Herrn, aus den Toten auferweckt hat, der unserer Übertretungen wegen hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist“ (Röm 4,24–25). So hat Gott uns errettet. Christi Blut ist die Antwort auf unsere Übertretungen, und er selbst, auferweckt aus den Toten, ist das Zeugnis, dass unsere Sünden gesühnt sind. Der auferstandene Christus hat durch seine Auferstehung für sein Volk den Weg durch den Tod bereitet. Gott hat für uns das Werk getan; wir sind in Christus lebendig gemacht.

Gott hat seinen Christus auferweckt aus den Toten, und hat sein Volk durch sein Werk in vollkommene Sicherheit gesetzt, auf der gegenüberliegenden Seite des Todes. Israel konnte bildlich gesprochen sagen: „Pharaos Heer ist gestorben, und indem wir auf dem Weg des Herrn durch den Tod gegangen sind, sind wir lebendig gemacht.“ Sie sind aus dem Tod in das Leben übergegangen. Sie sind sozusagen im Meer begraben worden. Und wenn wir auf das Werk Gottes für uns zurückblicken, erkennen wir, dass wir mit Christus begraben sind. Nicht nur ist Christus als unser Passah geschlachtet worden, er ist nicht nur unser Stellvertreter geworden, sondern wir sind mit ihm gestorben, „Gott aber lebend in Christus Jesus“ (Röm 6,11) – unserem auferstandenen Retter.

Christus ist für unsere Sünden gestorben, „aber wenn Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube nichtig; ihr seid noch in euren Sünden“ (1. Kor 15,17). Denn dann wäre die Last unserer Sünden immer noch auf ihm, und in einem toten Retter kann es keine Rettung geben. Doch nun ist Christus aus den Toten auferstanden. Der Herr hat gesiegt, die Macht des Feindes ist überwunden. „Deine Rechte, Herr, ist herrlich in Macht.“

Es gibt nur einen Weg, auf dem wir praktisch in den Segen dieser Gnade, in der wir stehen, eingehen können, dieser Gnade der völligen Errettung und Erlösung, und das ist der Weg des Glaubens – Glauben an Gott, der Jesus unseren Herrn aus den Toten auferweckt hat. Gottes Weg für unsere Füße ist das Betreten des Weges im Glauben, von dem er gesagt hat, dass es der Weg ist, den er für uns gemacht hat. Und er führt manche dahin, diesen Weg durch Glauben zu gehen. Es gab nur einen Weg durch das Rote Meer, und das war der Weg des Gehorsams dem Wort des Herrn gegenüber: „Rede zu den Kindern Israel, dass sie aufbrechen.“ Der Schritt des Glaubens musste getan werden, und als der Befehl zum Aufbruch kam, da zeigte sich auch der Weg, den Gott gemacht hatte: „Erhebe deinen Stab und strecke deine Hand aus über das Meer und spalte es.“ Gott hat zu uns gesprochen; er hat gesagt: „Christus, aus den Toten auferweckt stirbt nicht mehr“, und: „Ewiges Leben [ist] in Christus Jesus, unserem Herrn“ das ist eine göttlich festgelegte Tatsache. Glauben wir Gott? Jeder Gläubige steht in der Gnade dieser Freiheit, und die Gnade ist die Gnade Gottes. Mögen wir unserem Gott glauben!

Die Freude über die Rettung des Herrn erfüllte Israel, als sie wussten dass sie errettet sind – sie konnte sie vorher nicht erfüllen. Und wenn wir durch Gnade Gott glauben, können wir nicht anders als uns in seiner Rettung und in ihm unserem Heiland-Gott zu erfreuen. So wie wir durch den Geist diese Gunst betrachten, in der wir stehen, so sind wir auch im Geist fest auf der gegenüberliegenden Seite des Todes gegründet, so wie Israel am anderen Ufer des Roten Meeres. Wir werden wie sie zu einem lobsingenden Volk und freuen uns auf die Zukunft – wir „rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes“ (Röm 5,2). Als Israel die andere Seite des Meeres erreicht hatte, betrachteten sie die Wüste, die vor ihnen lag, als bereits durchquert. Sie besangen ihre Siege, bevor sie gekämpft hatten. Voller Freude über die Rettung Gottes sahen sie sich in seiner Stärke bereits am Ende ihres Weges und riefen: „Du hast in deiner Güte geleitet das Volk, dass du erlöst hast, hast es durch deine Stärke geführt zu deiner heiligen Wohnung“ (2. Mo 15,13), während Mirjam und die Frauen mit Tamburin und Reigen antworteten. Es war der große Chorus eines erlösten Volkes, das sich an der Rettung des Herrn erfreut.

Herrlicher Lobgesang! Alles dreht sich um den Herrn, seine Barmherzigkeit, seine Stärke, seine Wohnung. Und dieses Lied wird im Geist auch von dem heutigen Volk Gottes auf der Erde gesungen, wenn seine Barmherzigkeit, seine erlösende Liebe, und seine Macht die Herzen erfüllt. Möge es kühner und offenherziger gesungen werden, nicht nur von einzelnen Christen hier und da, sondern in vollem Chor von allen Erlösten. Steht nicht geschrieben: „Jubelt, alle ihr von Herzen Aufrichtigen!“ (Ps 32,11)?

Die ersten Verse von Römer 5 sind unser Rettungslied. Der Gläubige steht in der göttlich sicheren Gunst und hat durch Christus, der gestorben und auferstanden ist, Zugang zu der Gnade und rühmt sich nicht nur in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes, sondern betrachtet auch diese Lebenszeit, ihre Schwierigkeiten und ihre Prüfungen, blickt auf die Wüste, die er durchqueren muss, und kann doch triumphierend singen: „Wir rühmen uns auch der Trübsale, da wir wissen, dass die Trübsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; die Hoffnung aber beschämt nicht, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.“