Die Kolosser standen in der Gefahr, das Haupt nicht festzuhalten (Kap 2,19), und dafür gab es eine zweifache Ursache. Erstens standen sie in Gefahr, als Beute weggeführt zu werden durch die Philosophie, die heidnischen philosophischen Strömungen, und zweitens durch die Überlieferungen der Menschen, d.h. durch die Einflüsse der jüdischen Gesetzeslehrer (Kap 2,8). Und um diesen Gefahren zu begegnen, stellt der Heilige Geist die Wahrheit dagegen, und zwar die Wahrheit, wie sie in dem Jesus ist. Es ist das Bemühen des Heiligen Geistes in diesem Brief, den Kolossern die Herrlichkeit des Hauptes vorzustellen, die Schönheiten der Person des Herrn Jesus. Da wir heute denselben Gefahren ausgesetzt sind, haben wir auch dieselben Hilfsmittel. Auch für uns ist die Person des Herrn Jesus von allerhöchster Bedeutung. Auch wir müssen immer wieder neu beeindruckt werden von der Herrlichkeit dieser Person!

In den vorhergehenden Versen werden uns verschiedene Herrlichkeiten dieser wunderbaren Person vorgestellt: Er ist der Herr (Vers 10), der Sohn Seiner Liebe (Vers 13; vgl. Joh 17,24), der Erlöser (Vers 14), das Bild des unsichtbaren Gottes, also die vollkommene Darstellung von dem, was Gott ist (Vers 15; vgl. Heb 1,3), der Erstgeborene aller Schöpfung, wobei das hier keine zeitliche Reihenfolge meint, sondern eine Rangordnung, Er ist eben der Höchste (Vers 15), Er ist der Ursprung und das Ziel der Schöpfung (Vers 16).

Von Vers 15 bis Vers 25 finden wir zwei Linien, und zwar die Linie der ersten Schöpfung und die Linie der neuen Schöpfung, der Versammlung. In diesen beiden Bereichen gibt es drei parallele Punkte:

  • der Herr ist der Erstgeborene (das Haupt) der ersten Schöpfung, und Er ist auch das Haupt der neuen Schöpfung

  • in beiden Linien bewirkt der Herr Versöhnung; Er ist die Grundlage dafür, dass alle Dinge der ersten Schöpfung mit Gott versöhnt werden, und uns, die wir zu der neuen Schöpfung gehören, hat Er schon versöhnt

  • der Apostel Paulus ist das Werkzeug im Dienst bezüglich der ersten Schöpfung, indem er das Evangelium predigt der ganzen Schöpfung (Vers 23), und er ist auch der Diener der neuen Schöpfung, der Diener für die Versammlung (Vers 24)

Denn durch ihn sind alle Dinge geschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: Alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen“ (Vers 16).

Durch Ihn sind alle Dinge geschaffen worden ist im Griechischen die Aorist-Form, was den historischen oder geschichtlichen Gesichtspunkt betont, es führt direkt zu der Schöpfungshandlung in 1. Mo 1,1 (Vers 16a). Aber in Vers 16b, durch Ihn sind alle Dinge geschaffen, steht die Perfekt-Form, das bedeutet das Resultat der Schöpfung des Herrn Jesus; Er hat sie erschaffen, und sie sind jetzt in dem Zustand, wie Er sie gemacht hat. Allein dieser Satz fegt jeden Gedanken an Entwicklung in der Schöpfung beiseite! Und damit ist auch der Gedanke verbunden, dass es außerhalb der Schöpfung nichts gibt. Die Wissenschaft bemüht sich ständig, irgendetwas aufzuzeigen, was außer dem, was uns in der Schöpfung beschrieben wird, auch noch existiert. Aber es ist das Ganze, es gibt gar nichts anders, was existiert, als was durch Ihn ist. Im Griechischen steht viermal bei dem Wort alle [Dinge] der Artikel, d.h. das Alles, das Ganze, es ist das Universum in seiner ganzen Weite (Vers 16a und 16b, 17 und 20).

Alles, was hier von dem Herrn Jesus gesagt wird, wird von Ihm als Mensch gesagt – obwohl Er ewig Gott ist – und ist auch wahr von Ihm, als Er als Kindlein in der Krippe lag. Wir neigen uns in Anbetung vor dem, der auch uns geschaffen hat, der auch uns in eine neue Schöpfung gebracht hat, was dann Vers 18 zeigt. Die Schöpfung ist schon gewaltig, aber die neue Schöpfung ist weit höher – und dafür musste Er sterben.

Und Er ist auch das Ziel der Schöpfung, alle Dinge sind für Ihn geschaffen. Der Herr Jesus ist der erste und der letzte Gedanken in dem Herzen Gottes, das Alpha und das Omega, alles fließt zu Ihm. Alles, die Welten, aber auch das kleinste Blümlein, ist für Ihn. Das gibt der Schöpfung einen Adel und einen Charakter, der über alle Maßen groß ist! Sicher ist die Welt in einem Sinn auch für uns Menschenkinder gemacht, dass wir darauf wohnen können, aber letzten Endes ist das ganze All für Ihn gemacht – nicht nur dieser Erdball, auf dem wir sind. Bruder Darby hat zu Spr 3,19 einmal gesagt, dass es der Schöpfung bedurfte, um den Ratschluss Gottes durchzuführen.

Alle Dinge, das All, das Universum, alles besteht zusammen durch Ihn. Die Dinge sind in Harmonie, in einer einzigartigen Schönheit greift ein Zahnrad in das andere. Wenn das nicht so wäre, was hier steht, dann würde das Universum über kurz oder lang ins Chaos zusammenstürzen. Auch heute, wo Er Mensch ist im Himmel, erhält Er alle Dinge am Gang und lässt sie nicht zusammenstürzen (vgl. Hiob 34,14+15). Die Menschen haben bei Genf die größte Maschine der Welt, 27 km lang, gebaut. Man beschießt dort Atome mit Atomen, um den Urknall nachzusimulieren. Man geht also wie selbstverständlich davon aus, dass es einmal einen Urknall gab, der jetzt genauer untersucht werden soll. Aber man wird feststellen, dass es einen Urknall nicht gab. Wohl ist es wahr, dass die Schöpfung auseinanderdriftet, die Sternenwelt geht auseinander; aber das hat mit Urknall nichts zu tun. Da ist einer, der hat es erschaffen, und der erhält es auch. Er erhält alle Menschen, besonders die Gläubigen (1. Tim 4,10), und gibt auch den Tieren ihre Nahrung und erhält sie (Hiob 38,41).

Steht 2. Pet 3,10 dazu im Widerspruch? Es ist ein bewegender Gedanke, dass einmal doch ein Chaos eintreten wird. Aber das kommt nicht durch irgendeine Explosion einer Atombombe oder so etwas, sondern es kommt dadurch, weil der Herr Jesus selbst eingreifen wird in die Gesetze Seiner Schöpfung! Dann wird es zusammenstürzen und es wird nichts übrigbleiben. Oder doch? Es ist falsch, von der Vernichtung der Schöpfung zu sprechen. Gott vernichtet nie etwas, was Er geschaffen hat. Aber Er lässt es zusammenstürzen, „wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen“ (Heb 1,12). Aber wenn der Herr mit diesem Gericht Seine Absicht erreicht hat, dann wird Er aus diesen selben Elementen neue Himmel und neue Erde schaffen. Verwandeln setzt voraus, dass Gott das benutzt, was Er hatte, und Er wird daraus etwas Neues machen von einem total anderen und erhabenen Charakter. Dann ist das Endziel Gottes erreicht.

Und er ist vor allen, und alle Dinge bestehen durch ihn“ (Vers 17)

Dieser Vers ist eine Zusammenfassung und Bestätigung von Vers 16.

Der Mensch und leider auch das Fleisch des Christen sucht immer irgendwie den Vorrang zu haben, und wenn man selbst den Vorrang nicht haben kann, dann schart man sich gern hinter jemanden, der den Vorrang hat. Aber Gott sagt: Es gibt nur einen! Er ist vor allen! Die Kolosser standen in der Gefahr, sich von der Philosophie, bei der immer derjenige siegt, der gerade die schönsten Gedanken hat, und durch theologische Gedankenspiele mehr leiten und beeinflussen zu lassen, als von dem, was Gott uns in Christus gegeben hat. Deshalb geht durch den ganzen Brief der Gedanke, dass der Herr in allem den Vorrang hat – was die Kolosser in Gefahr standen, aus dem Auge zu verlieren. Und stehen nicht auch wir wie die Kolosser in Gefahr, etwas anderes an Seine Stelle zu stellen, nicht mehr das Haupt festzuhalten, in unserem praktischen Leben als Versammlung und als Christen anderen Dingen in unseren Herzen einen Vorrang zu geben? Gott der Vater hat Seine Freude daran, uns Seinen Sohn vorzustellen, der in allem den Vorrang hat, dem nichts und niemand den Rang ablaufen kann. Dafür sorgt Gott.

Und die Macht, die Er hat, kommt darin zum Ausdruck, dass alles, was Er geschaffen hat, auch seinen Zusammenhalt nur durch Ihn hat. Die einzigartigen Gesetzmäßigkeiten der Natur werden von den Menschen erforscht; und sie sind nicht aus unorganisierter Materie im Laufe von Milliarden von Jahren von selbst entstanden, und sie bestehen nur durch Ihn und werden durch Ihn am Laufen erhalten. Das ist unser Herr, derselbe, der am Kreuz hing und für uns gestorben ist; Er ist derjenige, der zu jeder Zeit alle Dinge durch Ihn bestehen lässt.

Der Ausdruck vor allen ist unbedingt zeitlich zu verstehen, aber nicht nur. Es hat nämlich auch den Gedanken der Vorrangstellung. Schon Johannes der Täufer hat über den Herrn gesagt, dass nach ihm ein Mann kommen würde, „der den Vorrang vor mir hat, denn er war vor mir“ (Joh 1,30). Also vor dem Johannes in dem Sinn von ihm vorgezogen, Vorrang habend. Und der Nachsatz zeigt dann, dass Er auch zeitlich vor Johannes war (vgl. auch Joh 8,58).

Der Herr ist zeitlich vor allen, und alle Dinge bestehen durch Ihn, Er trägt alle Dinge durch das Wort Seiner Macht (Heb 1,3). Er hat es nicht nur geschaffen, sondern Er erhält es auch (Apg 17,24+25). Und Er ist auf diese Erde gekommen, in einen winzigen Punkt dieses unfassbar weiten Alls, weil dies der einzige Ort ist, wo Geschöpfe sind. Diese Geschöpfe haben sich von Ihm willentlich entfernt; sie sind in Seinem Bild geschaffen, und deshalb liebt Gott die Welt, weil es Seine Schöpfung ist. Wir können es uns nicht vorstellen, und doch ist es immer wieder notwendig, daran zu denken, was das für ein Herabsteigen war aus der allerhöchsten unvorstellbaren Höhe in die tiefste Tiefe, die endete im Tod am Kreuz. Anbetung sei Ihm! Und Ihn hat Gott hoch erhoben; Er hat Ihn aus dem Tod heraus den gleichen Platz, den Er als Gott besaß, nun als Mensch gegeben. Und wer den Herrn Jesus nicht als den Schöpfer annimmt, der wird Ihn auch nicht als seinen Herrn annehmen – es geht nämlich immer um dieselbe Person. Und wer den Herrn Jesus als seinen Erretter annimmt, als das Haupt Seiner Versammlung, der nimmt Ihn auch als den Schöpfer an. Es sind unterschiedliche Herrlichkeiten, aber sie gehören einer Person an!

Und er ist das Haupt des Leibes, der Versammlung, der der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, damit er in allem den Vorrang habe“ (Vers 18)

Es ist interessant, wie der Geist Gottes uns hier die Dinge vorstellt. Zuerst wird der Herr gezeigt als das Haupt des Leibes, der Versammlung; und das ist Er geworden, als Er schon im Himmel war und den Geist Gottes auf die Erde sandte. Zeitlich gesehen geht der Geist dann einen Schritt zurück zu der Auferstehung des Herrn und beschreibt Ihn als den Erstgeborenen aus den Toten. Und als Auferstandener ist Er der Anfang der neuen Schöpfung, und die Versammlung ist dem Geiste nach der neuen Schöpfung angehörig. Aber die neue Schöpfung ist umfassender als die Versammlung – sie umfasst auch noch neue Himmel und eine neue Erde. Das ist dann das Endziel der neuen Schöpfung. Aber das Meisterstück der neuen Schöpfung ist Christus und Seine Versammlung!

Manchmal zeigt uns die Schrift mehr die Seite der Menschheit des Herrn, manchmal mehr die Seite Seiner Gottheit. Hier sehen wir Ihn in Seiner Menschheit, wie Er starb, wie Er auferstand und in den Himmel ging – und da wurde Er das Haupt und ist der Leib entstanden (Apg 2). Er war noch nicht das Haupt in diesem Sinn, als Er noch über die Erde ging; erst nachdem Er das Werk vollbracht, auferstanden und in den Himmel hinaufgegangen ist und den Heiligen Geist als Siegel der Erlösung herabgesandt hatte, ist Er das Haupt geworden und dann ist der Leib entstanden. Erst musste der Herr im Himmel verherrlicht sein, bevor Ihm die Versammlung gegeben wurde. Das ist unser Haupt! Was für ein Haupt hat die Versammlung! Wenn uns doch mehr bewusst wäre, was die Verherrlichung des Herrn Jesus von seiten Gottes über alle Dinge bedeutet! Es würde uns gut tun, uns das mehr vor Augen zu halten, dass der Herr Jesus eine Autorität hat, die wir uns gar nicht recht vorstellen können. Und müssen wir nicht bekennen, dass wir manchmal doch recht spielerisch mit dieser Autorität des Herrn Jesus als Haupt der Versammlung umgehen?

Der große Gedanke des Hauptes ist: Impulse und Verbindung. Es besteht eine untrennbare Verbindung des Hauptes mit dem Leib; und vom Haupt aus geht nicht so sehr Herrschaft aus, sondern das Haupt gibt Impulse. Unser Herr Jesus ist nicht der Herr der Versammlung – ohne Frage ist Er Herr in der Versammlung – sondern Haupt der Versammlung.

Der Herr Jesus hat jetzt Würden, die Er vor Seiner Menschwerdung nicht besaß. Die Würde, Haupt des Leibes, der Versammlung, zu sein, die hat Er vorher nicht gehabt. Wenn ein Mensch stirbt, dann verliert er das bisschen Herrlichkeit, das er zu haben meint. Als der Herr Jesus starb, da hat Er sich Herrlichkeiten und Würden erworben, die Gott Ihm verliehen hat. Die Würde, Schöpfer zu sein, die ist Ihm wesenseigen, weil Er einfach Gott ist; aber die Würde, Haupt des Leibes zu sein, musste Er sich erwerben! Dafür musste Er in den Machtbereich des Todes gehen. Der Ausdruck, Er sei unter die Macht des Todes gekommen, geht vielleicht etwas zu weit dabei. Aber Er hat sich in den Bereich dieser Macht begeben und Er hat den Tod besiegt. Er war aber nicht besiegt von dem Tod, auch nicht, als Er gestorben war, denn Er hat Sein Leben selbst gegeben – insofern war Er nie überwältigt von dem Tod. Aber es hat Ihm gefallen, sich in diesen tiefen Bereich hinabzubegeben, und dann von den Toten aufzuerstehen.

Als der Auferstandene aus den Toten ist Er nun auch der Anfang einer neuen Sache. Dieser Anfang war Er vorher nicht. Aber jetzt ist Er das Haupt der Versammlung; bei einem Menschen ist das Haupt das Führende, und das ist auch in der Versammlung so. Der Herr Jesus ist auch noch in anderer Hinsicht der Anfang:

  • Er ist der Anfang der Schöpfung Gottes (Off 3,14); das bedeutet absolut nicht, dass Er auch ein Geschöpf wäre, wie es von den Ungläubigen gedeutet wird. Er ist der Anfang einer neuen Ordnung von Dingen. Wir sind in der Auferstehungswelt des Herrn, da leben wir, und das ist eine neue Schöpfung. „Wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung…Neues ist geworden“ (2. Kor 5,17). Es war in der Absicht Gottes, nicht nur eine sichtbare Schöpfung zu haben; die sichtbare Schöpfung ist nur eine Treppenleiter zu dem Ratschluss Gottes – sie führt zu der höheren Herrlichkeit, die der Herr Jesus als Haupt hat, Haupt der Versammlung.

  • Und in Seinem Leben als Mensch auf der Erde war der Herr Jesus bereits der Anfang, nämlich der Anfang wahren Christentums (1. Joh 1,1); damals war die Versammlung noch nicht, und doch war Er in Seinem Leben schon der Anfang einer neuen Ordnung.

Und als aus den Toten auferstanden trägt Er jetzt diesen Würden-Titel: Erstgeborener aus den Toten. Hier heißt es nicht: Erstgeborener der Toten, sondern aus den Toten. Wenn dieser Ausdruck aus den Toten benutzt wird, werden immer die Vorrechte der ersten Auferstehung gezeigt. Auch hier hat Er als Mensch den ersten Platz. Es ist wirklich der durchgehende Gedanke in diesen Versen, dass der Herr Jesus in allen Dingen den Vorrang hat! Es werden noch viele aus den Toten auferstehen, alle die geliebten heimgegangenen Geschwister, aber Er ist der Vornehmste von allen!

Ein ähnlicher Ausdruck für den Herrn ist der Titel Erstling der Entschlafenen (1. Kor 15,20); Er ist die Erstlingsfrucht, die aus dem Tod hervorgekommen ist, die Garbe des Anfangs (3. Mo 23,10). Und alle, die an Ihn glauben, sind nun eine gewisse Erstlingsfrucht Seiner Geschöpfe (Jak 1,18). Die Versammlung besteht aus den Erstlingsfrüchten der neuen Schöpfung, aber auf dem Schauplatz der alten Schöpfung. Mit der Auferstehung des Herrn Jesus hat tatsächlich eine neue Schöpfung ihren Anfang genommen, eine Schöpfung, die durch Sühnung von Sünden, durch Überwinden des Todes, und durch ein Leben in Auferstehung gekennzeichnet ist, sie ist unverderblich.

In 3. Mo 23 finden wir dreimal den Tag nach dem Sabbat. Erstens bei der Erstlingsgarbe (Vers 11), zweitens bei dem Fest der Wochen (Vers 16), und drittens nach dem Laubhüttenfest (Vers 39). Eine sehr klare göttliche Illustration von dem, was die neue Schöpfung ist. Der Herr Jesus als Auferstandener ist der Anfang der neuen Schöpfung, das ist die Erstlingsgarbe. Aber Erstling beinhaltet auch, dass Er nicht allein bleibt. Das Fest der Wochen verweist uns dann auf die Versammlung; und der Tag nach dem Laubhüttenfest ist dann ein Hinweis auf den ewigen Zustand.

Frage: Gehört die Neugeburt aus Joh 3 zu der neuen Schöpfung, bzw. inwieweit existierte schon Neuschöpfung zur Zeit des Alten Testamentes?

Antwort: Erst in der Auferstehung des Herrn ist dieses Leben in Überfluss da, die alttestamentlich Gläubigen hatten dieses Auferstehungsleben nicht. Wohl waren sie von neuem geboren, aber dieser Triumph des Lebens durch den Tod und die Auferstehung des Herrn, darin ist Er der Anfang der neuen Schöpfung, und das kann man von alttestamentlich Gläubigen nicht sagen. Die von neuem Geborenen sind Teil der neuen Schöpfung, darin werden wir auf einen neuen Boden gestellt.

Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen“ (Vers 19)

Wenn uns Vers 18 in vierfacher Hinsicht die Vorrangstellung des Herrn Jesus in bezug auf andere vorgestellt wird – als das Haupt, als den Anfang, als den Erstgeborenen aus den Toten, als den, der in allem den Vorrang hat, es gibt überhaupt nichts, worin Er nicht den Vorrang hätte –, dann finden wir jetzt in Vers 19, dass es keinen Vergleich mehr gibt, dass Er hier in Seiner Herrlichkeit einzigartig und allein vor uns steht. Das, was hier von dem Herrn Jesus gesagt wird, gab es nie vorher und wird es auch nie bei irgendjemand anderem geben.

Der Herr Jesus war immer Gott, der Sohn, aber was hier von Ihm gesagt wird, das bezieht sich auf Seine Menschheit. In dem Menschen Jesus Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig (Kol 2,9) und wurde in Ihm als Menschen vollkommen offenbart. Und das ist auch wahr von Ihm jetzt, wo Er als der verherrlichte Mensch zur Rechten Gottes ist – unergründliche Wahrheit! Die Menschheit Jesu ist das Gefäß, in dem die Gottheit gewohnt hat und wohnt. Sein buchstäblicher Körper war und ist der Wohnort der Gottheit. In Joh 2,19 spricht der Herr Jesus von dem Tempel Seines Leibes; Sein Leib war der Tempel der Dreieinheit Gottes.

Der Herr Jesus hatte als Mensch einen Leib (Heb 10,5); Er hatte als einen Mensch einen Geist (Joh 11,33) – und damit ist nicht der Heilige Geist gemeint, auch nicht in Joh 19,30, auch da war es der menschliche Geist des Herrn Jesus –; und Er hatte auch eine Seele (Mt 28,38). Und in diesem vollkommenen, uns gleich gewordene Menschen, der ohne Sünde war, aber in keiner Hinsicht irgendwie in Seiner Menschlichkeit hinter uns Menschen zurückstand, in Ihm war es das Wohlgefallen der ganzen Fülle der Gottheit, zu wohnen. Und das nicht zu einem Selbstzweck, sondern um alle Dinge mit sich zu versöhnen.

In dem Herrn Jesus als Mensch auf dieser Erde gab es nicht nur eine Teiloffenbarung der drei Personen der Gottheit, wie es manchmal in einzelnen Gläubigen der Fall ist. Bruder Kelly hat einmal den folgenden Vergleich gezogen: In den Gläubigen kann Gott die eine oder andere Saite eines Musikinstrumentes anzupfen und es gibt einen Ton, der etwas von den Wesenszügen Gottes wiedergibt – die Musik selbst aber ist Christus! In Ihm gab es nicht nur eine Teiloffenbarung! Wenn in Röm 1,20 von der Göttlichkeit die Rede ist, die geschaut wird, dann ist das nicht dasselbe wie hier in Kolosser die Fülle der Gottheit. Dort geht es um Seine ewige Kraft, die in dem Geschaffenen gesehenwerden kann, aber hier um die Gottheit in ihrem absoluten Sinn in ihrer Dreieinheit: Gott, der Vater, Gott, der Sohn und Gott, der Heilige Geist in dem Menschen Jesus Christus.

Das Wohnen der ganzen Fülle der Gottheit in dem Menschen Jesus Christus können wir im Blick auf jede einzelne Person der Gottheit unterscheiden. Er wurde von dem Geist in die Wüste geführt (Mt 4,1), Er trieb durch den Geist die Dämonen aus (Mt 12,28), durch den ewigen Geist hat Er sich selbst Gott geopfert (Heb 9,14), und der Geist Gottes war auch nicht bloß bei dem Tod des Herrn sondern auch bei Seiner Auferstehung wirksam (Röm 1,4). Da sehen wir, was es heißt, dass die Person des Heiligen Geistes in dem Herrn Jesus Wohnung nahm und bis in Ewigkeit in Ihm wohnen wird. Und der Herr Jesus war in Seiner Person nicht nur die Offenbarung des Geistes Gottes, sondern auch des Vaters. Was man an dem Herrn Jesus sah, das war gerade Sein Vater (Joh 14,9). Das ist die Offenbarung des Vaters in dem Sohn. Und auch der Sohn fand eine Offenbarung in dem Menschen Jesus Christus, auch der Sohn wurde sichtbar. In Joh 5 redet der Herr Jesus von einem 4-fachen Zeugnis (Vers 33, 36, 37 und 39). Und an dritter Stelle steht das Zeugnis des Vaters über den Sohn Seiner Liebe. Die Verbindung dieser Stellen macht deutlich, dass in unserem teuren Herrn als einem wirklichen Menschen die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte.

Und es war sogar ihr Wohlgefallen, Gott freute sich daran. Gott fand nicht nur kein Hindernis, in dem Herrn Jesus als Mensch auf der Erde wohnen zu können, sondern es war sogar Sein Wohlgefallen! Worin bestand das Wohlgefallen der Fülle Gottes? Darin, sich zu offenbaren! Das ist einer der größten Gedanken der Heiligen Schrift! Gott wollte sich in einem Menschen offenbaren, es war das Wohlgefallen der drei Personen der Gottheit, in einem Menschen sich völlig zu offenbaren. Das ist unser tiefstes Glück und wird uns auch im Himmel ewig glücklich machen. Alle drei Personen der Gottheit haben ihr Wohlgefallen daran. Im Allgemeinen steht der Vater im Vordergrund, wenn es um den Vorsatz Gottes geht, und der Herr Jesus ist es, der die Dinge ausführt, und der Heilige Geist ist es, in dessen Kraft Er das tut. Aber hier sind bemerkenswerterweise alle drei Personen der Gottheit vereint ohne dass eine von der anderen ausgeschlossen wäre – sie haben einen gemeinsamen Ratschluss; und der war, in Ihm zu wohnen und alle Dinge mit sich zu versöhnen.

Und wenn dieser Mensch Jesus Christus Gott offenbart hat, dann hat Er das eben nicht getan, wie das in früheren Zeiten irgendwelche Propheten getan haben, die über oder von Gott geredet haben – selbst wenn der Geist Gottes sie darin leitete. Dieses Wohlgefallen Gottes in dem Herrn Jesus war verbunden mit einem Dienst in einem Bereich, wo es absolut nichts gab, woran Gott sonst Wohlgefallen finden konnte, in einem Bereich, wo man in Feindschaft und Entfremdung zu Gott lebte, in einer Welt der Sünde und des Todes.

Wohnen setzt im Allgemeinen Ruhe voraus. Die Fülle der Gottheit konnte wohnen in dem Menschen Jesus Christus, weil in Ihm nichts vorhanden gewesen ist, was etwa im Widerspruch zu Gott gewesen wäre. Im Griechischen steht das Wort wohnen hier in einer verstärkten Form, was beständiges Wohnen bedeutet. Es ist nicht eine vorübergehende Angelegenheit, sondern es ist seit dem Zeitpunkt, als der Herr Jesus Mensch wurde, eine Sache, die ewig bleiben wird! Es steht hier auch nicht, dass es das Wohlgefallen der ganzen Fülle war, in Ihm zu handeln, sondern in Ihm zu wohnen. Mochte Er handeln oder nicht, die ganze Fülle wohnte in Ihm leibhaftig.

„…und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen – indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes –, durch ihn, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln“ (Vers 20)

Wenn Vers 19 das Leben des Herrn ist, dann ist Vers 20 Sein Tod. Es war nicht nur das Wohlgefallen der Gottheit, in Ihm zu wohnen, sondern es war auch das Wohlgefallen der Fülle der Gottheit, alle Dinge mit sich zu versöhnen. Hier in diesem Vers 20 geschieht Versöhnung im Blick auf die erste Schöpfung, und in Vers 22 geschieht sie im Blick auf die neue Schöpfung – und die Grundlage zu beidem ist der Tod des Herrn Jesus!

Frieden ist bereits gemacht, aber die Versöhnung aller Dingeist noch zukünftig. Aber die Grundlage für die Versöhnung ist gelegt, der Friede ist gemacht. Es ist ein erhabener Gedanke, dass wir wissen dürfen, dass der Friede gemacht ist durch das Werk unseres Herrn, auch im Blick auf die Dinge im Himmel und auf der Erde. Wir können nicht weit genug denken über die Auswirkungen des Werkes unsers Herrn!

Die ganze Schöpfung muss versöhnt werden, da sie durch die Sünde aus dem Gleichgewicht gekommen ist und nicht mehr mit Gott in Übereinstimmung ist, sie seufzt (Röm 8,22) unter den Folgen der Sünde. Und es ist ein gewaltiger Gedanke, dass das ganze Universum einer Versöhnung bedarf, alle Dinge müssen wiederhergestellt werden (Apg 3,21). Hier in Vers 20 geht es nicht um Personen, sondern um die Schöpfung, um alle Dinge auf der Erde und im Himmel. Dabei handelt es sich um Machtordnungen, wie sie auch schon in Vers 16 beschrieben wurden. Über diese Machtstrukturen wissen wir nicht viel. In Dan 10,13 lesen wir von einem 3-wöchigen Kampf eines Engelsfürsten gegen den Fürsten von Persien (einem gefallen Engel). Und doch müssen wir dabei bedenken, dass es für die gefallenen Engel keine Versöhnung gibt, und die nicht gefallenen Engel benötigen keine Versöhnung.

Die Dinge in den Himmel sind jetzt nicht in einem normalen Zustand, die himmlischen Örter sind alle verunreinigt – ausgenommen natürlich der nicht geschaffene Himmel, das Vaterhaus. Der Himmel ist unrein, nicht nur, weil der Teufel und seine Engel dort sind. Und diese Versöhnung aller Dinge steht sehr eng in Verbindung mit der Reinigung. Wobei versöhnen einfach meint, zurückbringen zu Gott, zurückbringen zu dem alten Zustand. Das hat mit Vergebung nichts zu tun, sondern das Wort meint einfach in Übereinstimmung bringen mit Gott. Und diese Reinigung der Himmel kann nicht nur dadurch geschehen, dass der Teufel in der Mitte der letzten Daniels-Woche aus dem Himmel geworfen wird. Es ist mehr nötig, und ein Bild davon finden wir bei dem großen Versöhnungstag in 3. Mo 16,16, wo von dem Opfer, das für das Volk war, Sühnung für das Heiligtum getan werden sollte „wegen der Unreinheiten der Kinder Israel und wegen ihrer Übertretungen, nach allen ihren Sünden“. Das irdische Heiligtum, wo Gott mit den Menschen zusammentraf, war durch die Sünde des Menschen verunreinigt. Ist uns das eigentlich bewusst, dass auch der Himmel, der Wohnort Gottes, in einem gewissen Sinn beschmutzt wird durch unsere Sünden? Das Heiligtum bedarf der Reinigung. Und wenn Gott diese Angelegenheit nicht einfach durch Gericht erledigen wollte, dann musste auch dafür das Blut Seines Kreuzes die Grundlage sein. In Heb 9,23 lesen wir davon, dass die Bilder des Alten Testamentes der Dinge in den Himmeln gereinigt wurden, „die himmlischen Dinge selbst aber durch bessere Schlachtopfer als diese“. Es ist eine Versöhnung aller Dinge nötig, auch selbst der Himmel muss gereinigt werden.

Und was sind die Dinge auf der Erde, die auch versöhnt werden? Auch hier müssen wir an Machtstrukturen denken. Es werden einmal der Antichrist und das Haupt des römischen Reiches volle Macht ausüben auf der Erde, und das furchtbare Ergebnis dieser Machtausübung wird eine absolute Entfremdung von den Gedanken Gottes sein. Was muss das für eine wunderbare Erlösung sein für die Menschen und für die Schöpfung, dass dieser extreme Spannungszustand dann endlich beseitigt wird und die Dinge dann wieder in Übereinstimmung mit Gott gebracht werden.

Diese Versöhnung aller Dinge ist noch nicht geschehen, sie ist noch zukünftig. Da müssen wir noch warten, bis der Herr Jesus das vollbringen wird. Die Grundlage dazu ist gelegt durch das Werk von Golgatha, aber die Anwendung auf die Dinge in den Himmeln und auf der Erde ist noch nicht geschehen. Wann wird das sein, wann wird die Versöhnung aller Dinge eingeleitet werden? Aus Jes 11,9 und anderen Stellen der alten Propheten kann man entnehmen, dass im Anfangsstadium des 1000-jährigen Reiches die Versöhnung aller Dinge eingeleitet werden wird – vollendet sein wird sie erst im ewigen Zustand. Erst dann, wenn die Sünde für immer vor den Augen Gottes entfernt sein wird und wenn Seine Gedanken im Blick auf Himmel und Erde vollendet sind, dann wird die Versöhnung aller Dinge völlig vollbracht sein. Aber es beruht alles auf dem Blut Seines Kreuzes! Sein Tod war nötig, um die Dinge wieder zurückzuführen in den Zustand, wie Gott ihn haben wollte.

Und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde wart nach der Gesinnung in den bösen Werken“ (Vers 21)

In den Versen 21 bis 23 haben wir den Apostel Paulus als den Diener des Evangeliums vor uns, und von Vers 24 bis 29 als den Diener der Versammlung. Dass wir, die wir einst entfremdet und Feinde waren, nun versöhnt sind auf der Grundlage Seines vollbrachten Werkes, ist eigentlich das Evangelium Gottes, das Paulus im Römer-Brief in den Einzelheiten vorstellt – wie aus Sündern Gerechtfertigte würden auf der Grundlage des Werkes des Herrn.

In Vers 21 haben wir ein einst, in Vers 22 ein nun aber. Dieses einst und dieses nun oder jetzt markiert einen gewaltigen Wechsel, der stattgefunden hat. Und wenn wir eine wirkliche Wertschätzung des nun haben wollen, der Ergebnisse des Werkes des Herrn Jesus für uns, dann ist es gut, wenn wir sehr klar und deutlich sehen, was wir einst waren! Je mehr wir erkennen, was wir einst waren, umso mehr werden wir wertschätzen, was uns jetzt durch das Werk des Herrn Jesus geschenkt ist. Diese Gegenüberstellung von dem, was wir einst waren zu dem, was die Liebe Gottes und unseres Heilandes bewirkt hat, finden wir an mehreren Stellen im Neuen Testament (z.B. Eph 2,1–6; Tit 3,3–7).

Der Zustand ist hier Entfremdung und Feindschaft nach der Gesinnung in den bösen Werken. Bei Gott ist immer die Gesinnung der Punkt; nicht so sehr, was wir tun, sondern aus welchem Beweggrund heraus wir etwas tun. In Eph 4,18 haben wir eine etwas ähnliche Formulierung, aber da ist die Entfremdung von dem Leben Gottes begründet durch die Unwissenheit. Hier ist es die Gesinnung, die dann in bösen Werken deutlich ihren Ausdruck findet. Ja, wir haben diese Gesinnung gezeigt in lauter bösen Werken. Diese bösen Werke sind in dieser Welt nicht unbedingt als böse Werke zu erkennen (vgl. 1. Joh 3,12). Das böse Werk Kains an dieser Stelle ist gar nicht so sehr der Mord an seinem Bruder Abel, sondern sein eigenwilliger Gottesdienst. Gott nahen zu wollen auf einem selbst ausgesuchten Weg ist in Seinen Augen ein böses Werk. Und der Herr hatte sich den Hass der Welt dadurch zugezogen, dass Er von ihr zeugte, dass ihre Werke böse sind (Joh 7,7).

„…hat er aber nun versöhnt in dem Leib seines Fleisches durch den Tod, um euch heilig und untadelig und unsträflich vor sich hinzustellen“ (Vers 22)

Was bedeutet für uns Versöhnung? Es geht viel weiter, als die Wiederherstellung eines alten Zustandes, denn das, was wir durch die Versöhnung empfangen, ist unendlich viel mehr, als was Adam je besessen hatte, was der Mensch durch die Sünde aufgegeben hat. Wunderbare Segnungen wie Vergebung, Rechtfertigung, Frieden und viele mehr sind für uns damit verbunden. Aber sie gehen alle auf diese eine Person und dieses eine Werk zurück, das hier vorgestellt wird. Und wer wunderbare diese Person ist, haben wir von Vers 13 an gesehen. Und die Gefahr bei den Kolossern war nun nicht, dass sie diese Wahrheiten oder das Christentum aufgeben wollten, aber ihnen waren andere Dinge wichtiger geworden. Und deshalb stellt Paulus unter der Leitung des Geistes ihnen das ganze Werk des Herrn Jesus vor und Seine Person unter dem Gesichtspunkt vor, dass Er in allem den Vorrang hat! Und ihnen soll auch vorgestellt werden, dass diese wunderbare Person in ihnen ist (Vers 29).

Versöhnen ist nicht unbedingt, zu der alten Stellung zurückbringen, es meint mehr, das, was nicht in Übereinstimmung mit Gott ist, wieder in Übereinstimmung mit Ihm zu bringen. Das ursprüngliche Wort wurde von den Griechen benutzt, wenn sie Geld wechselten, damit es ausgeglichen war zwischen den beiden Partnern. Es ist also ein In-Übereinstimmung-Bringen ohne dass damit eine bestimmte Stellung verknüpft ist. Gerade bei der Versöhnung aller Dinge in Vers 19 wird es sehr deutlich, dass damit gar keine besondere Stellung mit verbunden ist, sondern die in Unordnung geratenen Dinge werden dann so sein, wie Gott sie haben wollte. Wir sind also durch die Versöhnung nicht nur wieder in die Stellung gebracht worden, in der der Mensch sich vorher befand, sondern wir sind jetzt heilig und untadelig und unsträflich vor Ihm hingestellt. Das sind gewonnene Beziehungen, in denen der Mensch vorher nie gewesen ist. Und deshalb geht das, was uns durch die Versöhnung geworden ist, weit über das hinaus, was der Mensch verloren hat. Und diese Versöhnung im Blick auf uns ist bereits geschehen, sie steht hier in der Vergangenheitsform sie ist jetzt wahr von jedem Gläubigen. Wer das nicht erfasst, kann nie wirklich glücklich sein! Welch ein Triumph ist das! Wir sind in Übereinstimmung gebracht zu Gott.

Einseitig war durch den Menschen eine Kluft aufgerissen worden zu Gott hin, und der Mensch konnte diese Kluft niemals wieder überbrücken. Und deshalb wird hier von dem Werkzeug, dem Instrument gesprochen – dem Leib Seines Fleisches – durch den die Versöhnung geschah, und zwar durch den Tod. Der Leib des Herrn Jesus war das Instrument, aber was musste damit geschehen? Er musste in den Tod gehen. Wir sind mit Gott versöhnt worden durch den Tod Seines Sohnes (Röm 5,10). Der Herr Jesus ging für uns in den Zustand hinein, der für uns das Zeichen der Entfremdung war, nämlich der Tod. Der Tod ist der Lohn der Sünde, und den hat der Herr Jesus in dem Leib Seines Fleisches auf sich genommen, um diese Kluft zu uns hin zu überbrücken.

Der Ausdruck Leib Seines Fleisches kommt nur an dieser einen Stelle hier vor. Es steht offenbar in Gegensatz zu dem Leib des Christus aus Vers 24. Dort ist die Versammlung gemeint, hier bedeutet es buchstäblich Seinen Körper, Seinen Leib. Diesen Leib hatte Gott Ihm bereitet, und diesen Leib hat Er in den Tod gegeben (Heb 10,5+10). Er hatte in diesem Leib Seines Fleisches Gott verherrlicht und ihn dann als Opfer hingegeben. Und gerade beim Brotbrechen sollten wir nicht nur an den einen Leib als die Frucht des Werkes Christi denken, sondern an den Leib Seines Fleisches, Seinen Körper (1. Kor 11,24), in dem Er gelitten hat und den Er hingegeben hat in den Tod – in unaussprechlicher Liebe. Das wird uns immer beschäftigen!

Das Wort Fleisch hat im Neuen Testament verschiedene Bedeutungen. Einmal bedeutet es konkret Fleisch, es bedeutet andererseits auch den menschlichen Zustand, die Menschlichkeit, und da hat es keine Beziehung zu Sünde. Es gibt Stellen, wo das Wort Fleisch bei Christen und auch bei Ungläubigen gar nichts mit Sünde zu tun hat (Phil 1,22+24), da meint es einfach das Leben als Mensch auf der Erde. Sehr oft ist das Wort Fleisch aber der Inbegriff der in uns wohnenden Sünde (Röm 7,18). Aber wenn bei dem Herrn Jesus vom Fleisch gesprochen wird (z.B. Heb 5,7), dann hat das niemals etwas mit Sünde zu tun. Deshalb wird von Ihm auch nicht gesagt, dass Er ins Fleisch der Sünde gekommen wäre, sondern in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde (Röm 8,3). Wir müssen also immer, wenn das Wort Fleisch vor uns kommt, nach seiner Bedeutung an dieser Stelle fragen.

In Kol 2,11 wird später von dem Ausziehen des Leibes des Fleisches gesprochen. Das ist ein total anderer Gedanke! Sowohl das Wort Fleisch als auch das Wort Leib haben da eine ganz andere Bedeutung. An dieser Stelle ist überhaupt nicht von einem menschlichen Körper die Rede, sondern gemeint ist, dass in uns eine Maschinerie der Sünde ist, die immer nur eines kann, nämlich nur Sündigen. Und dieser Mechanismus, der ständige Zwang zu Sündigen, ist durch den Glauben an das Werk von Golgatha beendet, der Leib der Sünde ist abgetan (Röm 6,6).

Wir dürfen hier auch noch an einen schönen Gegensatz denken. Wir haben jetzt verstanden, was der Leib Seines Fleisches ist, nämlich Sein menschlicher Körper, und dann finden wir in Phil 3,21 Seinen Leib der Herrlichkeit. Macht uns dieser Gedanke nicht glücklich? Der Herr Jesus hatte hier auf Erden einen Leib Seines Fleisches, in Auferstehung hatte Er einen Auferstehungsleib, aber heute hat Er einen Leib Seiner Herrlichkeit! Einst ein einfacher Pilger auf dem Erdboden Gottes, aber jetzt mit einem Leib behaftet, der für die Ewigkeit, für die Herrlichkeit Gottes passend ist! – Und gerade solch einen Leib werden auch wir bekommen – Gott sei gepriesen!

Als Ergebnis der Versöhnung stehen wir nun schon heilig und untadelig und unsträflich vor Ihm, d.h. in völliger Übereinstimmung mit dem Wesen Gottes. Wir sind Seiner Natur teilhaftig geworden, Seine Kinder, wir haben das Leben des Herrn Jesus empfangen. Heilig sind wir unserem Charakter nach, und untadelig in unseren Wegen (vgl. Eph 1,4). Unsträflich berührt den Gedanken, dass Menschen auf der Grundlage des Werkes des Herrn Jesus mit Gott versöhnt sind.

„…sofern ihr in dem Glauben gegründet und fest bleibt und nicht abbewegt werdet von der Hoffnung des Evangeliums, das ihr gehört habt, das gepredigt worden ist in der ganzen Schöpfung, die unter dem Himmel ist, dessen Diener ich, Paulus, geworden bin“ (Vers 23)

Warum wird das Ergebnis der Versöhnung aus Vers 22 nun mit einem sofern (wenn) verbunden? Es wird uns die Vollkommenheit des Werkes des Herrn Jesus vorgestellt, und doch wird es hier mit einem sofern verbunden. Und wenn wir dieses sofern nicht richtig verstehen, entsteht viel Unsicherheit und Verzagtheit bei uns. Es besteht die Gefahr, dass wir es so verstehen, als wäre unsere ewige Erlösung doch von uns, von unserer Treue abhängig – dann gibt es keine Freude des Heils. Wenn es sich um die Erlösung handelt, sagt Gottes Wort immer unverbrüchlich und ohne irgendeine Einschränkung, dass alles vollbracht ist. Und dieses sofern hier bedeutet nicht, dass das Heil irgendwie unsicher wäre, denn dann würde Gottes Wort sich selbst widersprechen.

Was bedeutet es dann? Es bedeutet, dass wir als verantwortliche Menschen vor Gott auf der Erde in zweierlei Weise angesprochen werden.

  • Einmal werden wir gesehen und angesprochen als solche, die Gott von Ewigkeit auserwählt hat und zu Seinem Eigentum gemacht hat. Da sind wir für ewig sichergestellt, ohne wenn und aber. Das ist die Seite der unverbrüchlichen und uneingeschränkten Gnade, die zu ihrem Ziel kommt. Es ist ein großes Vorrecht, dass wir diese Seite der unverlierbaren Heilsgewissheit kennen dürfen. In weiten Teilen der Christenheit ist sie nicht bekannt. Und diejenigen, die diese Seite der Wahrheit nicht kennen, bezichtigen uns der Irrlehre darüber.

  • Die andere Ebene, auf der wir angesprochen werden und die wir oft zu wenig betonen, ist die Seite unserer Verantwortung. Als verantwortliche Menschen, die hier auf der Erde leben und ein Bekenntnis für den Herrn Jesus haben, wird uns niemals gesagt, dass wir ewig errettet sind. Hier in Vers 23 werden wir als auf der Erde lebende Bekenner angesprochen. Und wenn wir ein Bekenntnis haben, müssen wir von der Ungerechtigkeit abstehen (2. Tim 2,19). Da können wir uns nicht verhalten, wie wir wollen, und in Sünde leben, weil ja alles sicher ist. Gott sagt nie, dass ein Leben in Sünde in der Herrlichkeit enden wird. Auf dieser Ebene wird uns immer gesagt, dass, wenn wir ein Bekenntnis haben, wir uns auch entsprechend verhalten müssen. Und wenn wir das nicht tun, dann bewegen wir uns weg von der Hoffnung des Evangeliums.

Unser Glaube wird mit diesem sofern also einem Test unterzogen wird. Es hat in der Christenheit unter den Brüdern immer Menschen gegeben, die nicht wirklich von neuem geboren waren. Es ist ein Test wahren Glaubens hier in diesem Vers 23. Ein Gläubiger wird den Test bestehen; hier wird nicht an unserer Errettung gezweifelt oder irgendwie die Heilssicherheit in Frage gezogen, sondern es wird die Verantwortlichkeit betont. Und an solchen Worten, wie diesem sofern hier, werden falsche Bekenner offenbar. In Kolossä waren offenbar Männer am Werk, die von dem Evangelium nicht hoch dachten, die auch von der Person des Herrn nicht hoch dachten; gefährliche Männer, die da ihren Einfluss ausübten. Und dann kommt dieser Test: „Sofern ihr in dem Glauben gegründet seid…“. Solche Tests machen bloße Bekenner offenbar (vgl. 1. Joh 1,6+8+10).

Dieses sofern ist also unbedingt eine Bedingung. Und was wir manchmal vergessen und uns nicht immer bewusst ist, ist die Tatsache, dass da jemand ist, der uns rauben will (vgl. Joh 10,28+29). Deswegen diese Mahnungen, diese wenns, diese Bedingungen. Aber halten wir unbedingt fest: dieses sofern, diese Bedingungen, werden sich bei jedem wahren Gläubigen erfüllen! Ein Gläubiger wird festhalten und wird nicht abbewegt werden!

Wenn ein Mensch durch die Gnade Gottes zum Glauben gekommen ist, Leben aus Gott hat, dann sind alle Voraussetzungen gegeben, um der Verantwortung auch zu entsprechen. Wir mögen dabei in uns selbst schwach sein, aber der Herr wird uns dabei zu Hilfe kommen. Niemals wird Gott eins seiner Kinder fallen lassen! Und jeder, der wirklich Leben aus Gott hat und den Herrn Jesus als seinen Heiland kennt, dem wird es ein Herzensanliegen sein, der Verantwortung auch zu entsprechen. Es wird also keinen geben, der die Gnade der Erlösung erfahren hat, und der der Verantwortung nicht entsprechen kann. Andererseits ist es so, wenn ein Mensch ein christliches Bekenntnis hat, aber nie eine Bekehrung erlebt hat, dann hat ein solcher keine Chance, der Verantwortung zu entsprechen, weil die Grundlage nicht gegeben ist.

Wir dürfen auch nicht in unseren Gedanken einen Unterschied machen zwischen Gläubigen und Bekennern. Wir sind Gläubige und Bekenner. „Mit dem Herzen wird geglaubt …und mit dem Mund wird bekannt“ (Röm 10,10). Gläubige sind Bekenner, und es gibt nur Gläubige und tote Bekenner. Bruder Darby hat einmal gesagt: Wenn ich ein Bekenner bin, stehe ich in Gefahr, abzufallen – aber ich werde nicht abfallen, da ist Einer, der mich bewahrt!

Der Ausdruck in dem Glauben meint nicht ein momentanes schwaches Glaubensvertrauen, sondern es geht um das ganze christliche Glaubensgut, darin sollen wir gegründet sein (Kol 2,7).

Was ist die Hoffnung des Evangeliums? Wir werden allein auf der Grundlage des Erlösungswerkes unseres Herrn an das himmlische Ziel gebracht, nur dadurch, dass Er uns in dem Leib Seines Fleisches durch den Tod versöhnt hat. Und die Kolosser werden gewarnt, dass sie nicht abbewegt werden von dieser Tatsache. Sie damals und auch wir heute stehen in der Gefahr, dass wir dem Werk des Herrn Jesus etwas hinzufügen wollen, auf philosophische Strömungen achten oder gewisse Überlieferungen halten, damit wir das himmlische Ziel erreichen. Wenn wir der Lehre nach solche Gedanken annehmen, dann werden wir abbewegt von der Hoffnung des Evangeliums. Es ist ein großer Gedanken in diesen Versen, dass wir auf der Grundlage des Werkes des Herrn an das himmlische Ziel gebracht werden. Und wenn wir einmal droben sind, dann werden wir sehen: allein Sein Werk hat mich in den Himmel gebracht!

Und dieses Evangelium wird nicht nur Menschen aus dem Volk Israel gepredigt, sondern der ganzen Schöpfung, auch den Kolossern, die im wesentlichen Heiden waren. Und dieser Apostel Paulus, der Diener des Evangeliums, hat das in zweierlei Weise getan. Er hat einerseits dieses Evangelium ungläubigen Menschen vorgestellt, damit sie versöhnt würden mit Gott. Aber zweitens hat er das Evangelium Gottes auch bekehrten Menschen vorgestellt, um ihnen zu zeigen, was ihnen geschehen ist bei ihrer Bekehrung. Haben wir bei unserer Bekehrung schon alles erfasst, was für wunderbare Dinge mit uns geschehen sind? Es ist auch ein Dienst des Evangeliums, darüber zu belehren. Ganz besonders hat Paulus das mit dem Römer-Brief getan, wo er den Gläubigen in Rom dieses Evangelium der Reihe nach vorstellt.

Ein gewisser Franz von Assissi, der Begründer des Franziskaner-Ordens, hat gemeint, diese Stelle bedeutet, dass man also auch in den Wald gehen muss und auch den Tieren das Evangelium verkündigen soll. Daran kann man sehen, wie weit man abkommen kann. Heute hat das Evangelium noch nicht jeden Ort erreicht; aber so wie die Sonne scheint und nicht an den Grenzen Israels Halt macht, sondern den ganzen Erdball beleuchtet und erwärmt, so ist die Sonne der Gnade Gottes nicht beschränkt auf eine Nation. Auch Kol 1,6 sagt das schon.

Das Evangelium ist der ganzen Schöpfung, die unter dem Himmel ist, verkündigt worden. Den gleichen Ausdruck finden wir auch in Apg 4,12, wo es auch die gesamte Menschheit im allumfassendsten Sinn meint. Und gerade in den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte finden wir dies verwirklicht. Ausgehend von den Nachkommen Noahs kann man die ganze Menschheit in die drei großen Gruppen der Semiten, Hamiten und Japhetiten einteilen. Und in den Kapiteln 8, 9 und 10 der Apostelgeschichte finden wir, wie jeweils ein Vetreter dieser drei großen Gruppen der Menschheit zum Glauben kommt (Kap 8: der Kämmerer als Nachkomme Hams, Kap 9: Saulus als Nachkomme Sems; Kap 10: Kornelius als Nachkomme Japhets).

Paulus bezeichnet sich allein als den Diener des Evangeliums in diesem hohen Sinn. Ihm war die Wahrheit von der Gnade und der Herrlichkeit des Evangeliums anvertraut worden, wie keinem anderen sonst. Wir müssen dabei aber nicht annehmen, dass die anderen Apostel das nicht gekannt hätten. Aber es war allein die Aufgabe und das Vorrecht des Apostels Paulus, diese Wahrheiten dem Kanon der Heiligen Schrift hinzuzufügen.

Ich, Paulus: ein Diener des Herrn soll wohl demütig sein, aber er weiß doch, was Gott ihm anvertraut hat! Wenn er das nicht weiß, kann er seinen Auftrag nicht erfüllen. Wohl sollen wir nicht über unser Maß hinausgehen (Röm 12,3), aber der Herr sagt nicht, dass wir von uns überhaupt nichts halten sollen. Wenn Er dir etwas anvertraut hat, dann kannst du nicht sagen, du habest nichts.