Überblick zu Kapitel 2 Vers 1 bis 5

Wir haben gesehen, dass es eine Tatsache jetzt für jeden Glaubenden auch aus den Nationen ist, dass Christus in uns ist, die Hoffnung der Herrlichkeit. Und die Glaubenden werden durch die Verkündigung dieser christlichen Wahrheit – natürlich verbunden mit Gebet (Vers 1) – in Christus vollkommen dargestellt. In Vers 2 sehen wir dann das Ergebnis in den Glaubenden, nämlich eine sehr hohe Sache: eine geistliche Reife, dass sie in der vollen Gewissheit des Verständnisses sind. Das hat zu tun mit der Aufnahme dieser Wahrheit, sie ins Herz zu fassen. Und wenn wir geistlich gereift sind in der christlichen Wahrheit, wenn wir in Christus gegründet sind, dann wissen wir, dass in Christus alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind (Vers 3), dass wir für unsere Seelen nichts anders mehr brauchen. Und das macht uns stark in Bezug auf solche, die uns verführen wollen (Vers 4). Und dann stellt der Apostel erst noch fest, was bei den Kolossern gut war, dass eine äußere Ordnung bei ihnen vorhanden war, und die kann er loben (Vers 5) – im Unterschied zu den Korinthern, wo die äußere Ordnung nicht da war. Aber ab Vers 6 geht der Apostel dann direkt auf die Gefahren ein, in denen sie standen, um sie in allem Ernst davor zu warnen. Äußerlich war noch alles gut, aber in ihren Herzen war doch ein Zustand, der nicht mehr voll war von der Herrlichkeit des Christus.

„Denn ich will, dass ihr wisst, welch großen Kampf ich habe um euch und die in Laodizea und so viele mein Angesicht im Fleisch nicht gesehen haben“ (Kapitel 2 Vers 1)

Paulus wusste von den Gefahren, die den Kolossern drohten (Vers 8). Und um diesen Gefahren zu begegnen, kämpfte er für sie. Und er ließ es sie wissen, dass er das tat. Worin bestand dieser Kampf für die Kolosser und die Laodizeaer? Die Mittel dieses Kampfes waren zweifacher Art: erstens hat er ihnen einen Brief geschrieben, und zweitens hat er für sie gebetet. Es waren also geistliche Mittel, die er in diesem Kampf einsetzte (vgl. 2. Kor 10,4+5). Sicher war das für die Empfänger des Briefes ein starker Trost, dass Paulus es sie wissen ließ, dass er für sie betete. Auch lernen wir daraus, dass die Verkündigung allein nicht ausreicht, sie muss begleitet werden durch Gebet. Wenn wir mündliche oder schriftliche Dienste tun dürfen an den Geschwistern, dann reicht die Verkündigung nicht aus, dann ist es nötig, das im Gebet zu begleiten.

Der Umstand, dass Paulus den Kolossern mitteilte, welch großen Kampf er für sie hatte, war aber nicht nur Ermunterung und Trost, es lag auch ein kleiner Tadel darin. Zumindest will er sie zu dem Bewusstsein führen, dass Gefahren auf sie lauerten.

Hier schildert der Apostel also, wie er das, was er am Ende von Kapitel 1 als seine Aufgabe allgemein für alle Gläubigen beschrieben hatte (Vers 28), hier im besonderen Fall der Kolosser ausübt. Es war ihm wichtig, er wollte, dass die Kolosser wussten, welchen Kampf er um sie hatte. Er kannte diese Gläubigen in Kolossä nicht persönlich; er schrieb einen Brief an Geschwister, die er noch nie gesehen hatte und die ihn auch noch nie gesehen hatten. Und es war nun die Weisheit des Apostels („in aller Weisheit“, Vers 28), dass er sein eigenes Herz gegenüber diesen Kolossern öffnete, weil er ihre Herzen erreichen wollte. Wenn man einen Brief schreibt an jemanden, den man nicht kennt, und man muss in diesem Brief Probleme ansprechen, dann bedarf es dieser Weisheit von oben, und es gilt es wohl zu bedenken, wen man vor sich hat und wie man das Herz der Empfänger für den Herrn öffnen kann.

Im Alten Testament war es Samuel, der auf die gleiche Weise, nämlich durch Gebet und durch Belehrung, die Herzen des Volkes erreichen wollte (1. Sam 12,23), die gleiche Haltung, wie sie Paulus den Kolossern gegenüber hatte.

Die Versammlung von Laodizea muss ganz in der Nähe gelegen haben, sie war vielleicht nicht so groß oder berühnt wie die von Kolossä, aber Paulus vergisst auch die wenigen Geschwister dort nicht.

„…damit ihre Herzen getröstet werden, vereinigt in Liebe und zu allem Reichtum der vollen Gewissheit des Verständnisses, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes“ (Vers 2)

Hier haben wir die eigentlichen Gebetsgegenstände des Paulus; dass, worum er kämpfend rang. Und da gibt es eine direkte Parallele zu dem, was seine Belehrung betraf. Er rang für sie im Gebet, und die erste Zielsetzung dabei war, dass ihre Herzen getröstet wurden. Die zweite Zielsetzung ist die Vereinigung der Kolosser in Liebe, als Vorbedingung für das Erfassen des Geheimnisses Gottes. Im Allgemeinen ist es nicht die Liebe, die uns zum Verständnis führt; z.B. war Maria Magdalene voller Liebe für ihren Herrn, aber sie hatte gar nichts verstanden. Im Allgemeinen ist es der Weg über das Gewissen, wie man zum Verständnis kommt. Die Kolosser sollten auch nicht einfach nur Liebe haben, sondern sie sollten vereinigt in Liebe sein. Wenn sie das Geheimnis erfassen wollten, war eine gewisse Vorbedingung, dass sie diese Vereinigung in Liebe in etwa praktizierten. Nicht nur Liebe zu dem Bruder, sondern das praktische Verwirklichen der von Gott bewirkten Vereinigung in Liebe. Gerade in Tagen des Zerfalls und der Not ist dieser Gedanke sehr sehr wichtig. Und dann kommt als dritte Zielsetzung seines Gebets-Kampfes, dass die Kolosser zu der vollen Gewissheit des Verständnisses gelangen möchten. Von Gott bewirktes Verständnis gibt uns eine Sicherheit und Festigkeit, die der nicht hat, der nicht unterwiesen ist. Und der Nachsatz zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes ist nur eine Erklärung zu dem Verständnis; dass die Kolosser erlangen sollten, nämlich das Geheimnis Gottes zu erkennen.

Der Kampf des Apostels hatte das Ziel, dass die Herzen der Kolosser getröstet würden. Anstelle von trösten kann man auch ermuntern oder ermahnen übersetzen. In Augenblicken der Beunruhigung oder Verstörung ist Trost vonnöten. Wenn Gefahr droht durch falsche Lehren, dann ist das Vorstellen der Wahrheit ein starker Trost (vgl. Apg 15,2.7.24+31–33). Wenn Orientierung durch die Wahrheit kommt, entsteht Freude; das Befestigen in der Wahrheit schafft Ruhe und Trost. Trost bedeutet, dass man in seinem Gemüt, in seinen Empfindungen ruhig wird, dass das unruhige Herz in einem zur Ruhe und zum Frieden kommt (Ps 42,12; 43,5). Inwiefern brauchten die Kolosser Trost? War es deswegen, weil Paulus sie von etwas lösen musste, worauf sie langsam vertrauten? Gab er ihnen darüber Trost? Trösten ist ein etwas weiterer Ausdruck, als nur Trauer beseitigen. „Wer aber weissagt, redet den Menschen…zur Tröstung“ (1. Kor 14,3). Wenn die Kolosser ein Manko oder Defizit hatten, dann haben sie doch schon irgendwie gelitten ohne dass sie es merkten. Eine Seele, die nicht mehr ganz in Kontakt mit Christus ist und Ihm andere Dinge vorzieht, ist letzten Endes nicht wirklich glücklich. Man wird einfach glücklich und getröstet, wenn die Person des Herrn wieder vor der Seele steht und ihren Einfluss gewinnt, die Herzen werden besänftigt (vgl. Ruth 2,13). Die Wahrheit tröstet, während der Irrtum unglücklich macht. Es gibt keinen besseren Weg, Unruhe zu beseitigen, als mit der Wahrheit zu trösten.

Dieser treue Apostel hatte übrigens in Kolossä selbst einen Mitarbeiter, der diese viele Mühe um die dortigen Gläubigen mit ihm teilte, nämlich Epaphras, der allezeit für sie rang in den Gebeten (Kol 4,12). Möchte der Herr es auch heute noch schenken, dass es immer noch Mit-Brüder zur Rechten und zur Linken gibt, die diese gleiche Mühe empfinden und sie auch nicht scheuen und die mit den gleichen Empfindungen mitkämpfen.

Wenn der Herr Jesus als Christus in mir den ersten Platz einnimmt (Vers 27), wird mich das niemals von den Brüdern trennen, sondern mich immer mit ihnen vereinigen in der Liebe, die durch Ihn offenbart und durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen worden ist. Die Auswirkungen der Beschäftigung mit der Wahrheit Gottes hat immer diese praktische Konsequenz. Das ist die praktische Einheit der Gläubigen. Wenn das nicht der Fall ist, wenn die Lehre nicht diese lieblichen Konsequenzen hat, dann ist sie nicht richtig dargestellt oder nicht richtig verstanden worden. Und darüber hinaus hat das Vereinigtsein in Liebe auch eine defensive, abweisende Wirkung im Blick auf das Böse, dass wir nicht so rasch anfällig sind für die Stimmen der Verführer.

Und dadurch werden unsere Herzen geöffnet für diesen unergründlichen Reichtum dessen, was wir in unserem Herrn empfangen haben. Reichtum wovon? Von der vollen Gewissheit des Verständnisses. Verständnis worüber? Über das Geheimnis Gottes, von dem wir in Vers 27 gelesen haben. Das ist die volle Gewissheit des Verständnisses, und das ist ein Reichtum, über den hinaus wir nichts mehr bekommen können. Wie kommen wir also zu dieser vollen Gewissheit des Verständnisses? 2. Tim 3,14 gibt eine gute Hilfe dazu. Da wird dem Timotheus gesagt, dass er bleiben soll in dem, was er gelernt hat. Wir müssen auch bleiben in dem, was uns geschenkt worden ist; bleiben in der Wahrheit Christus in uns, und nicht jeder Stimme der Verführer das Ohr leihen, wenn jemand kommt und etwas anderes erzählen will. Und dann wird dem Timotheus noch hinzugefügt, dass er weiß, von wem er gelernt hat. Das, was uns über diese Wahrheit gelehrt worden ist, das ist göttlichen Ursprungs, das hatte Paulus durch Offenbarung empfangen und uns weitergegeben. Das bedeutet Sicherheit, weil es von Gott kommt.

In Heb 10,22 haben wir die volle Gewissheit des Glaubens, dass wir die Freimütigkeit zum Zutritt in das Heiligtum haben. In Heb 6,11 haben wir die volle Gewissheit der Hoffnung im Blick auf das Kommende. Aber hier bezieht es sich auf etwas, was uns persönlich praktisch betrifft. Nicht, dass wir das nur alles wissen, sondern dass wir die volle Gewissheit des Verständnisses haben, eine völlige Herzensüberzeugung dieser Wahrheit, dass Gott Seinem Christus einen Platz in unserem Leben gegeben hat. Wir besitzen dadurch jetzt den in unserem Leben, bei dem wir die Ewigkeit verbringen werden, Ihn sehen werden. Aber das wird niemand anderes sein, als der, der jetzt schon in uns ist.

Die Erkenntnis des Geheimnisses Gottes ist in erster Linie abhängig von unseren Zuneigungen zu Christus! Es nicht in erster Linie ein intellektuelles Erfassen dieser Wahrheit, sondern es muss verbunden werden mit unseren Zuneigungen zu Christus, dann werden wir zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes kommen.

Frage: Ist das Geheimnis Gottes identisch mit Kap 1,27, oder ist es ein erweiterter Gedanke, der alles das umfasst, was Gott uns im Neuen Testament von Christus offenbart hat?

Antwort: Es scheint eher so zu sein, dass wir hier ein ganz breites Spektrum haben, dass alle die Gedanken einschließt, die im Alten Testament nicht offenbart waren, alle neutestamentlichen Wahrheiten.

„…in dem verborgen sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“ (Vers 3)

In dem Geheimnis Gottes sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis zu finden. Alles, was wir brauchen für das Glück unserer Herzen als Glaubende, ist in diesem Geheimnis Gottes, dessen Zentrum Christus ist, enthalten. Wir haben alles in Christus, was wir brauchen für das Glück unserer Herzen, und das bewahrt uns vor Verführung. Die Kolosser standen in der Gefahr, Weisheit und Erkenntnis außerhalb dieser Person zu suchen. Aber in diesem Geheimnis Gottes ist etwas verborgen, was es in der ganzen Welt nicht gibt; es muss also erforscht werden, und solche Konferenzen sind eine Gelegenheit, diese Tiefen zu erforschen.

Wer also dieses Geheimnis Gottes nicht kennt, kann auch die anderen Schätze nicht erfassen. Wenn z.B. jemand die Gedanken Gottes über Christus und die Versammlung nicht kennt oder nicht wichtig nimmt und abweist, dann wird er auch die anderen Gedanken Gottes im Blick auf die Welt oder im Blick auf Israel nicht erfassen. Wer die Versammlung nicht versteht, der schmeißt sie in einen Topf mit Israel usw. Und alle Vorrechte sowohl des einen als auch des anderen gehen dabei verloren. Das Geheimnis Gottes zu kennen ist also der Schlüssel dafür, auch die anderen Gedanken Gottes, die Er hat im Blick auf Christus recht zu verstehen. Wer also die Gedanken über die Versammlung nicht kennt, der verliert nicht nur die Versammlung in ihrem Wert, sondern er verliert auch alles andere. In dem Geheimnis Gottes sind also tatsächlich alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen. Und wenn dieser Epaphras im Kampf des Paulus mitrang, dann hatte er auch das gleiche Ziel, nämlich dass die Kolosser in allem Willen Gottes völlig überzeugt stehen möchten (Kol 4,12). Dieser Wille Gottes ist eine Parallele zu dem Geheimnis Gottes. Wenn das Flehen und das Ringen im Gebet für diese Dinge fehlt, werden wir uns nicht wundern müssen, wenn die Ergebnisse ausbleiben!

Was ist eigentlich mit diesen Schätzen der Weisheit und der Erkenntnis gemeint? Ein Teilaspekt davon sind sicher auch die zukünftigen Wege Gottes mit Israel. Sie werden von Paulus in Römer 9 bis 11 behandelt, und er beschließt sie mit genau diesen Worten (Röm 11,33). Und das ist nur ein Nebenschauplatz, es ist nicht das Zentrum, das ist die Versammlung in ihrer Beziehung zu dem Haupt. Je mehr wir uns mit den Wegen Gottes mit den Menschen und den Völkern beschäftigen, umso mehr sieht man, dass das alles von einer ewigen göttlichen Weisheit in Vollkommenheit geordnet ist! Den Korinthern gegenüber konnte Paulus wegen ihres Zustandes diese Weisheit Gottes nicht weiter entfalten (1. Kor 2,6+7).

„Dies aber sage ich, damit niemand euch verführe durch überredende Worte“ (Vers 4)

Verführung ist, wenn jemand kommt, und wir meinen, er kommt von oben, aber er kommt von unten. Ein Verführer kommt nicht und sagt: Ich bin ein Verführer, ich komme vom Feind und will dich von Christus wegbringen. Ein Verführer spricht sehr lieblich durch überredende Worte (Röm 16,18). Durch verführende Worte versucht man, die Herzen der Zuhörer für sich zu gewinnen. Absalom hatte durch verführende Worte das Herz der Männer von Israel gestohlen (2. Sam 15,6+13); sie waren auf ihrem Weg zu dem wahren König von ihm verführt worden. Und die ehebrecherische Frau hat den unverständigen Jüngling durch ihr vieles Zureden und die Glätte ihrer Lippen verleitet (Spr 7,21).

Ist das, was an unsere Ohren kommt, nach Christus oder nicht? Woher kommt das, was ausgeführt wird, was ist die Quelle? Kommt es von dem, der uns berufen hat, von Gott (Gal 5,8), oder nicht? Das ist das Entscheidende. Und in Vers 8 wird auch deutlich, was das Unterscheidungsmerkmal ist. Die Überlieferungen der Menschen, die Elemente der Welt passen nicht zu Christus. Auch die mancherlei und fremde Lehren (Heb 13,9) passen nicht zu Christus. Dass das oft mit sehr schönen Worten vorgetragen wird, ist ein zweiter Punkt.

Wenn Brüder in ihrem Dienst besonders schöne Ausdrücke machen wollen und wenig den Herrn Jesus in den Mittelpunkt stellen, dann besteht die Gefahr, dass die Zuhörer das Verkehrte mitnehmen. Auch das ist eine List des Feindes, auch das sind überredende Worte. Trotzdem wollen wir aber auch, wenn wir Dienste am Wort tun, nicht nur schrecklich ernst gucken, sondern das in einer freundlichen Weise vortragen – aber das Entscheidende ist, dass es nach Christus ist!

Wir können dankbar sein, dass wir diesen überredenden Worten der Verführung nicht hilflos ausgesetzt sind. Wenn wir das Bild gesunder Worte festhalten (2. Tim 1,13), dann werden wir die gesundmachende und stabilisierende Wirkung dieser Worte erfahren. Wenn wir uns viel damit beschäftigen, dann wird das auf uns eine gesunderhaltende Wirkung ausüben. Die überredenden Worte haben sehr viele Schattierungen, deshalb müssen wir das Bild gesunder Worte festhalten und dafür einstehen – nicht mit den Waffen der Welt, die fleischlich sind, sondern mit den Waffen aus der Hand Gottes.

„Denn wenn ich auch dem Fleisch nach abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch, mich freuend und sehen eure Ordnung und die Festigkeit eures Glaubens an Christus“ (Vers 5)

Durch die ausgewogene Berichterstattung des Epaphras hatte Paulus ein gutes Bild von dem Zustand in Kolossä. Und er freute sich mit echter Freude über das, was er so bei ihnen sehen konnte. Wenn er auch körperlich nicht anwesend war, so war er doch im Geiste bei ihnen. Und er freute sich über ihren praktischen Glauben an Christus. Hier steht vor Glaube nicht der Artikel, hier ist mit Glaube die sittliche Energie gemeint, diese persönliche Glaubensenergie, die bei den Kolossern vorhanden war. In Vers 7 steht dann vor Glaube der Artikel, und dann ist damit immer das, was geglaubt wird gemeint, das ganze Glaubensgut, das wir nicht antasten dürfen!

Wir sollten nicht zu schlimm über die Kolosser sprechen, sie hatten noch einen recht guten Zustand, wahrscheinlich besser sogar als unser Zustand heute ist, sie standen noch auf der richtigen Grundlage. Die Gefahren, die Paulus bei ihnen sah, die ihnen drohten, denen sind wir heute schon erlegen! Und hier kann er noch eine äußere Ordnung anerkennen, eine Festigkeit des Glaubens – aber im Inneren, im Herzen war ein Manko, ein Defizit, und deshalb folgen ab Vers 6 Ermahnungen.

 „Wie ihr nun den Christus Jesus, den Herrn, empfangen habt, so wandelt in ihm“ (Vers 6)

Es ist absolut gefährlich und ernst, dass man einerseits Ordnung haben kann, also in äußerer Übereinstimmung mit Gottes Wort sein kann (1. Kor 14,33), und zweitens auch persönlichen Glauben an den Herrn Jesus haben kann und in diesem Glauben leben kann – und dass das trotzdem nicht genug ist! Wenn wir in die Versammlung von Ephesus zur Zeit des Sendschreibens hineinschauen, sehen wir dort auch eine gewisse Ordnung; da wurde noch ausgeharrt, da gab es Werke, da wurden auch noch die falschen Apostel abgewiesen. Aber es fehlte der erste Impuls als Liebe für Christus (Off 2,4). So ähnlich kann man den Zustand in Kolossä auch sehen. Hier war Ordnung, hier war Glauben, aber was so oft schon vorgekommen ist im Leben von Gläubigen: sie merken nicht, dass das, was ihnen gebracht wird, die Grundlage ihres Glaubens zu zerstören beginnt. Philosophie und menschliche Traditionen zerstören unbedingt die Grundlagen des Glaubens. Also eine gute Ordnung und allein der Glaube an den Herrn Jesus bewahrt uns nicht, wir müssen eine feste, gesicherte Grundlage haben in dem Glauben, in dem Glaubensgut, das wir nicht antasten lassen dürfen!

Und hier führt deshalb auch der Heilige Geist die Gläubigen zurück zu dem, was von Anfang war. So, wie sie Ihn empfangen hatten, wie sie Ihn damals aufgenommen hatten bei ihrer Bekehrung, so in der gesunden Lehre – darin sollten sie weitergehen. Das ist das Bewahrungsmittel. Bei ihrer Bekehrung hatten sie Christus Jesus, den Herrn, empfangen, sie hatten diese wunderbare Person kennengelernt. Und dieser Christus ist genug, mehr braucht man nicht.

Es ist hier eine interessante Zusammenstellung der Namen der Person des Herrn Jesus: Christus Jesus, der Herr. Christus, der Gesalbte, der Gegenstand und das Glück unserer Herzen; Jesus, der hier auf Erden gewandelt ist, das Fleisch gewordene Wort, und der unser Herr geworden ist, dem wir gehorchen. Den haben wir empfangen bei unserer Bekehrung, und jetzt folgt die Ermahnung: wandelt in ihm! Das Gewicht liegt darauf, in Ihm zu wandeln. Wir können für Ihn wandeln, wenn wir Ihm dienen; wir können durch Ihn wandeln in Seiner Kraft; aber hier geht es darum, in Ihm zu wandeln, d.h. in täglicher unmittelbarer Gemeinschaft mit Ihm. Einen ähnlichen Gedanken haben wir in Joh 15,7, wo gesagt wird, dass wir nur Frucht bringen können, wenn wir in Ihm bleiben.

„…gewurzelt und auferbaut in ihm und befestigt in dem Glauben, so wie ihr gelehrt worden seid, überströmend [darin] mit Danksagung“ (Vers 7)

Wir sollen so in Ihm wandeln, dass wir unsere Quelle und auch unser Fundament in Ihm haben. Es geht jetzt um die inneren Beziehungen zum Herrn. Und da hatte der Apostel bei den Kolossern dieses Defizit erkannt und legt jetzt den Finger darauf. Gelehrt worden waren die Kolosser wohl durch Epaphras, denn Paulus war nie bei ihne gewesen. Sie hatten den Herrn empfangen, und jetzt sollten sie in Ihm auch wandeln. Sie sollten in Gemeinschaft mit Ihm und in Abhängigkeit von Ihm ihre Quelle der Nahrung und auch ihr Fundament, ihre Standfestigkeit, in Ihm finden.

Zuerst empfangen wir also diese wunderbare Person (Vers 6), und dann haben wir auch dieses ganze christliche Glaubensgut. Darin sollen wir befestigt werden. Und wir sollen auch nicht überströmend sein mit Kritik, sondern mit Danksagung. Es ist doch eine Gnade, wenn auch in unseren letzten Tagen noch die ganze christliche Wahrheit in den Zusammenkünften vorgestellt wird. Wir wollen darüber ein dankbares Herz haben! Erst wenn wir einmal anfangen, für diese Segnungen des christlichen Glaubensgutes wirklich zu danken, erst dann werden wir sie verstehen, genießen und darin glücklich sein. Wann haben wir das letzte Mal dafür gedankt?

„Gebt acht, dass nicht jemand da sei, der euch als Beute wegführt durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christus“ (Vers 8)

Und wir müssen Acht geben. Philosophie ist das Erforschen dessen, was Gott ist, wer der Mensch ist und was der Sinn des Lebens ist. Es ist dem Menschen einfach nicht gegeben, diese Dinge zu erforschen. Wir wissen nur, wer Gott ist, durch das, was Er von sich offenbart. Und wir wissen, was der Mensch ist, durch das, was Gott von ihm offenbart. Er sagt nicht, dass in jedem Menschen ein guter Kern ist. Er sagt: „Verderbt und voll Gewalttat“. Und Gott sagt uns auch, was der Sinn des Lebens ist: die Annahme des Herrn Jesus im Glauben.

Und diese Überlieferungen, die mehr die jüdische Seite dieser beiden Gefahren sind, sind in Teilen wohl von Gott gegeben worden, aber es sind ihnen menschliche Gedanken hinzugefügt worden. Die Philosophie und die Überlieferung der Menschen scheinen ein wenig ineinanderzugreifen. Sie sind nach den Elementen der Welt und nicht nach Christus – sie passen nicht zu Christus.

Und dann stellt er ihnen diese wunderbaren zwei Tatsachen entgegen. Zunächst, dass in Ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt. In diesem wunderbaren, vollkommenen Menschen ist die völlige Darstellung der Gedanken Gottes vor uns. Und zweitens, dass wir vollendet sind in Ihm, d.h. dass wir eine vollkommene Stellung vor Gott haben. Der ersten wie der zweiten Tatsache kann durch Philosophie und durch Überlieferung nichts hinzugefügt werden. Es zerstört nur. In dem Herrn Jesus haben wir die ganze Darstellung der Gedanken Gottes, und wir sind in Ihm in einer vollkommenen Stellung vor Gott. Dem kann nichts hinzugefügt werden!