„Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes“ (Kol 3,1)

Es ist auffallend, dass die drei Lehr-Briefe alle einen belehrenden Teil haben und anschließend einen ermahnenden Teil. Im Römer-Brief beginnt der ermahnende Teil mit Kap 12, im Epheser-Brief mit Kap 4, und hier im Kolosser-Brief mit Kap 3. Kol 2,20–23 gehört noch zu dem lehrmäßigen Teil des Kolosser-Briefes, denn in Kolosser 2 haben wir diese lehrmäßigen Warnungen des Apostels vor den Gefahren, von denen in diesen Versen die letzte Warnung vor uns kommt. Und jedesmal schließt die Ermahnung an die vorangegangene Belehrung an. Daraus müssen wir einen wichtigen Grundsatz ableiten. Manchmal wird ja gesagt, dass die Lehre nicht so wichtig sei, Hauptsache sei, die Praxis stimmt. Aber die Anordnung in diesen drei Lehr-Briefen zeigt, dass dieser Satz nicht haltbar ist. Wir können nur dann einen dem Herrn wohlgefälligen praktischen Wandel führen, wenn wir vorher darüber belehrt worden sind. Die Praxis gründet sich auf die gekannte Lehre.

Alle drei Lehr-Briefe schildern übrigens Christus zur Rechten Gottes. Im Römer-Brief ist der Herr zur Rechten Gottes, um sich dort für uns zu verwenden (Röm 8,34). Im Epheser-Brief ist der Christus zur Rechten Gottes der Ausdruck unserer Stellung (Eph 1,20). Und hier im Kolosser-Brief ist Christus zur Rechten Gottes unser Leben, unser Leben ist dort. Der Herr Jesus wird hier als der Christus vorgestellt, d.h. als der, der als Mensch das ganze Wohlgefallen Gottes erfüllt hat bis hin zum Tod am Kreuz. Und deshalb hat Gott Ihn hoch erhoben, und deshalb ist Er jetzt der Mensch des Wohlgefallens Gottes. Nur in 1. Kor 12,12 meint der Ausdruck der Christus Christus und die Versammlung, hier ist das nicht gemeint, es ist die Beschreibung unseres Herrn in Seiner höchsten Herrlichkeit als Mensch und als Ausdruck der Freude und des Wohlgefallens Gottes. Dort ist Er jetzt im Zentrum der Macht; diese Macht übt Er jetzt noch nicht öffentlich aus, aber Er wird es einmal tun.

Der Römer-Brief bringt uns aus Ägypten in die Wüste, der Epheser-Brief bringt uns durch den Jordan in das Land. Der Kolosser-Brief liegt genau dazwischen; er bringt uns durch den Jordan an die andere Seite des Jordan, aber wir haben das Land noch nicht in Besitz genommen. Deshalb werden wir aufgefordert, zu suchen, was droben ist. Das ganze Land liegt vor uns, wir sind motiviert, es kennenzulernen, und setzen dafür alle Energie ein. Aber was tun wir nicht? Wir wenden uns nicht zurück in die Wüste. Das Volk kannte den verheißenen Segen des Landes durch die Schilderung Gottes. Unvorstellbar, dass sie sich hätten zurück sehnen mögen? Und das ist das Bild, das wir hier auch haben: nicht mit den Dingen der Erde beschäftigt zu sein, sondern die ganze Ausdehnung des Landes vor uns zu haben und das zu suchen, was droben ist, wo der Christus ist.

Der Kolosser-Brief führt uns nicht auf solche Höhen, wie es der Epheser-Brief tut. Im Epheser-Brief sind wir versetzt mit Christus in die himmlischen Örter. So weit geht der Kolosser-Brief an keiner einzigen Stelle. Und doch gibt Gott trotz des etwas niedrigeren Zustandes der Kolosser uns diesen Brief. Wir würden diese köstlichen Ermahnungen, das zu suchen, was droben ist, und darauf zu sinnen, nicht haben, wenn wir nur den Epheser-Brief hätten. Dort sind wir schon im Himmel, da müssen wir nicht ermahnt werden, darauf zu sinnen. Aber hier sind wir eben noch auf der Erde, und wir haben Ermahnungen, die für unsere Seelen über die Maßen kostbar sind.

Ohne Kap 3,1 wäre Kap 2,20 eine lebenslange Selbstquälerei! Wenn man verwirklichen möchte, mit Christus gestorben zu sein und seine Glieder töten will, ohne dass man weiß, man ist mit Christus auferweckt und hat in Ihm neues Leben empfangen, dann ist das eine endlose Quälerei, im Grunde der Zustand, der in Römer 7 beschrieben wird. Man versucht immer, das Alte im Tode zu halten, vermag es aber nicht, weil man nicht verinnerlicht, dass der Herr noch viel mehr für einen getan hat. Das, was hier in diesem Vers beschrieben wird, ist unsere wahre Stellung. Sie geht allerdings hier im Kolosser-Brief nicht so weit wie im Epheser-Brief, wo wir mit Ihm versetzt sind in die himmlischen Örter.

Hier steht übrigens nicht, dass wir den suchen sollen, der droben ist, sondern das, was droben ist. Natürlich ist das die Person des Herrn Jesus, aber das, was Ihn betrifft, das, was Seine Gedanken sind. Das ist es, was wir suchen sollen. Hier ist nicht Christus als zukünftiges Ziel unseres Strebens gemeint, sondern als der, der jetzt der Inhalt unseres Lebens ist. Das Suchen ist nicht im Blick auf die Zukunft gemeint, sondern jetzt sollen wir suchen, was droben ist. Wir sind in eine vollkommen neue Lebensposition gebracht worden, auf den Boden der Auferstehung.

Man kann das vielleicht ein wenig verdeutlichen an der Person des Herrn Jesus. Der Herr Jesus hat in Seinem Leben vor dem Kreuz an Fleisch und Blut teilgenommen, ist in jeder Sache versucht worden wie wir, ausgenommen die Sünde, Er war wahrhaftig Mensch und hat sich damit – ohne Sünde – auf unsere Stufe gestellt. Dann ist Er gestorben, der Sünde gestorben, bis dahin lebte Er in einer Welt der Sünde, war täglich umringt von der Sünde, die auf Ihn andrängte; und dieses Leben inmitten einer Welt der Sünde hat Er durch Sein Sterben beendet. Damit ist Er der Sünde gestorben. Es ist also die Beendigung eines Lebens inmitten einer Welt, in der wir von Sünde umgeben sind. Und dann ist Er auferstanden und hat in den vierzig Tagen vor Seiner Himmelfahrt eine Stellung eingenommen, in der Er eigentlich schon nicht mehr zu der Erde gehörte. Das wird in Seiner Begegnung mit Maria Magdalene deutlich; dort sagt Er ihr mit dem „Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren…“ (Joh 20,17), dass Er zwar noch auf der Erde war, aber nicht mehr dazu gehörte. Und so gehören auch wir nicht mehr zu dieser Welt, wir sind zwar noch dem Leib nach darin, was aber unsere Natur und unsere Stellung betrifft, gehören wir nicht mehr dazu – wir sind eins mit dem auferstandenen Christus. Wieviel kennen wir davon?

Hier werden uns also Fakten vorgestellt, Stellungen, die wir durch den Tod und die Auferstehung des Herrn bekommen haben. Das ist übrigens die Stellung aller Gläubigen! Es gilt nicht nur denen, die etwas davon verstehen, sondern was hier geschildert wird ist die Stellung aller wahren Kinder Gottes – sie sind gestorben mit Christus, so sieht Gott sie, und sie sind mit Ihm auferweckt in eine neue Welt. Bruder Heijkoop hat dazu einmal den Ausdruck Auferstehungswelt geprägt, und man kann es kaum besser ausdrücken. Es ist die neue Welt, in die wir hineingekommen sind. Der Herr Jesus selbst hat es einmal so ausgedrückt: „Die aber für würdig erachtet werden, jener Welt teilhaftig zu sein…sind Engeln gleich und sind Söhne Gottes, da sie Söhne der Auferstehung sind“ (Lk 20,35+36). Außerordentlich schön – Söhne Gottes und Söhne der Auferstehung; und sie leben in einer Welt, die durch den auferweckten Christus gekennzeichnet ist. Er ist der Mittelpunkt dieser Welt; und dort sind unsere Zuneigungen und unsere Beweggründe.

Sitzend zur Rechten Gottes ist der Platz, den der Herr Jesus ganz allein für Sich einnimmt. Diesen Platz werden wir nie mit Ihm teilen. Es ist der Platz der Anerkennung, den Gott Ihm gegeben hat. Und von da aus fließt jetzt jeder Segen zu uns.

„Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist“ (Vers 2)

Kolosser 3 zeigt uns die wahre Quelle der Heiligung, wie Heiligung in göttlichem Sinn vor sich geht. Es ist das Emporziehen der Seele zu Christus. Wir haben hier unmittelbar nacheinander eine Ermahnung und dann ihr direktes Gegenteil dazu. Es ist gleichsam dem Heiligen Geist nicht genug, zu sagen, wir sollen auf das sinnen, was droben ist. Diese gegensätzliche Verneinung ist relativ selten in der Bibel. Aber um der Wichtigkeit des Gegenstandes willen tut Gott das hier.

Alle Aufforderungen in diesen Versen werden vom Apostel auch immer gleich begründet. In den ersten zwei Versen ist die Aufforderung, zu suchen und zu sinnen auf das, was droben ist. Dabei scheint das Sinnen eine intensivere Form zu sein, als das Suchen. Wenn man eine Fremdsprache lernt, dann lernt man zuerst die Wörter der fremden Sprache und spricht diese Sprache, aber man denkt noch in der eigenen Muttersprache. Aber wenn man länger dabei bleibt, beginnt man – ohne es bewusst zu merken – auch in der fremden Sprache zu denken. Und so scheint es auch mit diesen beiden Ausdrücken zu sein: je mehr wir uns mit dem beschäftigen, was droben ist, umso mehr werden wir auch lernen, mit Seinen Gedanken zu denken.

Wenn es hier heißt: „das, was…“, dann steht im Grundtext immer die Mehrzahl, d.h. „die Dinge, die…“. Es ist also nicht nur eine einzige Sache, sondern es sind die Dinge. Es ist ein ganzer Fächer von Segnungen, über die wir sinnen dürfen; aber es ist auch ein ganzer Fächer von Verlockungen, vor denen wir gewarnt werden. Was ist eigentlich droben? Nun, erst einmal ist Christus droben (Vers 1), der verherrlichte Herr. Beschäftigen wir uns in unseren Gedanken auch mit dem Herrn Jesus in diesem Charakter? Das ist Auferstehungswelt.

Was unser Suchen (Vers 1) und Sinnen (Vers 2) angeht, wird hier im Grundtext als ein fortwährender Vorgang gezeigt: sucht und sinnt beständig! Es ist übrigens nicht möglich, dass wir nach oben und nach unten zur gleichen Zeit gucken. Es ist nicht möglich, geteilte Zuneigungen zu haben, einmal nach oben und zur gleichen Zeit nach unten, das ist eine sittliche Unmöglichkeit. Und trotzdem ist die Gefahr da, dass wir sehr sehr viel auf das sinnen, was auf der Erde ist. Damit ist nicht gemeint, dass Berufstätige ihre Arbeit nicht für den Herrn tun sollen; wir müssen unsere Kraft einsetzen, um unsere Stellung auszufüllen, in die uns Gott auf der Erde gebracht hat. Aber das ist kein Sinnen, nicht ein Suchen nach etwas. Wir sollen unsere Arbeit hier für den Herrn tun, und doch geht das Sinnen nach oben. Die wahre Herzensrichtung geht nach oben, wo der Christus ist. Da suche ich das Glück meines Herzens!

Daniel als ein Beispiel aus dem AT war in irdischen Verpflichtungen, die er sehr akkurat und sorgsam vollzogen hat, so dass selbst seine Feinde keinen Anlass der Anschuldigung bei der Ausführung seiner irdischen Verpflichtungen fanden. Fragen wir uns einmal: war Daniel deshalb irdisch gesinnt, ging der Zug seines Herzens dahin, wo auch seine hohe irdische Stellung war? Nein, der Zug seines Herzens ging zu Gott, und das prägte sein Leben. Seine Heimat war nicht da, wo seine Füße standen. Wir müssen immer bedenken, dass unsere Füße dem Herzen folgen, und nicht umgekehrt.

Es werden hier typische Verhaltensweisen der neuen Natur beschrieben. Dieses Sinnen und Trachten zeigt, wohin der Zug unseres Herzens geht. Das ist sehr bedeutsam für unsere Glaubenspraxis, weil es uns zeigt, dass wir in der Tat verstanden haben, dass unser eigentliches Leben droben ist. Wenn wir verstanden haben, wer Er ist, geht der Zug unseres Herzens nicht zu den irdischen Dingen. Wir müssen die Herzenshaltung eines Asaphs aus Ps 73,25 haben: „Wen habe ich im Himmel? Und neben dir habe ich an nichts Lust auf der Erde“! Der Herr Jesus hat in Lk 12,34 selbst gesagt: „Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein“. Wenn das so ist, dann suchen wir das, was droben ist, wo der Schatz ist. Unser Sehnen geht dann nach den geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern. Und wir finden sie in Seinem Wort: „Glückselig der Mann, der…über sein Gesetz sinnt Tag und Nacht“ (Ps 1,2)!

Auch 2. Tim 2,7 liegt auf dieser Linie. Wir verlieren unendlich viel dadurch, dass wir wohl etwas gehört und vielleicht auch aufgenommen haben, aber nicht darüber sinnen. Ein Bauer würde sagen, Sinnen ist Wiederkäuen. Ruth hat nicht nur aufgesammelt, sondern auch ausgeschlagen. Und da wir alle wenig Zeit heute haben, müssen wir schauen, dass, wenn Gott uns etwas sagt, wir darüber sinnen, dass wir es bedenken, dass wir ein klein wenig mal stehenbleiben. Wir können das nicht im Schnellschritt machen. Das Ergebnis des Sinnens ist, dass wir Verständnis erlangen. Eine gute Hilfe dazu ist, wenn wir das Gehörte noch einmal schriftlich selbst formulieren; was man schreibt, ist einem näher, als was man hört. Man kann nur zuraten, die Gedanken mal schriftlich zu formulieren, da merkt man manchmal erst, was da wirklich gesagt worden ist. Dieses Sinnen ist ein so wichtiger Gegenstand, dass wir uns in unserer hektischen Zeit, wo die Midianiter kommen wie die Heuschrecken, uns etwas von dem Weizen, den Gott noch wachsen lässt, retten müssen! Zum Sinnen gehört aber auch unbedingt das Gebet dazu.

In Joh 17,19 sagt der Herr Jesus: „Ich heilige mich selbst für sie“; d.h. Er geht weg von dieser Erde in den Himmel, um dort der Anziehungspunkt der Herzen der Seinen zu sein. So werden wir geheiligt, nicht durch irgendwelche Versuche, sich zu bessern. Es ist allein der Umstand, dass der Herr unsere Herzen zu sich emporzieht und auch zu all den Segnungen, die dort mit Seiner Person verbunden sind. Das sollen wir suchen, und das können wir nicht so nebenbei machen; es ist etwas, das der Herr uns schenken möge, dass wir in aller Inbrunst uns auf den Herrn besinnen. Er ist droben, und alles andere ist unten. „Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“ (Mt 6,33). Es ist wie in dem Sendschreiben an Ephesus; es gibt keine zweite, minderwertigere Liebe, es gibt nur eine erste Liebe, und die muss Ihm gehören (Off 2,4).

Die Frau Lots blickte zurück zur Welt und erstarrte zur Salzsäule. Ein weiteres Beispiel für das Sinnen auf das, was auf der Erde ist, finden wir in den 2 ½ Stämmen Israels, die jenseits des Jordans bleiben wollten. Es gab ja zweierlei Menschen, die nicht in das Land wollten: die einen wollten zurück nach Ägypten – sie sind alle in der Wüste gestorben; und die anderen wollten zwar nicht nach Ägypten zurück, aber sie wollten auch nicht in das Land, weil sie auf das Irdische sannen. Das Irdische ist an sich nicht böse, aber wenn es alles für uns wird, dann wird es für uns zum Weltlichen. Wir trennen manchmal das Irdische von dem Weltlichen, alles Weltliche ist sowieso irdisch, aber alles Irdische ist nicht unbedingt weltlich. Aber alles Irdische kann zur Weltlichkeit werden für uns – sogar das Essen und Trinken. Von den Feinden des Kreuzes Christi wird in Phil 2,19 gesagt, dass sie auf das Irdische sinnen.

Und doch scheint im Kolosser-Brief das, was auf der Erde ist, mehr zu sein, als das Irdische. Offenbar denkt der Apostel dabei auch an diese Philosophien, die er verurteilt hatte. Auch in Vers 5 bei den Gliedern, die auf der Erde sind, geht der Gedanke weiter, als dass nur das Irdische gemeint ist. Im Kolosser-Brief scheint der Gedanke des Himmels den philosophischen Gedanken der Erde gegenüber gestellt zu sein.

„…denn ihr seid gestorben und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott“ (Vers 3)

Und dann folgt die Begründung. In Vers 3 zeigt er einen gegenwärtigen Grund, und in Vers 4 einen zukünftigen Grund. Vers 3 ist jetzt schon Tatsache, unser Leben ist jetzt schon mit dem Christus in Gott verborgen. Wir sind schon Himmlische. Der zukünftige Grund in Vers 4 ist, dass wir mit dem Christus in Herrlichkeit erscheinen werden, und dann wird gesehen, dass wir Himmlische sind. Es geht hier also darum, zu beginnen und darin fortzufahren, himmlische Gedanken zu denken. Und das tue ich, weil ich weiß, dass ich jetzt schon ein Himmlischer bin. Wenn ich meinem ungläubigen Nachbarn sage, dass ich ein Himmlischer bin, dann lacht er mich aus. Aber er wird einmal staunen, wenn ich mit dem Herrn Jesus kommen werde in Herrlichkeit. Und dieses Wissen ist der Grund dafür, dass ich mich jetzt schon mit dem Himmlischen beschäftige.

Es geht hier nicht etwa um die Versammlung, um den korporativen Geischtspunkt, sondern um das neue Leben, das Auferstehungsleben eines jeden von uns persönlich. Jeder ist angesprochen, zu suchen und zu sinnen auf das, was droben ist, weil jeder von uns jetzt schon ein Himmlischer ist und weil jeder von uns einmal kommen wird mit dem Himmlischen in Seiner Herrlichkeit. Jeder Christ kann sagen: Christus ist mein Leben! Das geht so weit, wie in Gal 2,20 gesagt wird: „Ich bin mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“.

Was ist das neue Leben eigentlich? Das neue Leben ist die neue Natur, die Natur Gottes, in einem gewissen Sinn ist es Christus selbst. In Ihm haben wir das ewige Leben, Er ist die Quelle dieses Lebens, Er ist der Erhalter dieses Lebens, und Er ist auch der Vollender dieses Lebens. Und Er ist in Gott verborgen, heute vor der Welt verborgen. So ist auch unser Leben; es ist in Ihm, aber eben auch verborgen. Was seine Quelle angeht und auch seine Auswirkungen – es ist verborgen in Gott. Das bedeutet, dass die Menschen nicht verstehen, was das bedeutet. Sie haben Gott nicht erkannt, sie haben auch Christus nicht erkannt (1. Joh 3,1). Und so ist auch unser Leben mit dem Christus verborgen in Gott, und die Welt erkennt es nicht. Wir teilen das Los mit unserem Herrn, dessen Motive und dessen Wege nie wirklich verstanden wurden.

Und ein weiterer beglückender Gedanke ist, dass das Leben auch dadurch sicher ist, dass es verborgen ist in Gott. Das natürliche Leben, das Gott uns geschenkt hat, haben wir weggesündigt. Der Tod kam hinein, weil wir der Sünde gefolgt waren. Aber dieses neue Leben ist sicher, absolut sicher. Manche behaupten, wir könnten dieses Leben wieder verlieren. Aber das würde bedeuten, dass auch Christus wieder aus dem Himmel entfernt werden müsste! Dann würde Gott das Opfer Seines Sohnes verwerfen – unmöglicher Gedanke!

In diesem Vers kommt sich der Apostel Paulus mit dem Apostel Johannes sehr sehr nahe. Sie haben ja nicht unterschiedliche Lehren, aber sehr wohl unterschiedliche Blickwinkel über die Lehre; und hier haben wir das Leben vorgestellt, was das eigentliche Thema von Johannes ist.

Als der Herr Jesus auf der Erde war, da war das Leben nicht verborgen, da wurde Sein Leben gesehen, offenbart. Das Leben ist das Licht der Menschen (Joh 1,4). Aber jetzt, nachdem Er zurückgekehrt ist in den Himmel, ist Sein Leben verborgen in Gott. Vers 3 steht also einmal im Gegensatz zu der Zeit, wo der Herr Jesus auf der Erde war, und es steht zweitens im Gegensatz zu dem, was dann in Vers 4 folgt, dass Er kommen wird, um offenbar zu werden. Und in der Zwischenzeit, zwischen Seiner Himmelfahrt und Seinem Offenbar-Werden, ist das Leben verborgen in Gott. Und dort genießt der Herr jetzt droben die Gemeinschaft mit Seinem Vater. Und das ist auch mein Platz: unser Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott –das macht mein Glück aus, und das macht meine Sicherheit aus!

„Wenn der Christus, unser Leben, offenbart werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbart werden in Herrlichkeit“ (Vers 4)

Das neue Leben ist so sicher, dass, wenn der Moment der Verherrlichung kommt, nicht nur Christus sondern auch wir mit Ihm offenbar werden. Das können wir nicht fassen! Es kommt jener Tag, wo „Christus verherrlicht wird in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“ (2. Thes 1,10). Wie das im Einzelnen sein wird, hat uns die Schrift nicht gesagt. Aber Gott läßt es sich nicht nehmen, die Herrlichkeit Seines Sohnes ans Licht zu bringen. Und wenn wir bedenken, dass wir schwachen Menschen berufen sind, Seine Herrlichkeit zu vermehren, dann werden wir zur Anbetung geführt.

„Und wenn wir nach dieser Zeit dort mit Dir verherrlicht stehen,

wird doch jeder an uns sehen, Herr, nur Deine Herrlichkeit“!

Wir werden in jener absoluten Herrlichkeit, die Gott gehört, offenbart werden! „Wir rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes“ (Röm 5,2).

Hier geht die Ausdrucksweise noch weiter als in Vers 3; dort ist unser Leben mit Ihm verborgen in Gott, hier ist Er unser Leben selbst, nicht nur Quelle und Erhalter und Vollender dieses Lebens, sondern Er selbst ist dieses Leben. Das gibt dem Leben, das wir haben, seine wahre Qualität. In Phil 1,21 hat der Apostel übrigens einen ganz anderen Gedanken als hier in Vers 4, wenn es auch ähnlich klingt. Dort geht es um den Kontrast zwischen Leben und Sterben. Das Leben, das der Apostel Paulus als Mensch hier auf der Erde lebte, hatte als Zentrum Christus. Aber hier in Vers 4 ist das neue Leben gemeint, das jetzt verborgen ist mit dem Christus in Gott.

Es ist nützlich, wenn wir drei Aspekte unterscheiden:

  • das Werk Gottes, das für mich geschehen ist außerhalb von mir vor Gott, das ist die Sühnung für meine Sünden; meine Sünden standen vor einem heiligen Gott, und sie sind völlig ausgelöscht worden durch das Werk des Herrn für mich.
  • dann ist auch ein Werk des Herrn in mir geschehen, ich habe ein neues Leben empfangen, das ist das Werk Gottes in mir.
  • und dann ist noch wichtig, dass es auch noch etwas Drittes gibt, nämlich das Werk Gottes mit mir; ich bin von einem Boden auf einen anderen Boden gekommen.

Diese beiden Seiten des Werkes Gottes in mir und mit mir finden wir auch in Eph 2,5+6; wir sind mit dem Christus lebendig gemacht, das ist das Werk Gottes in mir; und wir sind mitauferweckt, d.h. auf einen neuen Boden gestellt worden, das ist das Werk Gottes mit mir. Und wir wollen immer dankbar dafür sein, denn unser Heiland hat schrecklich dafür gelitten.

Es wird ein gewaltiger Augenblick sein, wenn Christus offenbart werden wird. Nach Seiner Auferstehung ist Er 40 Tage lang nur von Gläubigen gesehen worden. Aber einmal wird Er auf diese Erde kommen und wird dann vor aller Augen offenbart werden.