„Alles, was mich angeht, wird euch Tychikus kundtun, der geliebte Bruder und treue Diener und Mitknecht im Herrn, den ich ebendeshalb zu euch gesandt habe, damit er eure Umstände erfahre und eure Herzen tröste“ (Vers 7+8)

Es folgen jetzt verschiedene Mitarbeiter des Apostels, zu denen jeweils ganz bestimmte auch für uns nützliche Dinge gesagt werden. Das Betrachten der jeweiligen Tätigkeiten der einzelnen Personen kann uns wertvolle Hinweise auch für unsere Dienste geben. Eine grundsätzliche Belehrung können wir aus diesen Belehrungen auch lernen: Wie sprechen wir über Diener des Herrn? Halten wir sie in Ehren, weil sie ein schweres Werk haben? Paulus spricht über ihre Vorzüge, er spricht über das, was sie in Hingabe für den Herrn tun. Manchmal kann es auch uns so gehen, dass wir eine Aussage treffen müssen über einen anderen Arbeiter im Werk des Herrn, vielleicht auch über einen jungen Bruder. Paulus hat das hier getan. Wir würden vielleicht nicht so viele Ausdrücke gebrauchen, wie z.B. bei Epaphras, und im Grunde drückt Paulus ihn betreffend aus: „das ist ein guter Mann“! Wir wollen gerade unsere jungen Brüder ermuntern, sich so zu benehmen, dass die Älteren sagen können: „das ist ein guter Mann“!

Wenn wir diese Personen und ihre Kennzeichen so vor uns haben, so scheint es fast wie eine gewisse Vorwegnahme vom Richterstuhl des Christus zu sein, als würde das Licht der Ewigkeit auf die Einzelnen fallen. Gewiss ist es hier Paulus, der sein Urteil hatte über diese verschiedenen Männer, aber es legt sich doch ein heiliger Ernst über diese Schilderung. Wie würde er von mir oder von dir sprechen? Der Herr Jesus wird einmal, wenn Treue da war, auch zu uns sagen: „Wohl, du guter und treuer Knecht“! Diese Billigung des Herrn wird uns alles bedeuten! Dafür kämpfen und leiden wir.

Tychikus ist der erste, der hier vor uns kommt. Er war ein Reisebegleiter des Apostels gewesen (Apg 20,4), und dann wird er verschiedene Male von dem Apostel mit verschiedenen Aufträgen gesandt, nach Kolossä (Kol 3,7+8), nach Ephesus (Eph 6,21+22 und 2. Tim 4,12), und nach Kreta (Tit 3,12). Er war der Überbringer von drei Briefen, die praktisch zur gleichen Zeit geschrieben wurden, und machte dabei eine große Reise von Rom ausgehend. Er war ein Diener, auf den sich der Apsotel in allen Umständen verlassen konnte und dem er vertraute. Er bekam hier von Paulus einen doppelten Auftrag: er sollte seine Umstände den Kolossern mitteilen, und er wollte über den Tychikus auch die Umstände der Kolosser erfahren. Es ist etwas Schönes, dieses gegenseitige Interesse zwischen Gläubigen an den Umständen des jeweils anderen zu erleben.

Er wird hier mit drei Auszeichnungen beschrieben:

  • er war der geliebte Bruder, ein Bruder, den man liebhaben musste, zu dem man eine hohe Wertschätzung haben konnte. Paulus hatte nicht einen Bruder gesandt, mit dem alle ein bisschen Mühe hatten, sondern er war auch von den Brüdern geliebt.
  • Dann war er auch ein treuer Diener; einer, der seinen Dienst in Treue vor dem Herrn ausführte. Treu ist man dem Herrn. Er war nicht nur einer, den alle mochten, sondern es war auch einer, der dem Herrn treu war.
  • Und dann war er auch Mitknecht im Herrn; er war nicht einfach allein unterwegs, sondern mit Paulus. Könnte man so von mir sprechen? Knecht zu sein ist zuerst eine persönliche Verantwortung zu dem Herrn, aber in diesem Dienst haben wir auch andere an unserer Seite, die mitarbeiten und mitkämpfen. Wir stehen nicht allein im Dienst, sondern der Herr stellt uns Mitknechte an die Seite. Es ist so wichtig, sich immer daran zu erinnern, dass man Mitarbeiter ist. Man trifft manchmal Brüder im Werk des Herrn, die können nicht besprechen, die können nur entscheiden. Das sind keine Mitarbeiter. Mitarbeiter reden miteinander und hören einander zu. Manchmal trifft man auch Brüder, die meinen, sie seien noch die einzigen, die gehorsam sind (vgl. Elia in Röm 11,2–4). Lasst uns bescheiden sein im Blick auf uns und als Mitknechte unseren Dienst erfüllen.

Paulus schreibt hier, dass er ihn zu den Kolossern gesandt habe. Das ist der sogenannte Brief-Aorist, eine Form des Ausdrucks der Vergangenheit, wo der Schreiber sich auf den Standpunkt der Empfänger des Briefes stellt. Als der Brief bei den Kolossern ankam, war es Vergangenheit, dass Paulus ihn gesandt hatte, deshalb drückt er sich so aus. Wir würden heute sagen: Den ich zu euch sende.

Tychikus sollte die Herzen der Kolosser dadurch trösten, dass er ihnen über die Umstände berichtete, in denen Paulus war.

„…mit Onesimus, dem treuen und geliebten Bruder, der von euch ist; sie werden euch alles kundtun, was hier geschieht“ (Vers 9)

Und dann wird noch der einst entlaufene Sklave Onesimus genannt, der auch jetzt als treuer und geliebter Bruder bezeichnet wird. Es sind hier die drei gleichen Wörter, wie sie auch bei Tychikus vorkommen. Und wenn es dann um das Mitteilen der Umstände des Paulus und seiner Gefährten geht, dann ist auf einmal Onesimus mit dabei; nicht Tychikus allein würde berichten, sondern „sie werden euch alles kundtun“. Wenn der Tychikus zuerst ein geliebter Bruder genannt wird, dann zeigt das etwas, was im Grunde jeder ist, Brüder sind eigentlich alles geliebte Brüder. Aber hier kommt doch für den Onesimus, der einst untreu und rebellisch war, die Auszeichnung, dass er zuerst treuer und dann geliebter Bruder genannt wird. Das ist ein Werk der Gnade. Diese beiden Männer verlassen jetzt Paulus.

„Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Neffe des Barnabas, dessentwegen ihr Befehle erhalten habt (wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn auf“ (Vers 10)

Aristarchus ist kein unbeschriebenes Blatt, er war ein tapferer Mitkämpfer und begegnet uns das erste Mal in Apg 19 in einer schwierigen Situation. Er war ein Mazedonier, von den Thessalonichern, ein Reisegefährte des Apostels Paulus (Apg 19,29; 20,4), er gehörte also nicht zu denen aus der Beschneidung (Kol 3,11). Er wird hier Mitgefangener genannt, und Epaphras wird Knecht Jesu Christi genannt (Vers 12). Im Philemon-Brief werden diese Beifügungen gerade wechselseitig verwendet, dort wird Epaphras der Mitgefangene genannt und Aristarchus wiurd als Mitarbeiter bezeichnet (Phlm 23+24). Man hat daraus gefolgert, dass eventuell diese beiden Brüder abwechselnd die Gefangenschaft des Apostels geteilt haben. Allerdings wurden beide Briefe zur gleichen Zeit geschrieben und versandt. Aber auf irgendeine Art haben diese beiden Männer das Los des Paulus geteilt.

Markus steht für Wiederherstellung, das ist der große und glückliche Gedanke, der mit Markus in Verbindung steht. Es gibt Wiederherstellung auch im Dienst für den Herrn. Allerdings hat die Entwicklung bei ihm nach seinem Versagen im Dienst Jahre gedauert, es ging nicht schnell. Erst nach zwölf Jahren wird er wieder erwähnt. Und weitere vier Jahre später wird in 2. Tim 4,11 von ihm gesagt, dass er nützlich im Dienst sei. Und später noch scheint er auch dem alternden Petrus gedient zu haben (1. Pet 5,13). Man könnte sagen, dass Wiederherstellung im Dienst eine größere Gnade ist, als wenn jemand, der ein Feind Gottes war, errettet wird. Neben Markus steht auch noch Petrus für Wiederherstellung. Das Besondere bei Petrus war, dass er sein Versagen sofort eingesehen hat, und so konnte es auch eine schnelle Wiederherstellung bei ihm geben. Aber bei Markus hat die Wiederherstellung einige Jahre gedauert, und es wird wohl eine gewisse Zeit gedauert haben, bis er seinen Fehler eingesehen hat. Wir lernen daraus, wenn etwas schnell eingesehen und bekannt wird, kann der Herr eine schnelle Wiederherstellung auch für den Dienst geben, aber wenn es eine lange Sache ist, geht es manchmal auch über Jahre, bis so jemand wieder für die Sache des Herrn benutzt werden kann.

Die Spur des Markus hatte sich vor 12 Jahren verloren. Er war der Grund gewesen für die Entfremdung, die zwischen Paulus und Barnabas aufgekommen war (Apg 15,36–41). Deshalb ist es sehr bemerkenswert, dass er auf einmal hier als Mitarbeiter des Paulus in Rom erscheint. Wie war er denn nach Rom gekommen? Darüber haben wir keine Kenntnis, aber es muss an seiner Seele ein Werk der Wiederherstellung geschehen sein. Die etwas hart erscheinende Haltung des Paulus in Apg 15,38 war sicher sehr nützlich für Markus gewesen. Diese Haltung war auch nicht nur Gnade gewesen sondern auch Salz. Die Heiligkeit Gottes wurde aufrechterhalten.

Markus wird hier als Neffe des Barnabas bezeichnet, aus der Apostelgeschichte gehen diese verwandtschaftlichen Beziehungen nicht so hervor. In Apg 13,5 wird nur gesagt, dass Barnabas und Saulus den Johannes (der auch Markus heißt) zum Diener hatten und dass dieser am Ende der ersten Schiffsreise in Perge sich von ihnen getrennt hatte und nach Jerusalem zurückgekehrt war (Apg 13,13). Lukas enthält sich dort jeden Kommentars, aber dort kam Markus her, dort befand sich das Haus seiner Mutter Maria (Apg 12,12). Auch bei ihm waren die verwandtschaftlichen Bande zu stark, als dass er die Strapazen und Gefahren im Werk des Herrn auf sich genommen hätte. Erst in Antiochien in Apg 15 entstand dann diese Erbitterung zwischen Paulus und Barnabas wegen Markus, die zur Trennung zwischen diesen beiden Dienern führte, und Barnabas nahm den Markus mit sich und segelte nach Zypern (Apg 15,39). Barnabas war ein Zyprier von Geburt (Apg 4,36), d.h. er hatte seine Heimat auf Zypern. Und er war ziemlich eng mit Johannes-Markus verwandt. Und in Apg 15 hat er wohl zu dem Markus gehalten, weil der sein Verwandter war. Die menschlichen Gefühle haben hier das geistliche Urteilsvermögen überschattet und negativ beeinflusst. Die familiären Verhältnisse und die Beziehungen zu der Heimat können das geistliche Urteilsvermögen ganz schwerwiegend beeinträchtigen! Deshalb ist es immer empfehlenswert, wenn es sich um irgendwelche Fragen von Zulassung oder Zucht oder Beurteilungen in der Versammlung handelt, dass sich Familienmitglieder da heraushalten. Enge Familienangehörige sollten bei solchen Behandlungsgegenständen aus der Brüderstunde solange hinausgehen, damit sie das Urteil der Brüder weder negativ noch positiv beeinflussen. Gerade durch familiäre Bande kann sehr schnell Parteigeist aufkommen, und es braucht viel geistliche Kraft, sich erheben zu können über solche verwandtschaftlichen Beziehungen. Die Verwandtschaft ist allerdings nicht völlig aus der Verantwortung genommen; wenn entscheidende Dinge aus der Verwandtschaft nur mir bekannt sind, muss ich sie natürlich den Brüdern offenbaren. Es ist übrigens festzustellen,dass es zu allen Zeiten auch des AT und des NT immer Verwandtschaft gegeben hat im Dienst für den Herrn, z.B. Mose zusammen mit Aaron, seinem Bruder, oder David mit den Söhnen der Zeruja, seinen Neffen, und auch unter den Jüngern des Herrn gab es leibliche Brüder. Es ist normal und auch biblisch, dass, wenn jemand zum Glauben kommt, dann auch noch Verwandte zum Glauben kommen – aber es kann zu einer Gefahr werden, wenn dabei nicht geistlich gehandelt wird.

Paulus hatte den Kolossern in Bezug auf Markus Befehle erteilt. Es ist hier wieder der Brief-Aorist; die Kolosser erhielten diese Befehle in dem Augenblick, als Tychikus und Onesimus dort ankamen. Offenbar hatte Paulus diesen beiden Gesandten bestimmte Anweisungen über Markus mitgegeben; Markus selbst aber war wohl noch im Auftrag des Paulus auf einer besonderen Reise befindlich und würde erst einige Zeit später als diese Beiden in Kolossä eintreffen. Also Tychikus wird den Kolossern diese Anweisungen des Paulus betreffs Markus übermittelt haben, und wenn der dann in Kolossä eintreffen würde, sollten sie ihn aufnehmen. Vielleicht bezogen sich diese Anordnungen gerade auf dieses Fehlverhalten des Markus; die Kolosser sollten wissen, dass er völlig wiederhergestellt war und jede denkbaren Vorbehalte sollten ausgeräumt sein. Wenn eine Wiederherstellung wirklich erwiesen ist und bezeugt wird, hat keine Versammlung der Welt das Recht, das nicht zu akzeptieren und einen solchen nicht aufzunehmen. Auch das ist ein Ausdruck der Einheit des Leibes. Allerdings konnte diese Empfehlung nicht von Markus ausgehen, er konnte sich nicht selbst empfehlen; eine solche Empfehlung kann nur von solchen geschehen, die wirklich Bescheid darüber wussten, dass die Sache wieder in Ordnung war. Es ist aber auch denkbar, dass sich diese Befehle auf spezielle Aufgaben des Markus im Werk des Herrn bezogen und nichts mit seinem vergangenen Fehlverhalten zu tun hatten.

Markus, ein Mann der ein Beispiel von Wiederherstellung im Dienst ist, darf später das Evangelium von dem vollkommenen Diener schreiben. Übrigens ist auch noch ein weiterer Schreiber eines Evangeliums dort in Rom bei Paulus, nämlich Lukas (Vers 14). Manche haben daraus vermutet, dass die beiden vielleicht ihre Evangelien dabei hatten. Einen Beweis für diese Annahme gibt es allerdings nicht. Aber die Weisheit und Souveränität, wie Gott die Schreiber Seines Wortes auswählt, ist bewundernswert: ein unnützer Diener schreibt das Evangelium über den vollkommenen Diener; und ein Arzt, ein Kenner des Menschen, schreibt das Evangelium über den vollkommenen Menschen.

„…und Jesus, genannt Justus, die aus der Beschneidung sind. Diese allein sind Mitarbeiter am Reich Gottes, die mir ein Trost gewesen sind“ (Vers 11)

Bei Jesus (die griechische Form des hebräischen Namens Josua), genannt Justus, wird noch die Bemerkung hinzugefügt, dass er gemeinsam mit Markus aus der Beschneidung war. Das muss für den Apostel ein besonderer Trost gewesen sein, denn er war im Gefängnis gerade wegen derer aus der Beschneidung. Aber nun waren auch solche noch bei ihm, die aus dem Judentum kamen und die sich auf die Seite des Herrn und damit auch auf die Seite des Apostels gestellt hatten. Das war ihm zu einem besonderen Trost, dass gerade solche klar Stellung bezogen hatten. Denn selten wenn je waren die aus der Beschneidung dem Apostel ein Trost oder zum Nutzen gewesen (Tit 1,10; Apg 21,20; Röm 15,30+31).

Sie werden dann noch als Mitarbeiter am Reich Gottes beschrieben. Warum nicht Mitarbeiter im Werk des Herrn? Es zeigt uns, welch einen festen Platz die Lehre von dem Reich Gottes bei den ersten Christen hatte. Fast in jedem Brief finden wir Hinweise darauf. Wie wichtig war es ihnen, dass Gott Seine Autorität auf dieser Erde in der Person Seines Sohnes ausüben wird. Den Anfang hatte dieses Reich in der Person des Herrn Jesus auf Erden selbst genommen (Lk 17,21). Es zeigt uns die Ordnung Gottes, die Er auf dieser Erde durch die Person des Herrn Jesus einführen wird. Die einzigen, die das wirklich verstehen, sind die wahren Gläubigen. Äußerlich gehören heute auch alle Namenschristen dazu. Das Reich Gottes zeigt uns die äußerliche Gestalt dessen, was wir heute auf der Erde schon offenbaren dürfen. Auch das Reich des Sohnes Seiner Liebe (Kol 1,13) ist nicht der Himmel. Es ist das, was wir hier auf der Erde durch die Gnade Gottes schon offenbaren dürfen. Wir haben Teil an den herrlichsten Dingen, die mit diesem Reich verbunden sind, dorthin sind wir jetzt schon versetzt. Es ist nicht unsere Aufgabe, diese Welt zu verändern, aber wir dürfen und sollen die Gedanken Gottes, die Er auf dieser Erde durch den Herrn Jesus einführen will, schon jetzt darstellen.

„Es grüßt euch Epaphras, der von euch ist, ein Knecht Christi Jesu, der allezeit für euch ringt in den Gebeten, damit ihr vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes steht. Denn ich gebe ihm Zeugnis, dass er viel Mühe hat um euch und die in Laodizea und die in Hierapolis“ (Vers 12+13)

Von den sechs Brüdern, die in den Versen 10 bis 14 Grüße übermitteln lassen (zusammen mit Timotheus aus Kol 1,1 waren also sieben Brüder bei Paulus), war nur Epaphras den Kolossern bekannt. Nach Kol 1,7+8 hatten die Kolosser von ihm gelernt; er hatte den Kolossern also durch mündlichen Dienst die Gedanken Gottes mitgeteilt. Hier in Vers 12 geht es um seine Haltung im Gebet. Es gibt einen Dienst, der durch Reden an den Gläubigen ausgeübt wird, und dieser Dienst muss begleitet werden durch das Gebet. Nach Apg 6,4 muss der Diener vor seinem Dienst im Gebet sein, und von Epaphras lernen wir, dass ein Gebet des Dieners nach seinem Dienst sehr nötig ist, damit dieser Dienst eine nachhaltige Wirkung erzielen kann. Nicht nur durch den Dienst des Redens können geistliche Wirkungen erzielt werden, es muss begleitet werden durch ein intensives Gebet.

Epaphras war also von den Kolossern, und er war ganz offensichtlich das Werkzeug zu ihrer Bekehrung geworden. Es ist auffallend, dass Paulus sehr viel von ihm sagt, mehr als von jedem anderen dieser Brüder. Der Grund könnte darin liegen, dass die Kolosser einen gewissen inneren Abstand zu Epaphras eingenommen hatten. Irgendwie scheint das Verhältnis zwischen ihnen nicht ganz intakt gewesen zu sein, vielleicht weil er bei Paulus war und mit ihm über sie sprach. Er hatte es auch offenbar nicht so ganz eilig, zu den Seinen nach Kolossä zurückzukehren. Vielleicht war das der Grund dafür, vielleicht wollte er aber auch von diesem hochgeschätzten Apostel noch etwas lernen. Paulus nimmt sich jedenfalls sehr große Mühe, um von diesem Mann außerordentlich schöne Dinge zu sagen. Er nennt ihn einen Knecht Christi Jesu und spricht von seinem Ringen im Gebet. Dabei handelt es sich um ein kämpfendes Ringen. Es ist das gleiche Wort wie in Kol 2,1, wo Paulus von seinem großen Kampf um die Kolosser und Laodizeer spricht. Epaphras war von genau der gleichen Art, er rang im Gebet. Er war gar nicht so sehr ein Mann des Redens, sondern ein Mann des Gebets.

Die Kolosser sollten vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes stehen. Auch Paulus hatte sich bemüht, jeden Menschen vollkommen in Christus darzustellen (Kol 1,28). Und genau das hatte auch Epaphras in seinem Herzen gehabt. Und er kannte seine Brüder und wusste, dass gerade da die Gefahr für sie bestand, und deswegen rang er in den Gebeten für sie. Seine Gebete waren total selbstlos, sie hatten nur diese Gläubigen in Kolossä im Visier, dass sie auch stehen möchten und nicht umkippen von jedem Wind der Lehre. In diesem Gebet sind drei Elemente enthalten, die sich sehr gut einprägen: das Stehen spricht von geistlicher Festigkeit, das vollkommen von geistlicher Reife, und das völlige Überzeugt-Sein spricht von geistlicher Gewissheit. Festigkeit, Reife und Gewissheit dürfen wir für uns selbst erbitten, aber hier gab es einen Bruder, der das für andere erbeten hat.

Und dann gibt Paulus ihm noch ein Extra-Zeugnis: nicht nur, dass er für sie rang in den Gebeten, das ist ja etwas, was nicht ins Auge fällt und im Verborgenen geschieht. Aber Paulus zieht das hier ans Licht, um diesen Knecht zu stützen, um ihnen zu zeigen, was sie ihm verdanken. Epaphras hat seine Bemühungen nicht nur auf Kolossä beschränkt, sondern hat sie auch auf die Geschwister in Laodizea und in Hierapolis ausgedehnt. Wahrscheinlich bestand auch in Hierapolis eine örtliche Versammlung, wie wir später noch sehen werden (Vers 15). Geographisch gesehen liegen diese drei Orte sehr eng beieinander in einem Umkreis von ca. 20 km.

„Es grüßt euch Lukas, der geliebte Arzt, und Demas“ (Vers 14)

Hat Paulus von Lukas nicht mehr zu sagen? Er sagt übrigens nicht: mein geliebter Arzt. Lukas war nicht der Leibarzt von Paulus. Aber vielleicht hat er ihm schon auf den Reisen und besonders auch im Gefängnis im Blick auf die Gesundheit beiseite gestanden. Lukas hatte seinen Beruf offenbar nicht aufgegeben, er war auch nur zeitweise Reisebegleiter des Paulus. Lukas war ein Mann, den Paulus liebte, er war treu bis zum Schluss (2. Tim 4,11). Lukas hatte Paulus verstanden, die beiden waren auf einer Spur. Es ist etwas Großes, auszuharren im Dienst, und ist auch in unseren Tagen sehr wichtig. Oft ist es so, dass, wenn ein Werk gedeiht, dass da Viele hinreisen und mithelfen wollen, aber wenn es dann schwierig wird, dann braucht man solche, die ausharren – und so einer war Lukas.

Sein Beruf wird auch deshalb genannt, um uns zu zeigen, dass diese Männer, die nützlich waren im Werk des Herrn, auch einen irdischen Beruf ausgeübt haben. Man muss sich bewährt haben in diesem irdischen Beruf, damit man nützlich wird für das Werk des Herrn (vgl. Elisa in 1. Kön 19,19).

Gott hat Lukas inspiriert, das Evangelium zu schreiben, und er durfte davon schreiben, dass das Ohr des Malchus wieder geheilt worden ist. Gott hat ihm das gestattet zu schreiben, weil er Arzt war. Gott berücksichtigt immer auch das Werkzeug, das Er benutzt.

Lukas hat zwei Bücher des Neuen Testaments geschrieben, sein Evangelium und die Apostelgeschichte. Beide Bücher haben eine Linie, sie zeigen die Gnade Gottes, wie sie uns Menschen angeboten wird. Man könnte als Überschrift über das Lukas-Evangelium 2. Kor 5,19 setzen: Gott war in Christus, die Welt mit sich selbst versöhnend. In Christus hat Gott Seine Hand uns Menschen hingehalten, das ist der Inhalt des Lukas-Evangeliums. Und dann haben wir diesen umgebracht, durch den Gott uns die Versöhnung anbot. Und dann geschieht etwas ganz Großes: Gott zieht Sein Angebot nicht zurück, nachdem wir Seinen Sohn ermordert haben. Nein, in dem gleichen Moment, wo wir Ihn umgebracht haben, hat Gott die Grundlage unseres Heils gelegt – wer kann das fassen? Und dann kommt die Apostelgeschichte, und darüber könnten wir als Überschrift 2. Kor 5,20 setzen: jetzt bitten wir an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Das Angebot Gottes bleibt bestehen.

Und Demas. Keine besonderen Beifügungen bei Demas, war sein Abdriften schon spürbar? Allerdings wird er in dem zeitgleichen Brief an Philemon noch in einer Reihe mit Aristarchus und Markus und Lukas als Mitarbeiter des Apostels. Vielleicht fühlte Paulus aber auch, dass der Brief seinem Ende zuging, und wird deshalb knapper. So war es auch auf dieser Konferenz-Betrachtung, als das Ende dieser drei Tage nahte und die Bemerkungen zu den einzelnen Versen kürzer und knapper wurden.

„Grüßt die Brüder in Laodizea und Nymphas und die Versammlung, die in seinem Haus ist“ (Vers 15)

Nymphas hatte sein Haus der Versammlung zur Verfügung gestellt. Das schätzt der Herr sehr hoch, wenn Geschwister ihr Haus zur Verfügung stellen, um ein Zusammenkommen zum Namen des Herrn zu ermöglichen. Der Herr honoriert eine solche Bereitschaft mit Seinem Segen (2. Sam 6,12). Es zeigt nämlich, wie wichtig solchen Geschwistern der Herr ist. Es geht nicht in erster Linie darum, dass wir dadurch Segen empfangen, sondern dass der Herr mit uns zusammenkommen kann und die wunderbare Wahrheit von der Versammlung auch eine Darstellung finden kann. Das wurde hier ermöglicht in dem Haus des Nymphas. Diese Geschwister nahmen nicht nur Unanehmlichkeiten und Arbeit auf sich, sondern sie konnten dadurch auch selbst in echte Gefahr geraten.

Man muss übrigens den Eindruck gewinnen, dass Nymphas in Hierapolis war. In Vers 13 war von Kolossä, Laodizea und Hierapolis die Rede gewesen. Wenn Nymphas nicht aus Hierapolis wäre, hätte Paulus den Geschwistern in Hierapolis überhaupt keine Grüße gesendet.

„Und wenn der Brief bei euch gelesen ist, so macht, dass er auch in der Versammlung der Laodizeer gelesen werde und dass auch ihr den aus Laodizea lest“ (Vers 16)

Wenn wir an das Sendschreiben an Laodizea denken, dann drängt sich der Gedanke auf, dass es nicht zu dieser Abwärtsentwicklung in Laodizea gekommen wäre, wenn dieser Brief an die Kolosser dort Beachtung gefunden hätte.

Wir haben keinen Beweis, dass irgendein Brief oder eine Botschaft von Paulus vor diesem Kolosser-Brief an die Laodizea gelangt wäre. Vielleicht war der aus Laodizea kommende Brief der Epheser-Brief, denn dieser Brief hat eine Art Rundbrief-Charakter. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Paulus diesen Brief meint. Vielleicht sollen wir in erster Linie lernen, dass der Brief an die Kolosser dort gelesen werden sollte, und umgekehrt. Der Kolosser-Brief war also ursprünglich spezifisch für eine Versammlung, aber es sollte doch die ganze Wahrheit, die beiden Seiten der Wahrheit gelernt werden. In Gottes Wort ist jede Wahrheit mit einer Gegenwahrheit versehen, einer gegenüberstehenden Wahrheit, z.B. die Wahrheit von der Verantwortlichkeit des Einzelnen, und die von der Verantwortlichkeit der ganzen Versammlung, oder Vorrechte und Verantwortlichkeiten. Es gibt immer verschiedene Linien. Und die Linie vom Kolosser-Brief ist eine andere als die vom Epheser-Brief – und beide Seiten sollten sie und auch wir lernen. Wir sollen Nutzen ziehen aus beiden Briefen, das ist die Belehrung dieses Verses.

„Und sagt Archippus: Sieh auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, dass du ihn erfüllst“ (Vers 17)

Archippus kommt auch vor im Philemon-Brief als Adressat in Phlm 2; man könnte vermuten, dass es ein Bruder oder Sohn von Philemon war. Jedenfalls war er ein begabter Mann, den Gott dort benutzt hatte. Vielleicht bestand bei ihm die Gefahr, dass er den ihm übertragenen Dienst nicht mehr so ganz ernst nahm, oder dass er resignierte. Wie wichtig ist da doch der Hinweis, dass er den Dienst im Herrn empfangen hatte. Ein Dienst wird im Herrn empfangen, und nicht von der Versammlung verordnet oder irgendjemand sonst. Keine Ordination durch Menschen, sondern der Dienst wird im Herrn empfangen! Und der den Dienst ausübt, steht Ihm Rede und Antwort.

Sieh auf den Dienst: Ist das nicht auch ein Wort für unsere Tage, wo wir immer weniger und kleiner werden und deshalb müde werden könnten? Solange der Herr uns den Dienst gegeben hat, lasst ihn uns ausführen. Es kommt der Augenblick, wo auch das zu Ende gehen wird.

„Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand. Gedenkt meiner Fesseln. Die Gnade sei mit euch“! (Vers 18)

Wenn Paulus hier den Gruß mit eigener Hand schreibt, meint man fast, die Kette klirren zu hören. Der ganze Brief war wohl durch einen anderen Schreiber geschrieben worden, vielleicht durch Tychikus, aber jetzt schreibt er den Gruß mit der eigenen Hand. Das war das Signum dafür, dass der Brief echt war (2. Thes 3,17). Und dann fügt er fast wie eine Entschuldigung dafür, dass er nicht den ganzen Brief mit eigener Hand geschrieben hat, noch die Kette an. Er erinnert sich beim Schreiben des Grußes daran und bittet darum, dass sie dieser Fesseln gedenken möchten.

Und dann kommt noch einmal die Gnade. Dieser Brief begann mit der Gnade und er endet auch mit der Gnade! Wenn die Gnade ein Werk beginnt in uns, dann wird sie es auch in uns vollenden – bis dass wir die Herrlichkeit erreicht haben! Dann brauchen wir keine Gnade mehr. Hier aber Gnade zu Anfang und Gnade am Ende, alles ist Gnade (Apg 20,32; 1. Kor 15,10). Sein großer Name sei gepriesen!