„Wacht, steht fest im Glauben; seid mannhaft, seid stark!“ (1. Kor 16,13)

Josua 15,1–15. Das Los Judas – des königlichen Stammes, dem der Herr ein königliches Teil zuordnete, der edelste und größte in Israel – wird zuerst erwähnt. Jemand hat dazu bemerkt: „Judas Erbteil war höher gelegen, damit es mehr auffallen würde als andere, weil das Szepter aus ihm kommen würde.“ Außerdem war in Judas Los der Sitz des zukünftigen Reiches – Jerusalem; denn in den Wegen Gottes wird kein Los angeordnet, es sei denn, dass es eindeutig zu dem Zweck bestimmt ist, seinem Sohn Ehre zu bringen. Judas Städte waren zahlreich, sowohl in den Tälern als auch auf den Bergen, und die detaillierte Beschreibung grenzt diesen Teil des Erbes von denen der restlichen Stämme ab. Die so beschriebene Fülle und Fruchtbarkeit des Besitzes lehren uns, dass Gottes Gaben an sein Volk von ihrer Großzügigkeit geprägt sind.

Josua 15,16–19. Wieder taucht Kalebs Name in der Aufzählung der Städte Judas auf und erinnert an den Mut und Eifer bei der Inbesitznahme, an denen Gott seine Freude hat. Kalebs brennendes Herz für den Sieg steckte andere an. Seine Kämpferseele veranlasste andere zu großen Taten – eine großartige Eigenschaft, die alle großen Überwinder Gottes zu allen Zeiten kennzeichnet. Vor Othniel, dem Neffen Kalebs, fielt Kirjath-Sepher (die Stadt der Bücher), offensichtlich ein Sitz der Bildung. Und durch die Einnahme wurde Kalebs Tochter Aksa die Frau des Siegers. Diese Cousins waren würdige Nachkommen ihres Geschlechts; die eine hielt die Vorzüglichkeit des Erbteils hoch und der andere erkämpfte das Land von dem Feind. Wo die Wasserquellen zuhause und das Schwert draußen zusammengehen – wo die Weisheit, die die Herden mit lebendigem Wasser versorgt, und der Mut, der den Feind besiegt, beieinander wohnen – da findet man den wahren Geist der Inbesitznahme. Nie sollte die Erquickung, die in dem sonnigen Südland so nötig ist, vergessen werden. Wasser für die höheren und die niedrigeren Orte sollten nicht vernachlässigt werden, die Weiden und Weinberge sollten nicht ohne Obacht bleiben und nach den oberen und den unteren Quellen muss gestrebt werden. Denn der wahre Erbe geistlicher Segnungen ist der ebenso sorgfältig das kultiviert, was er gewonnen hat, wie er mutig das erobert, was noch in Besitz zu nehmen ist. Aksa sprang nicht vergeblich von ihrem Esel als sie ihren Vater Kaleb um Geschenke bat. Und ihr eifriger praktischer Geist, ist geistlich gesprochen für uns alle eine Lektion.

Josua 15,63. Juda hatte ein großes Erbteil, aber mit Wehmut liest man am Ende dieser Beschreibung: „Aber die Jebusiter, die Bewohner von Jerusalem – die Kinder Juda vermochten sie nicht zu vertreiben; und die Jebusiter haben mit den Kindern Juda in Jerusalem gewohnt bis auf diesen Tag.“ Und in diesen Worten liegt der Beginn des Versagens Israels bei der Inbesitznahme und der Beginn der Geschichte ihres Freiheitsverlustes. Bekommt der Feind einmal einen Stützpunkt in dem Herzen eines Einzelnen oder inmitten einer Gruppe von Christen, dann werden geistliche Feinde früher oder später den Heiligen Gottes trotzen, wie es die Jebusiter in den Tagen Davids taten, als sie ihre Mauern mit Lahmen und Blinden bemannten und den König verspotteten (2. Sam 5,6–10).

„Sie vermochten sie nicht zu vertreiben.“ Der Ton ist angeschlagen, der Klang wird an Lautstärke zunehmen und sich immer und immer wiederholen, bis der Siegesruf von den Schreien der Niederlage und des Verlusts und von dem Gejammer der Knechtschaft und des Ruins verschlungen wird.

Josua 16,1–9. Das Los der Kinder Josephs kam nach dem Los Judas – ein weiteres Beispiel der Hand Gottes, die das Erbteil Israels so anordnete, dass sein Wort an die Patriarchen erfüllt würde. Die Deutlichkeit und die Breite des Loses Judas vermissen wir in den Ländern und Städten, die den Stämmen Ephraim und Manasse zugeteilt wurden und wir lesen von einer Vermischung der Lose, die schwer zu erklären ist. Die mangelhafte Ausführung der Ratschlüsse Gottes wird erneut offenbar. „Mit den Städten, die für die Kinder Ephraim abgesondert wurden inmitten des Erbteils der Kinder Manasse.“ „Und Manasse erhielt in Issaschar und in Aser.“

Josua 16,10. Die Schwachheit der Ephraimiter wird genauso bemerkt wie die ihrer Brüder aus Juda: „Aber sie vertrieben die Kanaaniter nicht, ... und die Kanaaniter haben inmitten von Ephraim gewohnt bis auf diesen Tag, und sie wurden fronpflichtig.“

Josua 17,1–6. Bei aller Nachlässigkeit und allem Mangel an Mut, die jetzt offenbar werden, ist es ermunternd von einem Kriegsmann zu lesen, der ein beträchtliches Erbteil bekommt: „weil er ein Kriegsman war“, denn die Familie Makirs war mutig und errang so große Siege. Dadurch erhielten die Töchter Zelophchads, des Sohnes Makirs, ihr Erbteil gemäß des Versprechens Moses.

Josua 17,7–13. Als nächstes werden die Städte Manasses aufgezählt und wieder hören wir den Refrain: „Aber die Kinder Manasse vermochten diese Städte nicht in Besitz zu nehmen, ... sie vertrieben sie keineswegs.“ „Und es geschah, als die Kinder Israel erstarkten, da machten sie die Kanaaniter fronpflichtig.“ Ihre Stärke offenbarte das Geheimnis ihrer Unfähigkeit: sie „vermochten nicht“ sie zu vertreiben, weil sie es nicht wollten. Sie wollten lieber Kapital aus diesen Heiden schlagen als Gott gehorchen. Und so geschah es, dass Israel später alle Gräuel der Kanaaniter kennenlernte und ihnen diente – als Gericht für ihre Sünden. Das kurzsichtige Prinzip der Einigung mit dem Feind im Ungehorsam gegenüber Gott endete damit, dass diese Fronpflichtigen ihnen zu Dornen in ihren Augen und zu Stichen in ihrer Seite wurden, und letzlich ihre Herren. Wenn der Glaube an Gott mit seinem mühevollen Leben eingetauscht wird gegen Kompromisse mit dem Bösen und gegen einen Weg der Selbstsucht, dann wird der Tag der Ernte durch seine schmerzlichen Früchte die Bitterkeit des Abweichens von Gott ans Licht bringen.

Falsche Dinge unter Tribut zu stellen ist eine gängige Praxis in der Versammlung Gottes, doch die Leichtfertigkeit gegenüber dem Bösen wird letztlich in Ruin und Elend enden. Geistliche Feinde, die unter Tribut gestellt werden, machen wie diese Kanaaniter ihr Recht zum Herrschen geltend. Sehen wir in der Christenheit nicht die „Elemente der Welt“, die „Gebote und Lehren der Menschen“, „die Anbetung von Engeln“, „Philosophie und eitlen Betrug“ unter Tribut? Sehen wir nicht Christen, die bekannte Ungerechtigkeit in ihrer Mitte dulden und Personen und Praktiken, die in Feindschaft zu Gott stehen? Dem Bösen zuzwinkern, der Sünde nachgeben, falsche Lehren oder Praktiken angesehener Führer verniedlichen – ist nichts anderes als den Feind fronpflichtig zu machen. Solche Treulosigkeit gegenüber den Herrn endet immer damit, dass die Fronpflichtigen über das Volk Gottes herrschen und es versklaven.

„Die Kanaaniter wollten in dem Land bleiben“ (Vers 12). Entschiedenheit und Absicht werden hier betont. Die Gläubigen mögen in puncto Ernsthaftigkeit versagen, aber der Feind wird hierin niemals versagen.

Josua 17,14–18. Nachdem der inspirierte Geschichtsschreiber in aller Deutlichkeit das Geheimnis ihres Versagens offenbar gemacht hat, stellt er nun die Anmaßung der Kinder Josephs vor. Bei ihnen war die alte Kriegsmänner-Energie durch Aufblähung aufgrund von Erinnerungen an ihre Geschichte verdrängt worden. Das Vertrauen in Gott, das dazu führt, dass der Mensch in seinen Augen nichts ist und das Gott und seine Taten groß macht, hatte einer „Ich-bin-ein-großes-Volk“-Lehre Platz gemacht. „Warum hast du mir nur ein Los und eine Mess-Schnur als Erbteil gegeben, da ich doch ein zahlreiches Volk bin, soweit der HERR mich bis jetzt gesegnet hat?“ Zahlenmäßig sind die Josephiter ein großes Volk in unseren Tagen. Wir begegnen ihnen überall. Sie rühmen sich des Glaubens und der Heiligkeit ihrer Väter oder sogar ihres eigenen Glaubens in vergangenen „früheren Tagen“; frühere Siege und eine lange Historie haben sie auf ihre Fahnen geschrieben, und sie sind tatsächlich so groß, dass ihr Gebirge Ephraim „zu eng“ für sie ist. Natürlich sollte man anerkennen, was ihre Väter und Gründer gewesen sind. Doch die Vergangenheit ist vergangen und die Annahme man wäre groß, weil man früher große Siege errungen hat, ist nur eine Blase. Glaube an Gott ist Glaube an den lebendigen Gott, und Glaube an Gott bedeutet heute in der überwindenden Kraft seines Namens zu leben. „Wenn du ein zahlreiches Volk bist, so zieh in den Wald hinauf und rode dort im Land der Perisiter und der Rephaim.“ „Auf, du großes Volk! Lass deinen Worten entsprechende Taten folgen; steht auf, die ihr euch des Glaubens und der Taten eurer Väter rühmt und beweist jetzt euren eigenen Glauben durch mutige und anstrengende Taten! Fällt die Bäume und kultiviert die Wüste für Gott; schlagt die Riesen und befreit das Land von seinen Feinden. Besucht die Kranken, die Sterbenden; predigt den Feinden Gottes das Evangelium; erwacht aus euren prahlerischen Träumen und macht Euch auf zu der Wirklichkeit der Arbeit für den Herrn. Seht euch die schwierigsten Plätze an und setzt dort eure Angriffe an, und fällt dort für euch selbst! Seht auf euch selbst, auf eure eigenen Wege, seid nicht länger nur Männer schöner Worte, sondern Männer der Tat für Gott.“

Die Josephiter sagten: „Das Gebirge reicht für uns nicht aus.“ Jungfräulicher Boden und bewaldete Gebiete genügten ihnen nicht. Sie wollten das Leichte und das Vorbereitete, wie die Korinther damals. Die waren auch groß in Worten und groß genug, um als Könige zu herrschen; aber Paulus, der Apostel, der geübt war, für sich selbst auszuhauen, das wahre Größe sich nicht an sich sebst misst, sondern sich weiter bemüht und neue Gebiete für den Herrn erobert (2. Kor 10,12.16).

Diese Josephiter, die so große Reden schwangen, scheuten die Axt und fürchteten das Schwert, indem sie sagten: „Bei allen Kanaanitern, die im ebenen Land wohnen, sind eiserne Wagen.“ Doch Josua gestand ihnen kein Abweichen von ihren anfänglichen Worten zu. Er sagte: „Du bist ein zahlreiches Volk und hast eine große Kraft; ... das Gebirge soll dir zuteil werden. Da es ein Wald ist, so rode ihn.“ So können auch wir uns sicher sein, dass der Herr Jesus uns beim Wort nimmt. Wenn wir ein so wunderbares Volk sind, so groß wie wir bekennen, dann lasst uns für uns aushauen; wenn wir eine solche Kraft haben, dass unter allen Stämmen keiner wie Ephraim ist, dann „wirst du die Kanaaniter vertreiben, wenn sie auch eiserne Wagen haben und wenn sie auch stark sind.“

„Haue dir selbst aus!“ Frühere Siege sind nicht heutige Kraft. Nein, das Rühmen vergangener Tage ist nur der Beweis der Schwachheit in der Gegenwart. „Der Herr hat mich bis jetzt gesegnet“ ist kein Beweis dafür, dass die segnende Hand des Herrn auch heute mit uns ist. Wenn der Gläubige auf die Vergangenheit baut, baut auf die Segnungen und nicht auf den Herrn. Heute müssen wir „uns selbst aushauen“ und die Macht des Herrn durch Vertrauen in ihn erproben. Die Erfahrung der Vergangenheit ist lediglich ein Grund, uns heute in dem Herrn zu ermutigen. „Haue dir selbst aus“, „in dem Land der Rephaim [d.h. Riesen]“, mögen sie Leblosigkeit, Gleichgültigkeit, Weltlichkeit, Ungerechtigkeit, Aberglaube, Atheismus oder sonstwie heißen. „Haut euch selbst aus“, ihr Josephiter der heutigen Zeit.

Gottes Weg, die Grenzen seines Volkes zu erweitern, geht über das Austreiben der Feinde. Aktives Christentum, das Gewinnen von Seelen, den Herrn mehr erkennen, tägliche Glaubenssiege, das allein führt zu wahrem Besitz. Haut die Bäume ab und pflanzt in die dürren Böden die Wahrheit des Evangeliums. Beschwert euch nicht über die Enge in unserem Los, sondern macht euch auf und rottet in der Kraft Gottes mit Schwert und Axt die Riesen aus und erweitert die Grenzen.

Der Heilige Geist hat sicher zu unserer Ermahnung den Geist Kalebs an den Anfang des Berichts über die Inbesitznahme Kanaans durch Israel gestellt und den der Josephiter ans Ende. Sind wir wie Kalen oder wie die Josephiter? Wie der eine mutige Kriegsmann, der allein für Gott inmitten seiner murrenden Brüder stand, oder wie die Mengen, die sich auf ihren Namen und ihre Zahl beriefen? Wir können sicher sein, dass die edlen und mutigen Kämpfer, die alles verwenden und selbst für Christus verwendet werden, die sich tagein, tagaus abmühen, ausharrend beten, aufrichtig dienen, das Wort studieren, um Seelen ringen, diejenigen sind, die unser Josua segnet, während die, die sich ihrer Traditionen und der Erinnerungen an die Taten ihrer Väter rühmen, nur jene Worte von ihm hören werden: „Du bist ein zahlreiches Volk“, dann „haue dir dort aus.“