DER 23. PSALM GEHÖRT wohl zu den bekanntesten Dokumenten der Heiligen Schrift. Kaum ein anderer Abschnitt ist so häufig gelesen und auswendig gelernt worden wie dieser Psalm. Die Anwendung auf das persönliche Glaubensleben als Schäflein des guten Hirten ist uns dabei sehr vertraut und eine hilfreiche Kraftquelle in der gegenwärtigen Zeit. Doch abgesehen von der ursprünglichen Bedeutung dieses Psalms, die nicht für uns heute, sondern für den treuen Überrest Israels zukünftiger Tage gilt, ist noch eine dritte Betrach-tungsweise von Bedeutung: Psalm 23 bezieht sich auch auf das vergangene Leben des Herrn Jesus als Mensch auf der Erde! Die Tragweite dieses wunderbaren Psalms erstreckt sich somit über einen gewaltigen Zeitraum: von den Tagen der Menschheit Christi über die gegenwärtige Zeit bis hinein in die Zukunft Israels.

Doch erst im Hinblick auf Christus kommt die Bedeutung von Psalm 23 in vollem Umfang zur Darstellung. Die wohlbekannten Worte dieses Psalms, die uns so geläufig erscheinen, enthalten wunderbare Herrlichkeiten Seiner Person, die in der gewohnten Be-trachtungsweise dieses Psalms im Hinblick auf den einzelnen Gläubigen nicht zum Ausdruck kommen können – doch in Ihm, dem vollkommenen Menschen auf der Erde, erfüllt sich auch dieses Bibelwort in vollkommener Weise.


Vers 1

„Der Herr ist mein Hirte.“

SCHON DIE ERSTEN Worte von Psalm 23 machen deutlich, dass sie in vollem Umfang nur auf Christus zutreffen können. „Der Herr ist mein Hirte“ –  das ist der Ausdruck einer innigen und persönlichen Beziehung zu Gott, denn der Vater selbst steht hier als Hirte im Blickfeld des Sohnes, nicht einzelne Segnungen oder Gaben durch Ihn, sondern Seine eigene Person. Das Bewusstsein dieser persönlichen Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, zeichnete den Herrn Jesus Sein ganzes Leben als Mensch auf der Erde aus. Schon als Knabe wies Er Seine Eltern darauf hin, dass Er in dem sein muss, was Seines Vaters ist (vgl. Lk 2,49). Entsprechend kann an anderer Stelle prophetisch von Ihm gesagt werden: „Ich habe den Herrn stets vor mich gestellt“ (Ps 16,8).

Solch eine persönliche Gemeinschaft mit Gott ist mit völligem Vertrauen in Seine Person verbunden. Der Psalmist drückt dies durch die weiterführenden Worte aus.

„Mir wird nichts mangeln.“

Welch ein Vertrauen auf Gott kommt durch diese Worte zum Ausdruck! Es ist gewiss und absolut sicher, dass kein Mangel auftreten wird, unabhängig davon, wie die Umstände sich auch entwickeln könnten. Solch ein Gottvertrauen offenbarte der Herr Jesus als Mensch in vollkommener Weise, so dass alle Menschen um Ihn herum es wahrnehmen konnten. Sogar die feindlich gesinnten Juden, die sich nicht wie die Jünger in Seiner Nähe aufhielten, konnten Sein Vertrauen auf Gott bezeugen und riefen Ihm am Kreuz noch spottend zu: „Er vertraute auf Gott“ (Mt 27,43).


Vers 2

„Er lagert mich auf grünen Auen, er führt mich zu stillen Wassern.“

DIESE VERTRAUENSVOLLE ZUVERSICHT im Blick auf die bevorstehenden Umstände findet nun ihre gegenwärtige Bestätigung, denn „grüne Auen“ und „stille Wasser“ sind das Teil dessen, der mit Gott in persönlicher Gemeinschaft lebt und sein Vertrauen auf Ihn setzt. Das Lagern auf grünen Auen ist ein Bild von absoluter Zufriedenheit und Sättigung. Ein hungriges Schaf lagert nicht auf grünen Auen. Es kommt erst zur Ruhe, wenn es sich zuvor gesättigt hat. Die stillen Wasser hingegen reden (im Gegensatz zur sprudelnden Quelle) von Erfrischung und Ruhe zugleich, von einem inneren Frieden, der durch äußere Einflüsse nicht gestört werden kann.

Beide Merkmale kamen in Christus uneingeschränkt zum Ausdruck. Das Lagern auf grünen Auen weist darauf hin, dass Er in Seinem Leben auf der Erde stets gesättigt war, obgleich Er als vollkommener Mensch auch kannte, hungrig zu sein. Doch Er war nicht auf die Speise der Jünger angewiesen, die sie in der Stadt kauften, so dass sie sich fragten, ob Ihm in der Zwischenzeit wohl jemand zu essen gebracht hat (Joh 4,33). Seine Speise war es, den Willen Gottes zu tun (Joh 4,34). Diese Speise, die die Jünger nicht kannten, ließ Ihn auf den „grünen Auen“ der Gemeinschaft mit Gott „lagern“ und in völliger Übereinstimmung mit Seinem Willen ruhen.

Auch die stillen Wasser sind im Leben des Herrn Jesus als Mensch fortwährend zu finden. Nur Er kannte diesen vollkommenen Frieden Gottes, der nicht durch äußere Umstände beeinflussbar war. Denken wir nur an die Szene auf dem stürmischen See Genezareth. Der Herr schlief mitten auf dem See im hinteren Teil des Schiffes, obwohl es zu sinken drohte. Doch selbst diese unruhigen Umstände konnten Ihn nicht aus der Ruhe bringen. Ganz im Gegenteil: Der Herr beruhigte den Wind und führte eine große Stille herbei, so dass sich die Jünger im Schiff verwunderten (Mk 4,41).

Sowohl die beständige Sättigung („er lagert mich auf grünen Auen“) als auch der ununterbrochene Friede Seines Herzens („er führt mich zu stillen Wassern“) ließ die Jünger erstaunen und fragend werden (Joh 4,33; Mk 4,41). Welch einen Eindruck muss diese vollkommene Darstellung von Psalm 23 auf sie gemacht haben und wie beeindruckt uns das heute noch, den Herrn Jesus so zu betrachten!

Vers 3

„Er erquickt meine Seele.“

OBWOHL CHRISTUS IN unerschütterlicher Weise durch alle Umstände hindurchschritt, blieb Er doch nicht unbenommen davon. So lesen wir manches Mal, dass Seine Seele angesichts der Ihn umgebenden Nöte bestürzt oder betrübt war, dass Er sich im Geist erschütterte. Er verharrte zwar allezeit im Frieden Gottes und in der Abhängigkeit Seines Willens, doch gerade dies war inmitten einer verdorbenen Welt mit Leiden der Seele verbunden. Gott aber sorgte stets unmittelbar dafür, dass Seine Seele wieder erquickt wurde – sei es durch einen Engel, der Ihn stärkte, durch die Stimme des Vaters, die Ihn öffentlich bezeugte oder durch die Gemeinschaft im Gebet.

„Er leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit um seines Namens willen.“

Auch dieser Ausspruch Davids kommt im Leben des Herrn Jesus wahrhaftig zum Ausdruck. Christus allein konnte die Pfade der Gerechtigkeit in absoluter Weise beschreiten, weil Er als Mensch der einzige Gerechte war, der auf der Erde lebte. „Alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden; da ist keiner, der Gutes tue, da ist auch nicht einer“ (Röm 3, 12).

Die Gerechtigkeit Christi als Mensch wird von drei Aposteln bezeugt. Johannes schreibt von „Jesus Christus, dem Gerechten“ (1. Joh 2,1), Paulus macht deutlich, dass „der Gerechte für die Ungerechten“ leiden musste (1. Pet 3,18), und Jakobus schreibt an die Empfänger seines Briefes, dass sie „den Gerechten töteten“ (Jak 5,6). Erstaunlicherweise wurde Er auch von drei Menschen „der Gerechte“ genannt, die nicht zu den Aposteln gehörten, aber unmittelbar mit den Geschehnissen auf Golgatha in Verbindung standen: Zunächst wies die Frau von Pilatus auf „jenen Gerechten“ hin (Mt 27,19), bevor Pilatus selbst zugeben musste, dass er keine Schuld an „diesem Gerechten“ fand (Mt 27,24). Schließlich bezeugte der Hauptmann, nachdem der Heiland am Kreuz gestorben war: „Wahrhaftig, dieser Mensch war gerecht“ (Lk 23,47).

Somit wird die in Psalm 23 ausgedrückte Wahrheit in Bezug auf Christus vollkommen bezeugt. Dabei war Sein Wandel stets zur Verherrlichung Gottes, denn es war entsprechend den Worten des Psalmisten „um seines Namens willen“. So diente im Leben Christi alles zur Verherrlichung des Vaters. Nie hat der Sohn Gottes sich Selbst verherrlicht. Er verbarg Seine persönliche Herrlichkeit unter dem Mantel der Niedrigkeit eines Menschen, um einzig und allein der Verherrlichung des Vaters Ausdruck zu geben. Diese anbetungswürdige Gesinnung lag Seinem Wandel auf den Pfaden der Gerechtigkeit zugrunde.

Vers 4

„Auch wenn ich wanderte im Tal des Todesschattens.“

WOHIN FÜHRTEN NUN die Pfade der Gerechtigkeit, auf denen der Herr Jesus so vollkommen wandelte? Die Antwort ist ergreifend: Sie führten in das Tal des Todesschattens! Hierin liegt eine weitreichende Bedeutung: Das Tal des Todesschattens stellt nicht nur die letzten Stunden des Lebens Christi vor Seinem Opfertod dar, sondern kennzeichnet darüber hinaus Seinen gesamten Weg durch diese Welt, von der Krippe bis zum Kreuz; Christus wandelte Sein ganzes Leben lang im Tal des Todesschattens. Der Prophet Jesaja macht deutlich, dass die Welt in moralischer Hinsicht ein Tal des Todesschattens ist: „Das Volk, das im Finstern wandelt, hat ein großes Licht gesehen; die da wohnen im Lande des Todesschattens, Licht hat über sie geleuchtet“ (Jes 9,2). So war Für Ihn, der stets die Pfade der Gerechtigkeit beschritt, der Weg durch diese moralisch verfinsterte und für Gott leblose Welt ein Gang durch Finsternis und Todesschatten.

„Ich fürchte nichts Übles, denn du bist bei mir“

In diesem Zusammenhang kommen wir nun zu einem bemerkenswerten Wendepunkt in Psalm 23. Bisher redete der Psalmist ausschließlich von Gott in der dritten Person; er redete über Ihn: „Er führt mich“, „Er erquickt mich“, „Er leitet mich“. Hier jedoch ändert sich diese Ausdrucksform. Die Worte sind nun direkt zu Gott hin gerichtet und gehen in die persönliche Anrede über: „Auch wenn ich wanderte im Tal des Todesschattens, fürchte ich nichts Übles, denn du bist bei mir.“ Es ist die persönliche Gemeinschaft mit Gott, die der Psalmist hier hervorhebt und die den Herrn Jesus auf Seinem ganzen Weg durch diese Welt, dem Tal des Todesschattens, kennzeichnete.

Doch obgleich Sein Vater Ihn stets begleitete, war Christus der einsamste Mensch auf Erden. Kein anderer Mensch konnte Ihm wirklich folgen. Selbst Seine Jünger „verließen Ihn alle und flohen“ (Mk 14,50). Er hat auf Mitleiden gewartet, doch da war keines, und auf Tröster, aber Er hat keine gefunden (vgl. Ps 69,20), so dass Er Seine Einsamkeit unter den Menschen aufs Tiefste empfand.

In Psalm 102 wird dies in bemerkenswerter Weise dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sich der Psalmist dort angesichts seines Alleinseins mit drei Vögeln in artfremder Umgebung vergleicht: Wir lesen von der Eule in der Einöde, dem Pelikan in der Wüste und dem einsamen Vogel auf dem Dach (Ps 102,7.8). Insbesondere das Bild eines Wasservogels in trockener Hitze macht deutlich, wie einsam und befremdend es für den Herrn Jesus in dieser Welt gewesen sein muss, und gibt einen Eindruck davon, dass dies für Ihn mit tiefen Leiden verbunden war.

Doch trotz Seiner Einsamkeit war Er der zugänglichste aller Menschen! Das macht das Bild des einsamen Vogels auf dem Dach deutlich. Das Dach eines Hauses war im damaligen Orient begehbar und wurde häufig als Aufenthaltsort und Treffpunkt aufgesucht. Ein einsamer Vogel an einem oft besuchten Ort – ein Bild, das sowohl die Abgeschiedenheit als auch die Zugänglichkeit unseres Herrn hervorhebt. Und so können wir Ihn auch in den Evangelien fortwährend beobachten: umringt von Volksmengen, aufgesucht von Kranken, verfolgt von Pharisäern; „die da kamen und gingen waren viele, und sie fanden nicht einmal Zeit, um zu essen“ (Mk 6,31) – dennoch war Er einsam und stets allein mit Seinem Gott.

Welch ein Trost muss es daher für Ihn gewesen sein, mit dem Psalmisten sagen zu können: „Doch du bist bei mir“! Dementsprechend konnte Er auch hinzufügen:

„Die Stecken und dein Stab, sie trösten mich.“

Die tröstende Gemeinschaft mit Gott in Seiner Nähe wird hier durch Stecken und Stab bildlich dargestellt. Diese Instrumente in der Hand eines Hirten kommen nur in seiner direkten Umgebung zur Auswirkung, so dass ein Schaf erst in unmittelbarer Nähe des Hirten unter dem Einfluss seiner Bewahrung (= Stecken) und Leitung (= Stab) ist. So waren für den Herrn Jesus die innige Nähe und die ununterbrochene Gemeinschaft mit Gott der einzige Trost in Seiner Einsamkeit auf Erden.

Vers 5

„Du bereitest vor mir einen Tisch angesichts meiner Feinde.“

DIE GEMEINSCHAFT DES Sohnes mit dem Vater wird nun durch ein weiteres Bild beschrieben. Ein Tisch spiegelt in Gottes Wort grundsätzlich den Gedanken von Gemeinschaft wider, der Zusatz „angesichts meiner Feinde“ deutet darauf hin, dass es hier um eine ununterbrochene Gemeinschaft geht, die selbst in Gegenwart von Feinden nicht gestört werden kann.

So war Christus stets in ununterbrochener Gemeinschaft mit dem Vater, sei es in der Einsamkeit Seines Weges oder angesichts Seiner Feinde. Weder die Angriffe der Schriftgelehrten noch die direkten Versuchungen Satans konnten den Herrn Jesus aus der innigen Gemeinschaft mit Gott bringen. Sogar der Tod, der als letzter Feind weggetan wird (vgl. 1. Kor 15,26), vermochte die Gemeinschaft des Mensch gewordenen Sohnes mit dem Vater nicht zu beeinträchtigen. Hier wird in bemerkenswerter Weise deutlich, dass der Sohn jederzeit im Schoß des Vaters ist (Joh 12,24) – auch als Er als Mensch auf der Erde wandelte und als das wahre Weizenkorn in die Erde fiel und starb.

Es sind wunderbare Herrlichkeiten Christi, die hier in Seiner vollkommenen Niedrigkeit als Mensch zum Ausdruck gekommen sind und uns zur Anbetung bringen!

„Du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über.“

Bislang beschäftigte sich der Psalmist mit einer Vielzahl irdischer Bedürfnisse und Nöte auf dem Weg durch diese Welt, jetzt aber richtet sich der Blick empor auf himmlische Segnungen im Überfluss. Wenn zuvor noch das Tal des Todesschattens im Vordergrund stand, wird Christus nun als auferstandener und verherrlichter Mensch gezeigt, als der Gesalbte im Himmel.

Dabei offenbart sich eine zweifache Herrlichkeit der Person Christi, denn Er wurde als Mensch zweimal (mit Heiligem Geist) gesalbt! Nach der Taufe durch Johannes war es eine Salbung „mit Heiligem Geist und mit Kraft“, so dass Er „umherging, wohltuend und heilend alle, die von dem Teufel überwältigt waren“ (Apg 10,38). Der Empfang des Heiligen Geistes auf der Erde war zum Segen und Heilung der Ihn umgebenden Menschen.

Psalm 23 bezieht sich jedoch auf die zweite Salbung Christi, die nicht durch Kraft, sondern durch Freude gekennzeichnet ist: Es ist eine Salbung „mit Freudenöl“ (vgl. Heb 1,9; Ps 45,7), die Ihm als Auferstandener im Hinblick auf Seine Genossen zuteilgeworden ist. Auch hier erstreckt sich die Wirkungsweise des Geistes auf die Menschen: „Nachdem er nun durch die Rechte Gottes erhöht worden ist und die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater empfangen hat, hat er dies ausgegossen, was ihr seht und hört“ (Apg 2,33). So empfing Christus den Heiligen Geist sowohl in Seiner Niedrigkeit als Mensch auf der Erde als auch als auferstandener und verherrlichter Mensch im Himmel.

Die zweifache Salbung Christi kommt auch schon im Alten Testament vorbildlich zum Ausdruck. In 3. Mose 8 lesen wir, dass Aaron zur Einweihung als Hoherpriester zweimal gesalbt wurde, zuerst er allein („Und Mose goss von dem Salböl auf das Haupt Aarons und salbte ihn“ [3. Mo 8,12]), dann aber auch zusammen mit seinen Söhnen („Und Mose nahm von dem Salböl ... und sprengte es auf Aaron ... und auf seine Söhne“ [3. Mo 8, 30]). Dies entspricht der zweifachen Salbung Christi mit Heiligem Geist, der zuerst nur auf Ihn allein herabkam, nachdem Er als vollkommener Mensch von Johannes getauft wurde, den Er aber dann als verherrlichter Mensch im Himmel auch über die Seinen ausgegossen hat (Apg 2,33), entsprechend der zweiten Salbung Aarons in Verbindung mit seinen Söhnen.

Somit ist der Herr Jesus als Mensch sowohl in Niedrigkeit als auch in Herrlichkeit mit Heiligem Geist gesalbt worden. Welch eine Fülle von Herrlichkeiten findet sich in Seiner Person, die hier in Psalm 23 vor unseren Blicken steht – obwohl Er sich auf der Erde zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm und dabei Seine göttlichen Herrlichkeiten vor den Augen Seiner Geschöpfe weitestgehend verbarg!

Vers 6

„Und ich werde wohnen im Haus des Herrn auf immerdar.“

DIE LETZTEN WORTE dieses Psalms lenken schließlich den Blick in die Zukunft, in das Vaterhaus. Dort ist Christus als verherrlichter Mensch schon eingetroffen, um auch uns dort eine Stätte zu bereiten – nicht nur für eine begrenzte Anzahl an Tagen (vgl. V. 6a: „Nur Güte und Huld werden mir folgen alle Tage meines Lebens“), sondern auf „Länge der Tage“, auf „immerdar“.

Das Wohnen im Haus des Herrn ist unser ewiges Teil, das wir in dem Herrn Jesus besitzen. Die Grundlage hierfür hat Er auf Golgatha gelegt, als Er uns erlöst hat durch Sein eigenes Blut; denn nur Erlöste sind gewürdigt und fähig, in der Gegenwart Gottes zu wohnen. Die erste Erwähnung des „Wohnens Gottes“ in der Heiligen Schrift macht diesen Zusammenhang unmittelbar deutlich: „Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst hast, hast es durch deine Stärke geführt zu deiner heiligen Wohnung“ (2. Mo 15,1). Allein die Erlösung ist die Grundlage zum Wohnen in der Gegenwart Gottes.

Daher ist auch nicht die Rede davon, dass Gott schon bei Adam und Eva im Garten Eden wohnte, obwohl sie anfänglich noch unschuldig waren! Er besuchte sie, aber Er wohnte nicht bei ihnen (vgl. 1. Mo 3,8). Die Schöpfung bietet keine Grundlage für das Wohnen in der Gegenwart Gottes, sondern nur das Blut Christi, das Er am Kreuz auf Golgatha vergoss. Dieses Kreuz stand am Ende Seines Weges durch diese Welt, die Er auf den Pfaden der Gerechtigkeit durchschritt – und die für Ihn ein Tal des Todesschattens war.

[Bei den Anwendungen auf Christus ist sicher immer Vorsicht und Zurückhaltung geboten, und so mag man auch nicht in allen Einzelheiten den Ausführungen folgen. Dennoch enthält der Artikel viele wertvolle Gedanken. – Anmerkung der Redaktion]