Als der Herr Jesus mit Seinen Jüngern vom Westufer des Sees Genezareth an das Ostufer übersetzte, stillte Er auf dem See einen Sturm, den offenbar Satan erregt hatte. Im Land der Gadarener (oder Gergesener) wurde der Herr erneut mit der Macht Satans konfrontiert: Es begegneten Ihm zwei Männer, die von Dämonen besessen waren. Der Herr, der auf dem See den Naturkräften geboten hatte, bezwang nun Dämonen, die Menschen in ihrer Gewalt hielten.

Der Besessene

Im Evangelium nach Matthäus wird von zwei Besessenen berichtet, während Markus und Lukas nur einen erwähnen. Womöglich war ein Besessener auffälliger, so dass Markus und Lukas sich in ihrem Bericht auf diesen einen beschränkten. Wir möchten es im Folgenden auch so halten.

Schon seit langer Zeit wohnte in dem Mann eine Legion von Dämonen. Das waren sehr viele Dämonen, denn eine Legion umfasste im römischen Heer mehrere Tausend Soldaten. Als die bösen Geister nachher ausfuhren, stürzten sich dementsprechend gleich zweitausend Schweine den Abhang hinab.

Ein Besessener wird von bösen Mächten völlig beherrscht, da die Dämonen in ihm wohnen. So konnten die Dämonen den Mann von Gadara ergreifen, nach ihrem Willen in wüste Gegenden treiben und als Sprachrohr benutzen.

Auch wenn eine Besessenheit selten ist, so wirkt der Teufel in jedem Ungläubigen (Eph 2,2). Der Mensch befindet sich von Natur aus in der Gewalt der Finsternis (Kol 1,13). Deshalb mag es gut sein, Parallelen zu ziehen zwischen dem, was die Schrift über diesen besonderen Fall berichtet, und einem Sünder im Allgemeinen. Wir sind uns dabei bewusst, dass es sich um eine Anwendung handelt.

Es ist erschütternd, den Zustand dieses Mannes ins Auge zu fassen und ihn mit dem Zustand eines Sünders zu vergleichen.

  • Der Besessene hatte seine Heimat in Felsengräbern, die als unrein galten (vgl. Mt 23,27; vgl. 4. Mo 19,11).
    In dieser Welt herrscht eine Atmosphäre der Unreinheit und des Todes (vgl. Röm 8,6), in der sich die Menschen wohlfühlen.
  • Der Besessene bedrohte seine Mitmenschen, die ihn nicht unter Kontrolle bringen konnten.
    Seit den Tagen Kains gehen Menschen aufeinander los und durch nichts kann diese Aggressivität gestoppt werden.
  • Der Besessene lebte ruhelos und wütete Nacht und Tag in den Grabstätten oder trieb sich auf den Bergen herum, wo Schweine weideten.
    Die Gesetzlosen sind in Unruhe wie das Meer (Jes 57,20).
  • Der Besessene stieß Schreie aus, die sein Elend und seine Not bezeugten.
    So bleibt auch nicht verborgen, dass der Mensch ohne Gott unglücklich und trostlos ist.
  • Der Besessene verwundete sich, angestachelt von Dämonen, mit Steinen.
    Satan, der Verderber (Off 9,11), verleitet die Menschen dazu, sich durch ein sündiges Leben zugrunde zu richten.
  • Der Besessene lief nackt umher.
    Der natürliche Menschen zeigt in seinen Sünden offen das, was er von Natur aus ist; die Schande seiner Blöße wird offenbar (Off 3,7; vgl. auch 2. Kor 5,3).

Unbekleidet, blutend, schreiend und wütend ging dieser von unreinen Geistern beherrschte Mann durch die Grabstätten. Eine entsetzliche Erscheinung!

Die Begegnung

Als der Besessene Jesus sah, schrie er auf, lief zu Ihm hin und fiel vor Ihm nieder. Sofort gebot der Herr den unreinen Geistern, auszufahren. Daraufhin sagten sie: „Was haben wir mit dir zu schaffen, Sohn Gottes? Bist du hierhergekommen, um uns vor der Zeit zu quälen?“ (Mt 8,29).

Wir finden nicht nur an dieser Stelle, dass Dämonen – im Gegensatz zu vielen Menschen – den Herrn als Sohn Gottes erkannten und bekannten (Mk 3,11; 5,7; Joh 1,26.27). Auch wenn der Herr das Zeugnis böser Geister nicht annahm (Mk 3,12), so unterstrichen ihre Worte doch, wie absurd der Vorwurf der Pharisäer war, Christus würde durch den Obersten der Dämonen die Dämonen austreiben (Mk 3,22). Denn die Dämonen selbst bezeugten, dass Jesus der Sohn Gottes ist!

Mit der Frage „Was haben wir mit dir zu schaffen?“ bekundeten die Dämonen, dass es keine Übereinstimmung zwischen Licht und Finsternis sowie zwischen Christus und Belial geben kann (2. Kor 6,14.15). Und weil das so ist, müssen die Dämonen vor Ihm weichen.

Es wird eine Zeit kommen, wenn die bösen Geister Menschen nicht mehr quälen können, sondern wenn sie selbst gequält werden: Zu Beginn des Tausendjährigen Reiches werden Satan und seine Engel in den Abgrund eingeschlossen und nach den 1000 Jahren für ewig in den Feuersee verbannt werden (Off 20,1–3; 20,10). Die Dämonen beschworen den Herrn nun, dass Er sie nicht vor der bestimmten Zeit in den Abgrund sende. Sie baten nicht darum, von dem Gericht an sich verschont zu werden, denn es war ihnen augenscheinlich bewusst, dass es Rettung nur für Menschen gibt – wie geschrieben steht: „Er [Gott] nimmt sich fürwahr der nicht Engel an, sondern der Nachkommen Abrahams nimmt er sich an“ (Heb 2,16).

Der Teufel und seine Engel wissen, dass der Herr Jesus Gottes Sohn ist und dass Er einmal richten wird. Dennoch reden sie den Menschen in boshafter List ein, dass es keinen Gott und kein Gericht gäbe. Sie, die vor Gottes Autorität zittern (Jak 2,19), wiegen Menschen in trügerische Sicherheit vor der ewigen Pein!

Die Befreiung

Nachdem der Dämon gebeten hatte, dass der Herr ihn nicht quäle, fragte Jesus nach dem Namen des Dämons, der durch den Mann redete. Durch die Antwort wurde offenbar, dass der Mann eine Legion Dämonen beherbergte. Dann bat der unreine Geist darum, in Tiere fahren zu dürfen, die nach dem Gesetz unrein waren. Der Herr gewährte es.

Als die Dämonen in die Schweine fuhren, zeigte sich ihre zerstörerische Kraft: Sie trieben ungefähr zweitausend Schweine in den Tod. Letztlich waren die toten Tiere am Seeufer jedoch der sichtbare Beweis des Sieges des Herrn über dämonische Macht, so wie die toten Ägypter im Roten Meer den Triumph Gottes über den Pharao dokumentiert hatten (2. Mo 14,30).

Die Hüter der Schweine redeten von dem Ereignis in der ganzen Gegend. Wir lesen jedoch nicht, dass sie dabei den Herrn erwähnten. Auch fällt auf, dass sie in ihrem Bericht den Verlust der Schweine offenbar vor die Heilung des Besessenen setzten (Mt 8,33).

Der Befreite

Der Mann war jetzt endlich frei! Die Veränderung bei ihm war gewaltig. Und jeder, der sich heute aus der Gewalt Satans zu Gott bekehrt, wird verändert – zum Guten, zur Ehre Gottes. Sehen wir uns die Wandlung des Mannes im Einzelnen an:

  • Der Besessene war bekleidet und nicht mehr nackt.
    Wer glaubt, empfängt „Kleider des Heils“ (Jes 61,10; Off 3,18).
  • Er war jetzt vernünftig.
    Der Glaubende ist nicht mehr verfinstert am Verstand (vgl. Eph 4,18).
  • Er saß zu den Füßen Jesu und lief nicht mehr schreiend umher.
    Wer zu dem Herrn Jesus kommt, findet Ruhe für seine Seele und lernt nun von Ihm (Mt 11,28; Lk 10,39).

Die Bitte der Leute

Als die Menschen sahen, dass der Besessene geheilt war, freuten sie sich nicht, sondern fürchteten sich mit großer Furcht. Der natürliche Mensch empfindet Unbehagen und Angst, wenn er es mit Gott zu tun bekommt. Das zeigte sich schon beim ersten Menschenpaar, das sich nach dem Sündenfall ängstlich vor seinem Schöpfer versteckte (1. Mo 3,8).

Mit Dämonen und Schweinen konnten sich die Leute aus Gadara arrangieren, aber nicht mit dem Sohn Gottes. Deshalb baten sie Ihn sogleich, aus ihrem Gebiet wegzugehen. Sie sahen im Herrn den Vernichter ihrer Schweine und nicht den Vernichter der Werke des Teufels (1. Joh 3,8). Sie hatten Seine Macht erlebt und sandten Ihn dennoch weg. Sie waren Gottlose, die zu ihrem Schöpfer sprachen: „Weiche von uns!“ (Hiob 22,17).

Auch wenn der Teufel bei diesen Menschen nicht so offenbar wirkte, wie er es bei dem Besessenen getan hatte, so war es doch sicher der Feind, der hinter dieser bösen und unverschämten Bitte stand.

Die Bitte des Besessenen

Der „Besessene“ – jetzt befreit, aber dennoch so genannt (Mk 5,15.18) – wollte bei dem sein, dem er alles zu verdanken hatte. Doch der Herr lehnte ab: Er sollte in sein Haus gehen und verkünden, wie viel Gott an ihm getan hatte.

Wir lesen in dieser Begebenheit von fünf Bitten, die an den Herrn gerichtet wurden: Drei Bitten kamen von Dämonen (Mk 5,7.10.12), eine von den Leuten aus der Gegend (Lk 8,37) und eine von dem Besessenen (Lk 8,38). Der Herr erfüllte alle Bitten – bis auf die des Geheilten. Ausgerechnet die Bitte eines Jüngers wurde zurückgewiesen! Warum? Weil der Herr wollte, dass das Zeugnis von Seiner Barmherzigkeit da abgelegt wird, wo vorher das Elend der Knechtschaft Satans in aller Deutlichkeit gesehen wurde.

Wir Kinder Gottes beten, dass der Herr Jesus kommt und wir ewig bei Ihm sein dürfen. Er hat diese Bitte aber noch nicht erhört. Warum? Weil wir jetzt noch davon reden sollen, wie viel wir Seiner Barmherzigkeit zu verdanken haben.

Die Botschaft des Befreiten

Und was tat der Geheilte jetzt? Er ging nicht nach Hause, sondern verkündete in der Dekapolis – einem Verbund von zehn Städten –, was Jesus an ihm getan hatte. Die Verkündigung war gut; aber er hätte zunächst bei den Seinen beginnen sollen, so wie der Herr es ihm aufgetragen hatte. Vielleicht hätte er dann nicht nur Verwunderung (Mk 5,20), sondern auch Glauben gefunden.

Auch wir unterschätzen vielleicht, wie wichtig und wirkungsvoll ein Zeugnis in der Familie ist. Und es mag uns leichter fallen, Menschen das Evangelium zu bringen, die wir nicht kennen. Doch die Worte des Herrn gelten immer noch: „Geh hin in dein Haus zu den Deinen und verkündige ihnen, wie viel der Herr an dir getan und wie er sich deiner erbarmt hat“ (Mk 5,19).

Zusammenfassung

Diese Geschichte demonstriert, wie schrecklich und zerstörerisch die Macht der Finsternis wirkt und wie hilflos der Mensch ihr gegenübersteht. Der Besessene konnte sich nicht aus dem Griff des Teufels entwinden, und auch seine Mitmenschen versuchten vergeblich, den Mann unter Kontrolle zu bringen.

Doch selbst die geballte Kraft der Dämonen kann nichts gegen den Sohn Gottes ausrichten. Der Stärkere raubt dem Starken den Hausrat (Mk 3,27). Ein Wort des Herrn genügte, um die Pein des Mannes schlagartig zu beenden. Nun war es die Aufgabe des Geheilten, von der Macht und Barmherzigkeit seines göttlichen Retters zu zeugen, beginnend im Kreis der Familie.

Wir sind befreit worden aus der Gewalt Satans, auch wenn wir sie nicht so intensiv kennengelernt haben wie jener Mann. Unsere Aufgabe kann es jetzt nur sein, davon zu reden, wie viel Gott an uns getan hat. Wir wollen das in Treue und Gehorsam tun, bis unser großer Wunsch erfüllt ist: ewig bei Christus zu sein.