Das Judentum war ein System des Schauens. Alles war auf das Irdische, Sichtbare ausgerichtet. Auch die Erwartung der gläubigen Juden war eine Erwartung des Schauens. Sie wollten zusehen, wie der Messias Israel befreite und sein Reich aufrichtete.

Sowohl zu Lebzeiten als auch nach seiner Auferstehung hat der Herr Jesus sich viel Mühe gegeben, die gläubigen Juden vom Schauen zum Glauben zu führen. Er würde sie verlassen: „Ich gehe hin“ (Joh 14,2). Deshalb fordert er sie auf: „Glaubt auch an mich.“ Das brauchten sie bis dahin nicht, sie sahen ihn ja. Aber die Zeit des Schauens würde bald vorbei sein und dann würde die Zeit des Glaubens beginnen.

Das Gleiche musste Maria Magdalene lernen. Sie wollte ihn anrühren. Sie wollte mit dem Auferstandenen die gleiche irdische Beziehung fortsetzen, die sie vor seinem Tod gekannt hatte. Doch er wehrt ihr mit den Worten: „Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater.“

Auch die beiden in Lukas 24 bekamen diese Lektion. Ihre Hoffnungen waren ganz und gar auf das Zeitliche, Sichtbare, Irdische gerichtet: „Wir aber hofften, dass er der sei, der Israel erlösen solle“ (Lk 24,21). Gott sorgte dafür, dass ihre Augen gehalten wurden und sie in dem Fremden nicht den Herrn Jesus erkannten. Und als er ihnen erlaubte, ihn beim Brechen des Brotes zu erkennen, wurde er sofort unsichtbar. Sie sollten vom Schauen zum Glauben geführt werden.

Paulus fasst diese Tatsache mit den Worten zusammen: „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen ... und wenn wir Christus dem Fleisch nach gekannt haben, kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so“ (2. Kor 5,7.16)

Doch auch die Zeit des Glaubens wird einmal ihr Ende finden und dann werden wir vom Glauben zum Schauen geführt werden: „Wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1. Joh 3,2).