Christliche Eltern zu haben ist ein sehr großes Vorrecht, doch ich hatte dieses Vorrecht nicht. Aufrichtigkeit und Integrität kennzeichneten zwar mein Elternhaus, aber Gott und Christus hatten dort keinen Platz. Es ergab sich jedoch, dass der Direktor meiner Schule auch Superintendent der anglikanischen Sonntagschule war, und da dieser Mann von seinen Schülern erwartete, dass sie sich auch sonntags unter seinen Fittichen versammelten, kam ich zumindest einen Tag in der Woche in den Genuss christlicher Vorrechte. Ich bin mir sicher, dass mein Sonntagschullehrer ein gläubiger Mann war. Einige seiner Worte begleiten mich bis heute, besonders seine sanfte Zurechtweisung junger Burschen, die den Heiland nur „Jesus“ nannten. „Sag ‚Herr Jesus‘, junger Mann“, lautete seine übliche Korrektur.

Mit 13 Jahren machte ich mir ernsthaft Sorgen über meinen geistlichen Zustand. Ich wusste, dass ich ein Sünder war, und ich fürchtete Gott; ich hatte Angst vor dem Tod. Ich schüttete mein Herz dem Gemeinderektor aus, und er riet mir, mich konfirmieren zu lassen. Das, so versprach er mir, würde alle meine Probleme lösen. Ich begab mich also eines feierlichen Tages, den ich nie vergessen werde, in die Gegenwart Gottes und gelobte „dem Teufel und allen seinen Werken, dem eitlen Pomp und Ruhm der Welt mit all ihren Verlockungen und den Begierden des Fleisches abzuschwören“. Der Bischof von London legte dann seine Hände auf mein Haupt. Der Ort war ein echtes Sinai für mich. Viele, die mit mir gelobt hatten, machten sich offenbar wenig Gedanken darüber, aber mein Empfinden war, dass ich mich selbst in eine schreckliche Position gegenüber meinem Schöpfer gebracht hatte. Der Tag endete mit einem Gartenfest im Rektorat, es war der gottloseste Abend, an den ich mich erinnern kann. Christus wurde nicht erwähnt und die Bibel nicht geöffnet.

Ausgestattet mit Bischof Oxendens Buch The Earnest Communicant („Der ernsthafte Teilnehmer am Abendmahl“), von dessen Gebeten und Vorsätzen ich sorgfältig Gebrauch machte, nahm ich am nächsten Tag des Herrn meinen Platz am Abendmahlstisch ein, doch der Gottesdienst brachte mir nichts. Niedergeschlagen ging ich von dort weg in der Gewissheit, dass der, der mich dorthin eingeladen hatte, meinen Fall vollkommen missverstanden hatte. Doch ich blieb einige Zeit dabei, aber nur, um mit jeder Woche noch unglücklicher zu werden. Ich kam zu der Überzeugung, dass das Mahl des Herrn nichts für mich war, weil ich den Herrn gar nicht kannte.

Nach langer Überlegung kam mir der Gedanke, dass die Methodisten meinen Fall vielleicht verstehen würden. Ich unterdrückte also meine Vorurteile gegenüber „Nonkonformisten“ und ging an einem Sonntagmorgen zur wesleyanischen Kirche. Dort wurde ich herzlich aufgenommen und sofort eingeladen, eine Sonntagsschulklasse zu übernehmen. Ich lehnte dankend ab. Als ich am Abend wieder hinging, drängte man mich, ich solle mich dem Chor anschließen. Auch das lehnte ich ab. Ich machte einen weiteren Versuch am nächsten Sonntag, und da wurde ich gebeten, zu einem Treffen zu kommen, das jeden Mittwochabend im Schulraum stattfand. Als ich zögerte, drängten mich die Freunde, doch wenigstens zu kommen, um sich den ganzen Ablauf einmal anzusehen. Ich willigte ein und musste einen albernen Abend miterleben, was mich sehr ärgerte. Da diese Leute offensichtlich die Bedürfnisse einer ängstlichen Seele genauso wenig verstanden wie das kirchliche Establishment, verließ ich sie und nahm einige Zeit lang meine Bibel mit ins Grüne, las darin und flehte zu Gott um Licht.

Kurze Zeit später bemerkte ein Herr in London, wie es mit mir stand, und fragte mich, ob ich nicht sonntags an einen Ort kommen wolle, den er mir nannte. Ich versprach es und er gab mir ein Empfehlungsschreiben. Ich kam früh bei dem Gebäude an und war erstaunt, in der Mitte einen einfachen Tisch vorzufinden, auf dem Brot und Wein standen. Etwa 300 Leute versammelten sich an jenem Morgen und zu meinem größten Erstaunen fand der ganze Gottesdienst ohne einen „Leiter“ statt. Mindestens ein Dutzend Männer beteiligten sich und trotzdem war alles sehr harmonisch und die ganze Versammlung genoss offensichtlich sehr, was sie dort taten. Es war eindeutig, selbst für mich als gelegentlichen Zuschauer, dass mehr als nur eine religiöse Routine diese Versammlung zusammengebracht hatte.

Ich war fasziniert und hielt mich in der Hoffnung auf eine Unterhaltung noch eine Zeit dort auf. Ein freundlicher, älterer Herr legte seine Hand auf meine Schulter und fragte: „Junger Mann, bist du errettet?“ Ah, darauf hatte ich gewartet! Warum hatte mir noch niemand diese Frage so direkt gestellt? Ich antwortete, dass ich mich nach Errettung sehnte, aber dass doch sicher niemand in dieser Welt sich der Errettung sicher sein könne. Der alte Herr zog seine Bibel heraus und begann seine Befragung:

„Weißt du, dass du ein Sünder bist?“ Ich antwortete, ich wüsste und fühlte es zutiefst. (Sagt nicht die Schrift, dass alle gesündigt haben und die Herrlichkeit Gottes nicht erreichen? Römer 3,23) Seine nächste Frage lautete: „Glaubst du, dass Christus für Sünder gestorben ist?“ Ich sagte, dass ich keinen Zweifel daran hätte (Römer 5,8 sagt ja, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.) Mein neuer Freund fragte mich dann, wo Christus jetzt ist. Ich antwortete: „Im Himmel.“ – „Nun“, folgerte er, „wenn Christus im Himmel ist, wo sind dann deine Sünden, die Er doch an seinem Leib auf dem Holz getragen hat?“ Das war ein neuer Gedanke für mich, also erklärte er es mir: „Wenn Christus deine Sünden auf sich genommen hat, könnte Er jetzt nicht im Himmel sein, wenn noch eine davon übrig geblieben wäre. Er sitzt aber zweifellos zur Rechten Gottes. Welchen klareren Beweis könnte es für dich geben, dass Er die ganze Frage deiner Sünde am Kreuz von Golgatha geklärt hat?“ Sofort wurde mir alles klar, jede Schwierigkeit verschwand und ich erkannte sogleich, dass ich errettet war. Ich hatte Frieden mit Gott.

Diese einfache Erzählung soll solchen helfen, die in ähnlichen Herzensübungen sind. Bei Gott zählen weder Sakramente noch irgendwelche religiösen Handlungen, sondern allein das Opfer unseres Herrn Jesus Christus, und auf unserer Seite zählt der schlichte Glaube daran.