Ebenso auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dies ist der neue Bund in meinem Blut; dies tut, sooft ihr trinkt, zu meinem Gedächtnis“ (Vers 25)

Mit den Worten „Ebenso auch den Kelch nach dem Mahl“ wird angedeutet, dass der Herr dasselbe tat und wieder danksagte. Es ist gut, wenn wir uns bei dieser Handlung sehr wohl überlegen, wie wir es tun.

Denken wir bei dem Trinken aus dem Kelch nicht auch besonders daran, dass der Herr Jesus einmal einen ganz anderen Kelch aus der Hand des Vaters genommen hat? Dort im Garten Gethsemane steht die ganze Bitterkeit des Todes vor der Seele des Herrn. Es ist die Bitterkeit der drei Stunden der Finsternis, des Verlassenseins von Gott, und es ist die grundsätzliche Bitterkeit, Sein Leben in den Tod zu geben. Dieser Kelch, den der Herr getrunken hat, ist natürlich grundsätzlich zu unterscheiden von dem Kelch der Segnung, aus dem wir trinken dürfen; es ist nicht nur der Kelch der Leiden, sondern der Kelch des Zornes Gottes über die Sünde. Den zu trinken, konnte der Herr Jesus nicht wünschen (Lk 22,42), es wäre Gleichgültigkeit gewesen und nicht Vollkommenheit.

Wenn es hier heißt „nach dem Mahl“, ist damit nicht das Passahmahl gemeint. In der deutschen Sprache kann man es nicht so gut erkennen, dass der Grundtext hier eigentlich sagt „nach dem Essen“; nach dem Essen von dem Brot nahm der Herr auch diesen Kelch und gibt auch diesem eine sehr tiefe Bedeutung: er ist der neue Bund in Seinem Blut. Gott macht mit uns, Seinen Kindern, keinen Bund.

Wenn man verstehen will, mit wem der neue Bund geschlossen wird, muss man sich nur vor Augen halten, mit wem damals der alte Bund geschlossen worden ist. Das war das Volk Israel (2. Mo 24,3–8). Der alte Bund war ein zweiseitiger Bund, der an Bedingungen geknüpft war, und wenn das Volk ihn übertrat, folgte Gericht. Der neue Bund ist ein einseitiger Bund für die beiden Häuser Israels (Heb 8,8–10; Jer 31,31–34), den Gott diesem Volk geben wird, und bei dem Seine Verheißungen nicht mehr nur aufgrund erfüllter Bedingungen geschenkt werden. Er hält drei Segnungen für Israel bereit, und die dritte dieser Segnungen ist die Vergebung der Sünden. Israel wird einmal einen neuen einseitigen Bund bekommen, und aufgrund dieses Bundes wird ihnen kollektiv nicht nur die Erkenntnis des Herrn und die Wiedergeburt geschenkt, sondern auch als Drittes die Vergebung der Sünden. Hes 37,26 zeigt, dass das dann geschehen wird, wenn der Herr Sein Heiligtum in die Mitte Seines Volkes setzen wird, also im 1000-jährigen Reich, wo eine nationale Wiedergeburt im Blick auf das Volk Israel stattfinden wird (Sach 14,4; Joel 3). Es ist ein Bund, der bis zum Ende des 1000-jährigen Reiches geschlossen werden wird. Und die Grundlage dazu ist das vergossene Blut des Herrn Jesus.

Wenn der Herr also trotzdem, auch wenn Er mit uns nicht einen Bund macht, sagt, dass es das Blut des neuen Bundes sei, dann wird darin eine Wahrheit sichtbar, die uns sehr glücklich machen kann. Jesaja spricht von der Frucht der Mühsal Seiner Seele (Jes 53,10), und meistens denken wir dabei an uns, dass wir das seien. Nun, wir gehören auch zu dieser Frucht, aber leider vergessen wir oft Israel total dabei. Wir können das Brot nicht brechen, ohne daran erinnert zu werden, dass auch Israel einmal durch das Blut Jesu in die Segnungen kommen wird. Das gibt uns eine Weite des Herzens, die geradezu beglückend ist. Der Herr hatte Israel auch nicht vergessen, obwohl Er hier das Mahl für die Versammlung einsetzt.

Der zweite Teil dieses Verses wird so in den Evangelien nicht berichtet. Der Herr Jesus hatte dem Paulus gesagt: „Dies tut, sooft ihr trinkt, zu meinem Gedächtnis“. Er hatte ausdrücklich gesagt: „Sooft ihr trinkt“. Das heißt also, nicht ein einziges Mal sollten wir es uns erlauben, unsere Gedanken abschweifen zu lassen und nicht an Ihn zu denken. Jede Stunde soll bewusst zu Seinem Gedächtnis sein; und wenn konkret Brot und Wein durch die Reihen geht, dann sollten unsere Gedanken auf Ihn allein gerichtet sein und nicht irgendwie abschweifen.

Stehen wir nicht gerade in diesen Augenblicken in der Gefahr, am wenigsten an Ihn zu denken? Wir waren die ganze Zeit über mit Liedern und Danksagungen und auch mit gelesenen Bibelstellen in unseren Herzen auf den Herrn ausgerichtet. Und manchmal ist es dann vielleicht das Übermaß an Länge der Gebete für Brot und Kelch, dass wir uns nach dem Gebet hinsetzen und nicht mehr an Ihn denken. Müsste uns nicht auch manchmal die tadelnde Frage des Herrn treffen: „Nicht eine Stunde vermochtet ihr mit mir zu wachen“ (Mt 26,40)?

Ein Vergleich mit den Evangelien zeigt, dass wir hier in 1. Kor 11 Dinge finden, die in den Evangelien so nicht stehen; und andersherum finden wir in den Evangelien Dinge, die wir in 1. Kor 11 nicht finden. In den Evangelien fügt der Herr auch noch Worte hinzu, die hier nicht erwähnt werden, nachdem Er den Kelch den Jüngern gegeben hatte: „…welches für viele [für euch] vergossen wird [zur Vergebung der Sünden]“ (Mt 26,28; Mk 14,24; Lk 22,20). Hier in 1. Kor 11 ist der Hauptgedanke Gedächtnis. Es geht um das Gedächtnis des Herrn und Seines Todes. Was wir heute für das Halten des Mahles des Herrn brauchen, ist uns hier in diesem Abschnitt in 1. Kor 11 mitgeteilt. In den Evangelien wird auch zweimal gesagt, dass der Herr das Brot genommen und es gesegnet hat (Mt 26,26; Mk 14,22). Das Wort im Grundtext kann in Bezug auf Gott mit lobpreisen übersetzt werden, und in Bezug auf den Menschen mit segnen. Segnen ist ja, etwas Gutes zusprechen, und das ist doch im Blick auf einen Gegenstand wie das Brot hier nicht gut vorstellbar. Die Grundbedeutung dieses Wortes ist aber segnen, und deshalb ist es auch bei der Überarbeitung so im Textteil belassen worden.

Praktische Fragen und Bemerkungen zum Brotbrechen:

  • wie alt muss man sein, um diesem Vermächtnis des Herrn Folge zu leisten? Es ist keine Frage des Alters, nur des Verständnisses. Tust du es schon? Wenn nicht, was hindert dich? Fühlst du dich nicht würdig? Ein alter Bruder mit 90 Jahren ist nicht würdiger als eine junge Schwester mit 18 Jahren. Die Würde liegt nicht in uns, sie ist uns verliehen. Oder gibt es Dinge in deinem Leben, wo du empfindest, dass es nicht mit der Heiligkeit dieses Platzes zusammenpasst? Willst du diese Hindernisse dann nicht lieber wegtun? Oder willst du den Heiland an deinem Herzen vorübergehen lassen und Seinem Ruf weiter keine Folge leisten? Du hast Ihn doch nicht nur nötig, um nicht in die ewige Verdammnis zu kommen! Willst du ihm nicht auch eine Antwort geben auf Seine Liebe? Wenn der Herr dich einmal vor dem Richterstuhl fragen wird, warum du es nicht getan hast, was willst du Ihm dann antworten?

  • es sollte nicht so sein, dass man irgendwo vom Platz aus ein Gebet spricht und niemand weiß, dass es dabei um Brot und Kelch geht, und dann kommt man nach vorn und bricht das Brot. Der erste Punkt ist doch das Nehmen des Brotes, um es vor sich zu stellen und dann dafür zu danken; es muss erkennbar sein, dass wir für das Brot danken.

  • was ist konkret das Brechen des Brotes; die Handlung, die der Bruder, der dafür dankt, vornimmt, oder das Abbrechen jedes einzelnen beim Essen davon? Offensichtlich hat der Herr Jesus das Brot gebrochen, und dann sagt Er in Vers 26: „Sooft ihr davon esst“. Das Brechen des Brotes ist das, was der Bruder tut, nachdem er gedankt hat. Und das Essen ist, wenn das Brot herumgereicht wird und jeder ein Teil davon nimmt. Wenn in 1. Kor 10,16 steht: „Das Brot, das wir brechen“, zeigt das, dass es eine gemeinsame Handlung ist, die nicht jemand allein für sich zu Hause vornehmen kann.

  • sollte man eigentlich das Brot so lange herumgehen lassen, bis es ganz aufgegessen ist? Es ist gut, wenn wir beim Brotbrechen keine Regeln aufstellen, die über das hinausgehen, was uns dieser Abschnitt zeigt. Es bleibt offen, was mit dem Brot geschah, nachdem alle davon gegessen hatten, und so wollen wir auch bei dem bleiben, wie wir es als eine bewährte Praxis kennen.

  • worin kann man eigentlich den Kelch sehen: in dem Gefäß, in dem sich der Wein befindet, oder in den eingegossenen Bechern? Bruder Kelly hat einmal dazu gesagt, dass wir die Becher nur der Bequemlichkeit halber brauchen; in seinen Augen ist der Kelch das Gefäß, worin der Wein sich befindet, also die Karaffe, das Ausgießen in mehrere Becher ist nur eine Frage der örtlichen Gegebenheiten, damit diese Angelegenheit eben vorangeht.

  • warum wird in 1. Kor 10,16+17 die Reihenfolge andersherum vorgestellt, erst der Kelch und dann das Brot? Dort haben wir keine Schilderung davon, wie der Herr es damals eingesetzt hatte. Und die Antwort ergibt sich vielleicht aus dem Zusammenhang des Abschnittes. Es geht in 1. Kor 10 um Gemeinschaft, und die Grundlage für Gemeinschaft ist das vergossene Blut, das hingegebene Leben des Herrn Jesus.

  • bezieht sich die zweimalige Aufforderung des Herrn „dies tut zu meinem Gedächtnis“ allein darauf, direkt an Seinen Tod zu gedenken, oder bezieht es sich auf das Gedächtnis Seiner ganzen Person? Wir gedenken an Ihn, aber wir verkündigen Seinen Tod. Natürlich kommen uns auch viele Aspekte Seines Lebens in Erinnerung; wie oft hat Gott, der Heilige Geist, unsere Blicke darauf gelenkt, dass der Heiland in die Welt kam. Es ist also nicht der Gedanke, dass wir dabei nur noch an den Tod des Herrn denken sollen. Der Tod des Herrn Jesus ist gewissermaßen die Krönung Seines gottgeweihten Lebens; aber die vor uns stehenden Zeichen zeigen uns doch, dass der Schwerpunkt Sein Tod ist.

  • wir feiern den Tod des Herrn nicht, obwohl es eine überaus feierliche und erhabene Angelegenheit ist, sondern wir verkündigen ihn. Wenn wir von einer Feier sprechen in diesem Zusammenhang, besteht die Gefahr, dass wir es ausschmücken, vielleicht nach unseren Vorstellungen, und dann verliert das Mahl des Herrn seine Schlichtheit.

  • das Brot sollte möglichst einen Leib darstellen, und nicht irgendwie nur eine Scheibe Brot sein, es sollte unangebrochen und vollständig sein; und der Kelch sollte keinen Saft enthalten sondern Wein, dabei sollten wir bleiben; und wenn Kranke es nicht vertragen können, wird Gott für sie sicher einen Weg zeigen. Der Herr trank ganz sicher keinen Saft sondern Wein.