In den ersten Kapiteln des Lukas-Evangeliums, in denen der Beginn des Dienstes unseres Herrn in Nazareth geschildert wird, ist dieser Gedanke so offensichtlich, daß sich viele Erklärungen erübrigen. Nur Lukas zitiert die folgenden Worte, durch die dieses Evangelium im vierten Kapitel in so auffälliger Weise charakterisiert wird: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, Gefangenen Befreiung auszurufen und Blinden das Augenlicht, Zerschlagene in Freiheit hinzusenden, auszurufen das angenehme Jahr des Herrn“ (V. 18.19). Diesen Platz nimmt der Herr in dem ganzen Buch ein. Sein Handeln entspricht immer dem obigen Vers. Überall finden wir „Gott in Christus ..., die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend“ (2. Kor 5,19). Der Mensch wird zu Gott gebracht und preist Ihn in dankbarer Anbetung dafür, daß die „Übertretungen nicht zugerechnet“ werden.

Daher hat auch am Ende von Kapitel 7 die Sünderin, die von der Gnade gehört hat, keine Angst, Ihn sogar im Haus eines Pharisäers aufzusuchen. Denn sie liebt viel, weil ihr viel vergeben worden ist. Doch hat sie eher ein Empfinden dafür, wenn wir es so nennen dürfen, als die Gewißheit. Doch der Herr enttäuscht niemals die größten Erwartungen, die der Glaube an Ihn stellt, und schenkt ihr deshalb diese Gewißheit mit den Worten: „Deine Sünden sind vergeben“ (V. 48). „Er sprach aber zu der Frau: Dein Glaube hat dich gerettet; geh hin in Frieden“ (V. 50).

Wie lieblich ist es wiederum, Ihn in Kapitel 10 in der Person des „barmherzigen Samariters“ zu erkennen, der „ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit“ übt (ohne sich darum zu kümmern, wie die Menschen es Ihm als Schande anrechnen). Da Er um den hohen Wert Seines vergossenen Blutes weiß, kann Er die blutenden Wunden des Mannes heilen in der Kraft Seines eigenen noch zukünftigen Werkes.

Im 15. Kapitel ist alles Sinnen und Trachten im Himmel nur auf eines gerichtet: die Errettung verlorener Sünder. Das verlorene Schaf wird zurückgebracht, das verlorene Geldstück gefunden und ein zurückgekehrter verlorener Sohn wird willkommen geheißen. Das alles wird erwähnt, um jene „Zöllner und Sünder“ zu rechtfertigen, die sich Ihm nahten. Ihnen wird versichert, daß vor den Engeln Gottes Freude ist über einen Sünder, der Buße tut (vgl. V.10).

Wir könnten noch weitere Beispiele hinzufügen, z. B. den Pharisäer und den Zöllner in Kapitel 18 und die Geschichte des Zachäus in Kapitel 19. Es soll jedoch genügen, nur noch eine andere Begebenheit zu zitieren. Wie vielleicht zu erwarten, trägt vor allem die Schilderung der Ereignisse am Kreuz diesen Charakter des Friedensopfers. Der Ausruf: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ ist nicht zu finden. Statt dessen sagt der Herr zweimal:„Vater“. Obwohl über dem Kreuz ein Schatten liegen mag, ist der Herr mit Gott im Licht. Er ist nicht mit Sich selbst beschäftigt, wie es notwendigerweise der Fall sein mußte, als Er den Kelch des Zorns und des Gerichtes bis zur Neige trank, sondern Er kann für andere Fürbitte tun: „Vater, vergib ihnen“ ist Sein Gebet für Seine Mörder. Doch noch herrlicher ist es, daß sich kurz darauf der Himmel für einen armen Sünder öffnet, der an Seiner Seite hängt. Ein sterbender Übeltäter, der Ihn vielleicht noch kurze Zeit vorher mit den übrigen Menschen verspottet hatte, wird in das Paradies aufgenommen.

Wie wichtig sind alle diese Einzelheiten! Wie sehr gewinnt dadurch das Lied der Engel in den ersten Kapiteln an Bedeutung! Während all diese Begebenheiten sicherlich zur Ehre Gottes in der Höhe sind, reden sie doch in lieblicher Weise von „Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen!“