Das Wort „Frieden“ kommt nur viermal im Matthäus-Evangelium vor. „Und wenn nun das Haus würdig ist, so komme euer Friede darauf; wenn es aber nicht würdig ist, so wende sich euer Friede zu euch zurück“ (Mt 10,13). In demselben Kapitel heißt es auch: „Denkt nicht, daß ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen; ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ (V.34). Das Wort „Friedensstifter“ kommt einmal vor: „Selig sind die Friedensstifter.“

Im Markus-Evangelium finden wir das Wort „Frieden“ nur einmal. Im fünften Kapitel sagt der Herr zu der Frau, die mit einem Blutfluß behaftet war: „Geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage“ (Mk 5,34).

Der Charakter dieser Abschnitte wird sofort deutlich. Vergleichen wir sie jetzt mit den folgenden Versen aus dem Lukas-Evangelium:

„... um unsere Füße auf den Weg des Friedens zu richten“ (Kap. 1,79).

„... und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen“ (Kap. 2,14).

„Nun, Herr, entläßt du deinen Knecht, nach deinem Wort, in Frieden; denn meine Augen haben dein Heil gesehen“ (Kap. 2,30).

„Dein Glaube hat dich gerettet; geh hin in Frieden“ (Kap. 7,50).

„Während sie aber dies redeten, trat er selbst in ihre Mitte und spricht zu ihnen: Friede euch!“ (Kap. 24,36).

Es erübrigt sich, mehr dazu zu sagen.

Das Verb „retten“ finden wir im Matthäus- und Markus-Evangelium, aber weder den Begriff „Heiland“ noch „Heil“. Denn der Herr wird in diesen Evangelien eher als Derjenige gesehen, der Errettung bewirkt und nicht als Der, der sie schon bewirkt hat oder sie uns schenkt. Im Lukas-Evangelium finden wir dagegen folgende Aussagen:

„Mein Geist frohlockt in Gott, meinem Heiland“ (Kap. 1,46).

„Denn euch ist heute in der Stadt Davids ein Erretter geboren“ (Kap. 2,11).

„... uns ein Horn des Heils aufgerichtet hat“ (Kap. 1,69).

„... um seinem Volk Erkenntnis des Heils zu geben in Vergebung ihrer Sünden“ (Kap. 1,77).

„Denn meine Augen haben dein Heil gesehen“ (Kap. 2,30).

„... und alles Fleisch wird das Heil Gottes sehen“ (Kap. 3,6).

„Heute ist diesem Hause Heil widerfahren“ (Kap. 19,9).

In all diesen Begebenheiten wird die Errettung als ein vollbrachtes Werk betrachtet, die das Herz der Menschen froh macht, denn ein Heiland-Gott schenkt sie uns. Daher kommt hier auch das Wort „Gnade“ mehrere Male vor, in den beiden ersten Evangelien jedoch gar nicht. „Alle gaben ihm Zeugnis und verwunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen“ (Kap. 4,22).

Das Wort „Vergebung“ (aphesis) finden wir im Matthäus-Evangelium einmal. Es bezeichnet das Ergebnis des Opfers Christi. Im Markus-Evangelium kommt es einmal in Verbindung mit der Taufe Johannes’ vor, die durch Gottes Gnade zur Vergebung führte. Ein weiteres Mal wird „Vergebung“ auch im negativen Sinn verwendet: „Wer aber irgend wider den Heiligen Geist lästern wird, hat keine Vergebung in Ewigkeit“ (Mk 3,29).

Das Verb „vergeben“ (aphiemi) wird im Matthäus-Evangelium nur einmal in Verbindung mit gegenwärtiger Vergebung benutzt1. In Kapitel 9 sagt der Herr Jesus zu dem Gelähmten: „Kind, deine Sünden sind vergeben“ (V. 2). Anscheinend wird dies vor allem gesagt, um den Charakter und die Würde des Herrn inmitten Seines Volkes zu zeigen. Im Markus-Evangelium finden wir genau das gleiche. Aber im Lukas-Evangelium kommen beide Worte vergleichsweise häufig vor und zwar im Sinne einer gegenwärtigen Vergebung.

„... um seinem Volk Erkenntnis des Heils zu geben in Vergebung ihrer Sünden“ (Kap. 1,77).

„... Gefangenen Befreiung (dasselbe Wort) auszurufen“ (Kap. 4,18).

„... Zerschlagene in Freiheit (dasselbe Wort) hinzusenden“ (Kap. 4,18).

Der Herr war da, um beides zu tun: „Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt“ (Kap. 4,21).

„... also mußte ... Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden allen Nationen“ (Kap. 24,47).

Wie in den vorherigen Evangelien sagt Er auch hier zu dem Gelähmten: „Deine Sünden sind dir vergeben“ (Kap. 5,20). Zu der großen Sünderin spricht Er dasselbe (vgl. Kap. 7,48).

Am Kreuz hören wir Ihn sagen: „Vater, vergib ihnen“ (Kap. 23,34).

Ein weiterer Aspekt sei noch angeführt, der bei der Einsetzung des Abendmahls sehr auffallend hervortritt. Vielleicht ist bei den erwähnten Beispielen bemerkt worden, daß im Lukas-Evangelium die Menschen, die Segen empfangen, klar genannt werden und die Segnungen ihnen persönlich gegeben werden. Im Matthäus- und Markus-Evangelium tragen die Segnungen eher einen allgemeinen Charakter.

So lesen wir in Matthäus: „Denn dies ist mein Blut, das des neuen Bundes, das für viele vergossen wird“ (Kap. 26,28). In Lukas dagegen: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird“ (Kap. 22,20). Wie wird hier die Freude des Heils zu den Herzen derer gebracht, an die Er sich wendet!

Vergleichen wir den Beginn der Bergpredigt im Matthäus-Evangelium mit der Parallelstelle im Lukas-Evangelium.

Matthäus: „Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach: Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel“ (Kap. 5,2). Lukas dagegen: „Und er hob seine Augen auf zu seinen Jüngern und sprach: Glückselig ihr Armen, denn euer ist das Reich Gottes“ (Kap. 6,20).

Wie wir früher bemerkten, antwortet das Herz des erlösten Sünders auf diese liebevollen Verheißungen, die ein Heiland-Gott den Gegenständen Seiner Liebe und Fürsorge gibt. Es schlägt Dem, der ihn so gesegnet hat, in Liebe und Anbetung entgegen.

In den Evangelien nach Matthäus und Markus wird die Liebe zu Gott oder Menschen nur als ein Gebot genannt oder sie wird in der Weise erwähnt wie in der folgenden Aussage: „Die Liebe der Vielen wird erkalten“ (Mt 24,12). Im Markus-Evangelium zeigt sich weiterhin in wunderbarer Übereinstimmung mit dem ganzen Evangelium die Liebe Jesu zu einem ausgesprochen unliebenswürdigen Menschen (obwohl er dem natürlichen Empfinden nach ein sehr anständiger Mensch war): „Jesus aber blickte ihn an, liebte ihn“ (Mk 10,21).

Aber im Lukas-Evangelium bezeugt der Herr selbst, was durch Gnade im Herzen eines armen Sünders wachgerufen wurde – wir möchten gern den ganzen Abschnitt zitieren:

„Und sich zu der Frau wendend, sprach er zu Simon: Siehst du diese Frau? Ich bin in dein Haus gekommen; du hast mir kein Wasser auf meine Füße gegeben; diese aber hat meine Füße mit Tränen benetzt und mit ihren Haaren getrocknet. Du hast mir keinen Kuß gegeben; diese aber hat, seitdem ich hereingekommen bin, nicht aufgehört, meine Füße zu küssen. Du hast mein Haupt nicht mit Öl gesalbt; diese aber hat meine Füße mit Salböl gesalbt. Deswegen sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel geliebt; wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig“ (Kap.7, 44–47).

So wie sich hier das Herz Dem zuneigt, der es vom Tod erlöst hat, und sich in Ihm erfreut, so öffnet sich auch der Mund zu Lob und Anbetung. Laßt uns wieder einige Abschnitte betrachten, die das verdeutlichen.

Das Wort „Lob“ (ainos) kommt im Matthäus-Evangelium einmal vor, und zwar in dem Zitat aus dem achten Psalm: „Aus dem Mund der Unmündigen und der Säuglinge hast du dir Lob bereitet“ (Kap. 21,16). Das Verb „loben“ (aineo) finden wir weder hier noch im Markus-Evangelium. Im Vergleich dazu einige Stellen aus dem Lukas-Evangelium:

„... eine Menge des himmlischen Heeres, das Gott lobte“ (Kap. 2,13).

„Und die Hirten kehrten zurück und verherrlichten und lobten Gott“ (Kap. 2,20).

„Und das ganze Volk, das es sah, gab Gott Lob“ (Kap. 18,34).

„... fing die ganze Menge der Jünger an, mit lauter Stimme freudig Gott zu loben“ (Kap. 19,37).

„Und sie warfen sich vor ihm nieder und kehrten nach Jerusalem zurück mit großer Freude; und sie waren allezeit im Tempel und lobten und priesen Gott“ (Kap. 24,52.53).

Das Wort „verherrlichen“ wird im Matthäus-Evangelium viermal verwendet, davon nur zweimal anläßlich einer tatsächlich geschehenen Handlung: „Sie verherrlichten Gott.“ Markus benutzt das Wort einmal. Im Lukas-Evangelium finden wir es neunmal – die Menschen verherrlichen alle Gott.

Das Wort „segnen, preisen, loben“2 wird im Matthäus-Evangelium einmal in dem Gebot „Segnet, die euch fluchen“ (Kap. 5,44) verwendet, zweimal in dem Ausdruck „gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn“ (Kap. 21,9;23,39), in zwei Begebenheiten, als der Herr das Brot brach und es segnete und schließlich noch einmal, als die Schafe zur Rechten des Königs gestellt werden: „Kommet her, Gesegnete meines Vaters“ (Kap. 25,34).

Im Markus-Evangelium wird es in sehr ähnlicher Weise fünfmal benutzt.

Lukas verwendet es dagegen dreizehnmal. Als Beispiele seien folgende Verse angeführt, wobei wir nicht die Parallelstellen der oben genannten Verse zitieren:

„Und er redete und lobte Gott“ (Kap. 1,64).

„Da nahm auch er es auf die Arme und lobte Gott“ (Kap. 2,28).

„Er hob seine Hände auf und segnete sie. Und es geschah, während er sie segnete, daß er von ihnen schied und hinaufgetragen wurde in den Himmel“ (Kap. 24,50.51). Bei dem letzten Blick, den wir hier auf den Heiland werfen dürfen, wird uns Seine Haltung – die erhobenen Hände – offenbart, die Er bis zu Seinem Wiederkommen beibehält.

Schließlich sei noch erwähnt, daß Elisabeth, Maria und die übrigen das Evangelium mit Lobgesängen beginnen und die Jünger es auch so beenden. „Und sie warfen sich vor ihm nieder und kehrten nach Jerusalem zurück mit großer Freude; und sie waren allezeit im Tempel und lobten und priesen Gott“ (Kap. 24,52.53).

In Verbindung mit dem Lukas-Evangelium sei nur noch auf einen weiteren Punkt hingewiesen, der schon berührt wurde. Das 15. Kapitel öffnet uns das Herz Gottes in einer Weise, wie es in den vorherigen Evangelien nicht geschehen ist. Der verlorene Sohn wird hier nach Hause gebracht, wodurch sich die Gnade Gottes offenbart. Es wird uns ebenfalls gezeigt, welche Stellung er durch Gnade empfängt; doch werden wir nicht weitergeführt, um gewahr zu werden, was anschließend passiert. Eigentlich betreten wir nicht das Haus des Vaters und werden auch nicht mit dem späteren Leben in der Gegenwart des Vaters vertraut gemacht, denn die Offenbarung des weiteren Geschehens wird für einen späteren Zeitpunkt aufbewahrt. Da wo Lukas endet, beginnt Johannes.

1 In diesem Fall geschieht die Vergebung nicht so sehr im Blick auf die ewige Vergebung (Anm. d. Übers.).

2 Im Englischen steht dafür nur ein Wort: „bless“ (Anm. d. Übers.).