Der „deutsche Blick“ ist ein Begriff, der aus der Zeit von 1933–45 stammte, in der die Nationalsozialisten in Deutschland an der Macht waren. Da die Partei (NSDAP) wenig tolerabel gegenüber regimekritischen oder gar –feindlichen Äußerungen war, musste man sehr auf der Hut sein, was man zu wem sagte und wer vielleicht zuhörte. Daher auch der prüfende „deutsche Blick“, der sicherstellten sollte, dass niemand in der Nähe war, der einen aufgrund einer für das Regime missbilligenden Aussagen denunzieren konnte und so in die Fänge der Gestapo bringen würde.

Nun ist die Zeit des Nationalsozialismus vorbei und damit die Notwendigkeit für den „deutschen Blick“. Und doch sollten wir in dem, was wir sagen, die gleiche Vorsicht und Bedachtsamkeit an den Tag legen. Kein „deutscher Blick“, sondern ein christlicher Blick; kein Blick um uns herum, sondern ein Blick der nach oben geht. Denn einer ist immer da und einer hört immer, was wir sagen.

Schon Jakobus gibt uns in seinem Brief im dritten Kapitel darüber zu denken, wie wir unsere Zunge, die wir ja zum Reden brauchen, verwenden.

Die Zunge ist nur ein sehr kleines Glied und dennoch kann sie Großes bewirken. Jakobus verdeutlicht das, indem er zwei Vergleiche heranzieht.

  1. Mit dem Gebiss, das wir in das Maul eines Pferdes legen und es so zügeln und lenken.
  2. Mit dem Ruder eines großen Schiffes, durch das der Kapitän den Kurs des Schiffes bestimmt.

Sowohl das Gebiss als auch das Ruder sind sehr kleine Dinge, verglichen mit einem großen, starken Pferd, oder einem tonnenschweren Schiff, und dennoch können sie eine große Auswirkung haben. So ist es auch mit unserer Zunge: Sie ist zwar klein, doch wenn sie verwendet wird, kann sie großes bewirken; denken wir doch nur einmal an liebende und tröstende Worte zu jemand, der enttäuscht und traurig ist.

Aber in gleicher Weise geht auch eine große Gefahr von der Zunge aus. Hier vergleicht Jakobus die Zunge mit einem kleinen Feuer, das an einer kleinen Stelle brennt und sich zu einem rieseigen Flächenbrand entwickelt. Solch eine verheerende Wirkung können unsere Worte haben. Das fällt uns nicht schwer zu verstehen, denken wir nur einmal an Verleumdungen oder ein falsches Gerücht, das über jemanden in die Welt gesetzt wird. Oft ist der Schaden, gerade in unserer digitalen Welt, irreparabel und nicht wieder gut zu machen. Die betreffende Person trägt vielleicht ein Leben daran.

Doch unser Herr möchte, dass über unsere Lippen nur Gutes geht. Wir können nicht mit unserem Mund unseren Gott und Vater und unseren Herrn Jesus loben und gleichzeitig unseren Mitmenschen, die Gottes Geschöpfe sind, fluchen, d.h. Böses über sie reden. Auch der Apostel Paulus schrieb an die Epheser, dass kein faules, d.h. verdorbenes oder schändliches Wort über ihre Lippen gehen soll (Eph 4,29). Und an die Kolosser schrieb er: „Jetzt aber legt auch ihr alles ab: Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung, schändliche Reden aus eurem Mund. Belügt einander nicht...“ (Kol 3.8–10).

Leider sind diese Ausbrüche der alten Natur doch bei uns zu finden, obwohl es nicht so sein sollte. In der Natur ist es unmöglich, dass eine Pflanze fremde Früchte, die nicht ihrem Wesen entsprechen, hervorbringt. Es ist schlicht unmöglich, dass ein Feigenbaum Oliven trägt, an einem Weinstock Feigen wachsen und Salziges süßes Wasser hervorbringt. Nur unsere Zunge ist eine Ausnahme von dieser Regel. Wir schaffen es sehr wohl, Süßes und Bitteres, Segen und Fluch, Geistliches und Fleischliches aus unserem Mund hervorkommen zu lassen. Aber das ist widernatürlich – widernatürlich in Bezug auf unsre von Gott gegebene neue Natur.

„Lass die Rede meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig vor dir sein, HERR, mein Fels und mein Erlöser“ (Psalm 19,15)

Setze, HERR, meinem Mund eine Wache, behüte die Tür meiner Lippen! (Psalm 141,3)