„Wie kann jemand Gott lieben, wenn er seinen Bruder nicht liebt?“, fragt Johannes gleichsam in 1. Johannes 4,20. „Wie kann jemand seinen Bruder lieben, ohne Gott zu lieben und seine Gebote zu halten?“, fragt er sozusagen in 1. Johannes 5,2.

Im ersten Fall ist die Liebe zu den Brüdern der Beweis für echte Liebe zu Gott. Im zweiten Fall ist die Liebe zu Gott der Beweis für echte Liebe zu den Brüdern.

Jedes wahre Kind Gottes liebt Gott, das wird niemand bestreiten. Aber wenn Gott sich heute in seinen Kindern offenbaren will (so schwach das auch oft sichtbar wird) und diese Offenbarung des Wesens Gottes in seinen Kindern bei jemand keine Liebe zu den Kindern Gottes hervorruft, dann liebt er auch Gott nicht wirklich. Das neue Leben in mir lässt mich bei dem Bruder nach Dingen suchen, die ihn als Kind Gottes erkennbar machen, und dementsprechend liebe ich ihn.

Andererseits ist die Liebe zu den Brüdern nur dann echt, wenn sie von Gehorsam gegenüber Gott begleitet ist. Liebe zu Gott zeigt sich im Gehorsam seinem Wort gegenüber. Und die Liebe zu den Brüdern liebt nicht auf Kosten der Liebe zu Gott. Die Übereinstimmung mit dem Willen Gottes bildet also den Rahmen (um nicht zu sagen: die Grenze) der Bruderliebe. Wenn ein Bruder einen falschen Weg geht, äußert sich die Bruderliebe nicht dadurch, dass ich ihn laufen lasse, seinen Weg entschuldige, ihn darin bestärke oder sogar mit ihm gehe. Echte Bruderliebe bleibt in Übereinstimmung mit Gottes Wort und ist bemüht, auch den Bruder wieder auf den Weg des Gehorsams zurückzubringen.