Tätige Liebe macht die Atmosphäre des Briefes an Philemon aus. Ein alter Apostel versucht, mit Liebe einen Bruder dazu zu bewegen, seinen entlaufenen Sklaven aufzunehmen. Philemon war voller Liebe zu allen Heiligen und diente ihnen. Jetzt sollte sich seine Liebe auch auf den neubekehrten Onesimus erstrecken. Und im Herzen des Onesimus hatte die Liebe Gottes die Bereitschaft bewirkt, zu seinem Herrn Philemon zurückzukehren, und sei es in seinen alten Dienst.

Der Brief enthält keine Lehre, aber er ist eine wunderschöne Illustration von 1. Korinther 13,4–7.

Paulus nennt sich „Gefangener Christi Jesu“. Seine Ketten waren „Fesseln des Evangeliums“. Die Liebe zu Christus ließ ihn alles direkt aus seiner Hand annehmen. – Die Liebe erduldet alles.

In allen seinen Gebeten war auch für Philemon ein Platz. Die Ausdauer, mit der Paulus „Nacht und Tag“ für die Heiligen betete, ist nachahmenswert. – Die Liebe ist langmütig.

Bevor Paulus auf sein Anliegen zu sprechen kommt, anerkennt er alles Gute bei Philemon. Dessen Liebe zu allen Heiligen bereitete Paulus Freude und Trost. – Die Liebe freut sich mit der Wahrheit.

Nicht immer glaubte Paulus alles, was er hörte (vgl. 1. Kor 11,18) Aber an der Richtigkeit des Guten, was Paulus über Philemon gehört hatte, hegte er keinen Zweifel. – Die Liebe glaubt alles.

Paulus hätte Philemon mit apostolischer Autorität gebieten können. Aber um das Herz Philemons zu gewinnen und ihm die Möglichkeit einer freiwilligen Wohltat zu lassen, nimmt Paulus sich selbst völlig zurück. Schon in der Anrede stellt er sich nicht als Apostel vor, sondern zeigt sich als der „Gefangene“, später als „der Alte“. Er trägt sein Anliegen in Form einer Bitte vor. Und in seiner „Genossenschaft“ mit Philemon gibt er ihm den ersten Platz (Philem 17). – Die Liebe tut nicht groß.

Paulus hätte die Dienste des Onesimus gut gebrauchen können. Doch er stellt seine eigenen Bedürfnisse völlig zurück und sendet ihn zu Philemon zurück. Er ist um das Wohl Philemons und Onesimus’ besorgt. – Die Liebe sucht nicht das Ihre.

Nun sollte Philemon Onesimus als einen Bruder aufnehmen, obwohl er ihn – wie es scheint – hintergangen hatte. Die Liebe, die Philemon zu allen Heiligen hatte, sollte jetzt auch Onesimus gelten. So nahm Paulus jedem Groll im Herzen Philemons den Wind aus den Segeln. – Die Liebe lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu.

Schließlich bekam Philemon Vertrauen auf Vorschuss. Paulus zweifelte nicht daran, dass Philemon noch mehr tun würde, als Paulus erbeten hatte. – Die Liebe hofft alles.

Kein Brief lässt uns so tief in das Herz dieses großen Dieners Christi blicken, wo sich diese schöne Frucht des Geistes so deutlich zeigte: die Liebe!