Der Brief an Philemon zeigt uns auf schöne Weise, dass das Christentum nicht eine bloße Theorie oder Lehre ist, sondern dass es Menschen dazu veranlassen kann, sich vollständig anders zu verhalten, als es den natürlichen Regungen und sogar auch menschlichem Gerechtigkeitsdenken entspricht.

Paulus hätte das Recht gehabt, seine apostolische Autorität zu gebrauchen, um Philemon zu befehlen, seinen untreuen Knecht wieder aufzunehmen um ihn dann Paulus zur Verfügung zu stellen. Doch die Gnade lässt ihn einen anderen Weg gehen. Er bittet Philemon und gibt ihm damit die Möglichkeit, Paulus diesen Liebesdienst aus freien Stücken zu erweisen.

Onesimus hätte auf soziale Gerechtigkeit pochen können, und hätte seine Freiheit sicher gerne behalten. Stattdessen bringt ihn das neue Leben dazu, zu seinem Herrn zurückzukehren, sogar mit der Option, in den alten Sklavendienst zurückkehren zu müssen.

Und Philemon hatte allen Grund, seinen entlaufenen Tunichtgut aufs Härteste zu bestrafen. Das war sein gutes Recht (daher auch die Anweisungen im Gesetz, vgl. 5. Mo 23,16). Aber die neuen Beziehungen zu seinem Bruder im Glauben, Onesimus, würde ihn veranlassen, ihn auch als Bruder aufzunehmen. Ihm waren „10000 Talente“ erlassen worden, und so war er jetzt gefordert, Onesimus die „100 Denare“ zu erlassen (vgl. Mt 18,23–35).

Das Wort Gottes hat nicht nur den Anspruch unser Denken zu verändern, sondern auch unser praktisches Verhalten. Christentum ist keine Theorie. Es verändert Menschen.