Und das Gesicht von den Abenden und von den Morgen, wovon gesprochen worden ist, ist Wahrheit; und du, verschließe das Gesicht, denn es sind noch viele Tage bis dahin“ (Vers 26)

Dieser Vers bezieht sich auf Vers 14 und ist eine Bekräftigung und Bestätigung dessen, was Daniel gesehen hatte. Aber er sollte es noch verschließen, weil seine Erfüllung erst viele Jahre später geschehen würde. Die Nah-Erfüllung in Antiochus Epiphanes würde erst in 200 bis 300 Jahren erfolgen; was die treuen Glaubenshelden in Israel da erleiden mussten, lesen wir in Heb 11, 34 ff.. Aber Gott hat all diese Dinge in Seiner Hand und kennt das Ende schon von Anfang an, was für ein starker Trost!

Nach der Rückkehr der Juden aus Babylon übrigens fing man auch als erstes mit dem Wiederaufbau des Altars an, und auch dort wird gerade dieses Morgen- und Abendbrandopfer besonders erwähnt (Esra 3,3). Wenn uns das antreibt, dass Gott Seine Opfer auf eine gottgemäße Weise wieder bekommt, dann können wir von einer Rechtfertigung des Heiligtums sprechen. Nach der historischen Erfüllung dieses Gesichts von Daniel 8 unter Antiochus Epiphanes ist der Tempel durch die Makkabäer auch wieder gereinigt und geweiht worden, so dass man Gott wieder Seine Opfer darbringen konnte, wo Ihm aufs neue Anbetung gebracht wurde. Dann wurde dieser Tag als das Fest der Tempelweihe festgesetzt, aber schon unter den Juden zur Zeit des Herrn Jesus war es zu einem Fest toter Formen geworden (Joh 10,22 ff.), dem Chanukka-Fest im Winter. Rituell hatten sie das Haus Gottes eingeweiht, aber innerlich waren sie weit entfernt von Ihm. Als der Herr Jesus an diesem Fest Zeugnis vor den Juden ablegte, hoben sie Steine auf, um Ihn zu steinigen.

Wenn dem Daniel gesagt wird, dass er das Gesicht verschließen sollte, dann wird dabei im Hebräischen ein anderes Wort für Gesicht gebraucht, was mehr auf die autorisierte Auslegung des Gesichtes durch Gabriel hinweist, als im ersten Teil des Verses, was mehr den eigentlichen Vorgang des Schauens beschreibt. Also nicht nur das Gesicht selbst war wahr, sondern die Auslegung desselben sollte noch verschlossen bleiben, denn sie war auf das Ende gerichtet (vgl. Dan 12,4+9). Die Bedeutung könnte erst dann erfasst werden, wenn dieses Ende gekommen sein würde – sowohl in der historischen Erfüllung als auch noch zukünftig in der prophetischen Erfüllung. Für die, die sich dann in diesen Umständen befinden würden, sind diese Dinge geschrieben, damit sie durch den Fortgang der Ereignisse nicht verunsichert würden.

Und Gott wird zu Seinem Ziel kommen! Am Ende dieser Ereignisse in der Zukunft wird Sein Heiligtum wieder gerechtfertigt werden, Er wird Seine Opfer wieder bekommen. Dann wird die Erde voll sein der Erkenntnis des Herrn, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken und die Ruhestätte Gottes wird Herrlichkeit sein (Jes 11,9+10; Hab 2,14)!

Und ich, Daniel, war erschöpft und war einige Tage krank. Dann stand ich auf und verrichtete die Geschäfte des Königs. Und ich war entsetzt über das Gesicht, und niemand verstand es“ (Vers 27)

Es ist bewegend zu sehen, wie dieser alte Mann durch das Sehen dieses Gesichtes krank wurde. Aber dann stand er wieder auf und verrichtete in Treue seine Aufgaben bei dem König. Auch auf uns kommen Nöte zu, die uns im Blick auf das Volk Gottes beschäftigen, schwierige Umstände in den einzelnen örtlichen Versammlungen, und doch geht das Leben weiter. Tag für Tag muss die Arbeit weiter getan werden. Der Anfang des Verses zeigt die Krankheit Daniels, das Ende des Verses sein Entsetzen, aber dazwischen lesen wir, dass er seine täglichen Verpflichtungen weiter erfüllte. Er ließ sich durch diese innere Last auf seinem Herzen im Blick auf sein Volk nicht davon abhalten, in Treue weiter zu arbeiten. Und er war allein dabei, er hatte niemanden, der das verstand.

Vielleicht ist nach der Betrachtung dieser schwierigen Kapitel auch mancher von uns erschöpft und hat nicht alles gleich richtig verstanden, wie es bei Daniel der Fall war. Suchen wir dann Verständnis darüber (Vers 15)? Wenn der Herr bei uns dieses Verlangen sieht, wird Er uns Verständnis schenken (Spr 2,3–5). Ist durch die Betrachtung dieser Kapitel unser Interesse an den prophetischen Schriften wachgerufen worden? Dann wird der Herr auch im Blick auf uns sagen: „Gib diesem das Gesicht zu verstehen“ (Vers 16).