Die Apostel versammelten sich zu Jesus und erzählten ihm alles was sie getan und gelehrt hatten. Wir sehen darin eine große Einfachheit, und es ist für jeden, der im Werk des Herrn beschäftigt ist, höchst gesund, mit dem, was er getan und gelehrt hat, zu Jesus zu kommen. Es gibt so etwas wie das Ausgehen im Dienst, aber auf jeden Fall sollte es auch eine Rückkehr zu Jesus geben, um ihm alles zu erzählen, was wir zu tun und zu sagen hatten. Es mag Gelegenheiten geben, wo es gut und angemessen ist, andere mit dem wunderbaren Wirken Gottes zu ermutigen, aber es gibt keine Situation, wo es nicht gut und gesund ist, damit zum Herrn zu gehen. In seiner Gegenwart sind wir nicht in Gefahr aufgebläht zu sein und höher von uns zu denken als wir sollten. Da lernen wir, wie klein wir sind, und wie fehlerhaft selbst das ist, wovon wir wünschten, dass es zur gegenseitigen Erbauung gereichen möge.

Unser Herr zeigt hier sein völliges Interesse und Mitgefühl, wenn er sagt: „Kommt ihr selbst her an einen öden Ort besonders und ruht ein wenig aus. Denn derer, die da kamen und gingen, waren viele, und sie fanden nicht einmal Zeit, um zu essen.“ Wohl uns, wenn wir öfter so ausruhen müssten, das heißt wenn unsere Arbeit so überströmend und unsere selbstverleugnenden Bemühungen zum Segen anderer so beständig wären, dass wir uns sicher sein könnten, dass der Herr diese Worte zu uns sagen wollte: „Kommt ihr selbst her an einen öden Ort besonders und ruht ein wenig aus.“ Ich fürchte, wir haben es manchmal eher nötig angetrieben zu werden, mehr zu empfinden, welchen Anspruch Seelen an uns haben, was wir nicht nur den Gläubigen, sondern jeder Kreatur schuldig sind, denn wir sind Schuldner aller Menschen. Weil wir einen solchen Christus haben, sollten wir empfinden, dass wir genügend Reichtümer für alles haben – Reichtümer der Gnade in Ihm, nicht nur für die Heiligen Gottes, sondern für die ärmsten Sünder. Die Zwölfe hatten ihren Auftrag so erfüllt, dass unser Herr sie beiseite nehmen und ausruhen lassen konnte. Das war mehr als Ruhe für den Körper – welch eine Erholung der Seele ist bei Ihm! Es ist gut, von Zeit zu Zeit so allein zu sein, und doch nicht allein – allein von Menschen, um bei dem Einen zu sein, der allen neue Kraft und gleichzeitig entsprechende Niedriggesinntheit für eine noch bessere Erfüllung unseres Dienstes geben kann, was immer es auch sei.

Sie fuhren dann insgeheim an einen öden Ort. Und jetzt ist es der Weg der Güte des Herrn, der meines Erachtens an dieser Stelle so erwähnenswert ist. Wir schätzen den Herrn nicht hoch genug; wir sind nicht einfältig genug in unseren Gedanken in Bezug auf sein Interesse an uns in allen Einzelheiten unserer alltäglichen Umstände; wir sehen in Ihm nicht immer den echten, lebendigen Freund, der mit uns beschäftigt ist und Gutes für uns im Sinn hat und sich sogar herablässt, für unseren Leib genauso zu sorgen wir für unsere Seelen. Den Beweis dafür finden wir hier vor den Zwölfen.

„Und viele sahen sie wegfahren und erkannten sie, und liefen zu Fuß von allen Städten dorthin zusammen und kamen ihnen zuvor. Und als Jesus aus dem Schiffe trat, sah er eine große Volksmenge und wurde innerlich bewegt über sie; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing an, sie vieles zu lehren.“ Das ist überaus kostbar, denn er hatte sich zurückgezogen, um den Jüngern Freizeit zu gönnen, doch sie hatten nicht einmal Zeit zu essen, und die Eile der Volksmenge war wirklich eine Störung, und trotzdem wendet sich der Herr der Volksmenge sofort in Liebe zu. Wieder finden wir hier nicht das geringste Anzeichen davon, dass er sich gestört fühlte. Den Störenfrieden begegnete er nicht mit Kälte. Im Gegenteil, er beginnt diesen neuen Dienst mit demselben Eifer, mit dem er sich auch mit seinen Jüngern zurückgezogen hatte, um ihnen ein wenig Ruhe zu geben. Ja, mehr noch, er blickt mit innerer Bewegung auf die Volksmenge, „weil sie wie Schafe waren, die keinen Hirten haben. Und er fing an, sie vieles zu lehren.“ Er kannte jedenfalls keine Freizeit, zumindest hat er sie nie für sich genutzt, obwohl es unendlich viel mehr gab, was ihn prüfte und als Mensch ermüdete, als bei irgendeinem anderen Menschen. Sofort wendet er sich diesen bedürftigen Menschen zu, um sie Dinge zu lehren, von denen sie nur wenig ahnten, dass sie sie benötigten.

„Und als es schon spät am Tage war, traten seine Jünger zu ihm und sagen: Der Ort ist öde, und es ist schon spät am Tage; entlass sie, damit sie hingehen auf das Land und in die Dörfer ringsum und sich Brote kaufen, denn sie haben nichts zu essen.“ Ach, sehen wir hier nicht unser eigenes Bild? „Entlass sie [o. Schick sie weg].“ War das alles, was die Jünger denken oder sagen konnten? Hatten sie nicht mehr Nutzen von den vergangenen Erfahrungen mit ihrem Meister gehabt? Waren sie nicht Nutznießer der Gnade gewesen, die der Herr dem armen, hirtenlosen Israel jetzt schon so lange erwiesen hatte? „Schick sie weg.“ Schick sie fort von Jesus! Ohne Erquickung von Jesus! Das war der Vorschlag den sogar Jünger dem Herrn machten. Lernen wir hier nicht etwas über unsere eigenen Herzen? Entdecken wir nicht ständig wie wenig fähig wir sind, auf die Gnade zu zählen und ihre grenzenlosen Hilfsquellen auf gegenwärtige Schwierigkeiten anzuwenden? Wenn wir die Wege des Herrn gesehen haben, mögen wir sie bewundern, aber der Glaube zeigt sich besonders dadurch, dass wir uns das, was in Christus ist, zunutze machen, um dem Mangel zu begegnen, den wir aktuell vor uns haben. Hier hatten andere Mangel; aber welcher Mangel war in ihnen selbst, wenn sich der Unglaube von Jüngern so dem Herrn gegenüber äußert! „Entlass sie, damit sie hingehen … und sich etwas zu essen kaufen.“

„Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen.“ Er handelt immer so – „gebt“. Er liebt den fröhlichen Geber; er war selbst einer, und jetzt möchte er die Herzen der Jünger dafür öffnen, richtig zu empfinden. Es ging nicht nur darum, was bei einer autoritativen Sendung durch das Land benötigt wurde, als das Reich eingeführt werden sollte, sondern jetzt ging es darum, ein Herz für die Armen, Verachteten und Elenden in Israel zu haben. Der Herr würde seinen Jüngern sein eigenes Mitgefühl geben. Er würde ihnen klarmachen, was ihnen selbst fehlte – zu empfinden was in Christus selbst für solche ist, die kein Empfinden für seine Bedürfnisse hatten, keinen Blick für den Herrn in der Zurückgezogenheit, nach der er sich sehnte. Doch das ändert nicht die Gnade, die in Christus ist. Was immer auch ein anderer falsch macht, wir müssen gut darauf achten, dass es in uns die langmütige Weisheit der Gnade hervorbringt. Es ist das Schwierigste, was wir zu lernen haben. Hier versagen die Jünger; aber sie versagen in der Gegenwart dessen, der daraus eine Gelegenheit macht, einen Begriff von seiner Gnade zu bekommen. Das ist der springende Punkt in dem ganzen Kapitel, dass er andere zum Dienen befähigt, für die Zeit nach seiner bevorstehenden und vollständigen Verwerfung.

Hier geht es nicht einfach um Gläubige, sondern wir haben hier Leute vor uns, die nur versuchten so viel wie möglich von Jesus zu bekommen, sie folgten ihm um ihretwillen – nicht um ewiges Leben zu bekommen, nicht wegen ihrer Sünden, nicht einmal wegen der Wunder, die sie gesehen hatten, sondern um von ihm für dieses Leben etwas zu bekommen. Selbst das weist der Herr nicht zurück, doch die Jünger kannten nichts von seiner Gnade. Ihnen war Autorität übertragen worden, sie hatten Kraft bewiesen, die ihnen verliehen war, sie waren zu dem Herrn gekommen und hatten ihm alles erzählt, was sie getan und gelehrt hatten. Aber wo entsprachen ihre Zuneigungen denen des Herrn? Dass sie diese Zuneigungen nicht hatten, beweisen ihre Worte an ihn. Nun musste der Herr ihnen seine eigenen Gedanken und Empfindungen mitteilen, und er tat das folgendermaßen: „Er antwortete und sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen.“ Sie mussten nicht gehen, sie mussten nichts kaufen. Was der Herr ihnen sagt, ist: „Gebt.“ – „Gebt ihr ihnen zu essen.“ „Und sie sagen zu ihm: Sollen wir hingehen und für zweihundert Denare Brote kaufen und ihnen zu essen geben?“ Hier wirkt erneut der Unglaube in ihnen. Sie dachten nicht im Geringsten daran, einkaufen zu gehen, sie wollten lediglich ihre unüberbrückbaren Schwierigkeiten vor ihren Meister bringen. Doch wofür benötigen wir Einen wie Christus, wenn nicht für Dinge, die uns unmöglich sind? Je größer die Schwierigkeit, umso geeigneter ist die Situation für den Herrn, sich selbst zu offenbaren. Er ist Herr über alles; und wenn er das ist, was kann eine Schwierigkeit anderes sein als ein Appell an seine Macht, der zeigt, dass diese Macht bei ihm immer über die Maßen vorhanden ist. „Gebt ihr ihnen zu essen.“

„Er aber spricht zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? geht hin und seht. Und als sie es wussten, sagen sie: Fünf, und zwei Fische.“ Das ist eine Besonderheit, die ich für beachtenswert halte, weil sie von praktischer Bedeutung ist. Der Herr liebt es, Gebrauch von etwas zu machen, was wir in menschlicher Weisheit verachten, auch wenn er tatsächlich in seiner eigenen Kraft wirkt. Mose mag sich auf seine Unfähigkeit berufen, aber der Herr will diesen Mann, der sich mit Reden schwertut, gebrauchen. Wenn er außerdem Aaron beauftragt, dann bringt er das Todesurteil auf alles, worauf das Fleisch vertraut. So schöpft der Herr auch jetzt aus den Hilfsmitteln, die sich bereits in den Händen der Jünger befanden. Nicht dass solche Dinge, die sie besaßen, irgendwie ausreichten ohne ihn; aber er ist immer bei uns und immer bereit, auf die eine oder andere Weise gemäß seiner allmächtigen Kraft und Güte zu wirken und zu segnen.

Als sie mit der Antwort zu ihm kamen, dass fünf Brote und zwei Fische da waren, geschah das zweifellos mit der Überzeugung, dass es keine unbefriedigendere Antwort geben konnte. Wie weise von ihnen, dass sie es als unmöglich anerkannten, eine solche Volksmenge mit irgendetwas zu ernähren, was sie selbst besaßen! Doch so wahrhaftig wie es die Weise Gottes ist, das Schwache und Geringe zu benutzen, ist es auch seine Weise, das zu demütigen, was selbstzufrieden mit der eigenen Größe ist. Und so wie der Herr im Begriff stand, genau nach diesem Prinzip mit den Jüngern zu handeln, lehrte er sie jetzt dasselbe in Bezug auf die Speisung der Volksmenge um sie herum. Es war die Anwendung seiner eigenen Schöpfermacht auf das, was zumindest aus menschlicher Sicht, total verachtenswert war. Die fünf Brote und zwei Fische schienen absurd zu sein für eine solche Volksmenge. Aber was waren sie nicht alles in den Händen Jesu?

Aber er tut noch mehr. Er befiehlt, dass sie sich in Gruppen auf dem grünen Gras hinsetzten, und sie setzten sich in Abteilungen zu je hundert und je fünfzig. Der Herr denkt sogar an äußerliche Ordnung und an Anstand in seinen Anordnungen. Er stand im Begriff ein gewaltiges Wunder zu vollbringen und ordnet die Leute sorgfältig an, um ihnen vor Augen zu führen, welche Fülle für die Bedürfnisse des Menschen in ihm zu finden ist. Er, der Verheißene, war wirklich gekommen, um seine Armen mit Brot zu sättigen (Ps 132,15). Wer waren sie, dass sie nicht an ihn gedacht, nicht mit solcher Liebe gerechnet hatten, die für noch viel größeren Mangel bereitstand als das Brot, das zum Verzehr für den Körper bestimmt ist. Doch der Herr handelte gemäß seiner eigenen Güte, und keinesfalls gemäß der Gesinnung eines Jüngers. Die Volksmenge war nicht vorbereitet auf sein Werk, aber die Jünger waren ebenso blind. Sie ahnten genauso wenig, was jetzt kommen würde, wie die Volksmenge. Dass wir Gläubige sind, ist keine Garantie dafür, dass wir Glauben für irgendeine bestimmte Notlage haben, die vor uns liegt. Beständige Abhängigkeit von Gott ist nötig, damit wir über die Wege des Herrn die richtigen Gedanken haben. Sonst sind wir genauso töricht wie als wenn wir überhaupt keinen Glauben haben, und ganz sicher sind wir es, wenn wir die Schwierigkeiten nicht an dem Herrn Jesus messen. Bring ihn hinein und die Schwierigkeit ist vorbei.

Doch darüber hinaus stellt der Herr die Jünger als Übermittler zwischen sich selbst und der Volksmenge an. Wie hat der Herr doch fortwährend ihr Böses mit Gutem vergolten, indem er die armen Jünger, die seine Empfindungen der Liebe und des Mitgefühls so wenig wertschätzten, vor allen ehrt. Er verteilt das Brot nicht selbst, als würde er seine Diener nicht beachten. Er beabsichtigte, seinen Jünger zu zeigen, dass die Liebe Christi gerne durch menschliche Kanäle wirkt. Derselbe Unglaube, der einerseits nichts in Jesus sieht, ist andererseits geneigt, zu übersehen und zu leugnen, dass Jesus geeignete Instrumente gebraucht, um seine Segnungen in dieser Welt auszuteilen. Doch so wie Jesus allein die Quelle alles Segens war, so waren die Jünger die Kanäle dieses Segens, wobei sie sowohl lernten als auch lehrten, was die Gnade an ihnen und durch sie tun kann. Dementsprechend nahmen die Jünger das Brot aus den Händen Jesu, und auf diese Weise wurde die gewaltige Volksmenge versorgt. So war es damals die Weise des Herrn, und so ist sie es auch heute. Die Wunder seiner Gnade sind gleichsam nicht seiner eigenen Hand vorbehalten, denn obwohl er allein die ständige, lebendige Quelle der Gnade ist, wirkt er doch gleichzeitig durch wen er will, und meistens umgibt er die unehrbarsten Glieder mit der meisten Ehre; denn wir wissen, dass wie in der Natur das vitalste und lebensnotwendigste Glied am besten beschützt und am wenigsten sichtbar ist, so ist es auch in seinem Leib, in der Versammlung: „Wer sich rühmt, rühme sich des Herrn“ (1. Kor 1,31). Er war in ihrer Mitte als „der Dienende“. Der Herr zeigt keineswegs, welchen Wert Dieser oder Jener hat, sondern er offenbart seine eigene Gnade und Kraft gemäß seinem eigenen, souveränen Willen. Doch die Jünger müssen lernen, dass, wenn sie auch zurechtgewiesen wurden und ihr Unglaube völlig offenbar wurde, die Gnade des Herrn ihnen gegenüber sich doch nie veränderte – nein, seine Gnade konnte sie unmittelbar anschließend als solche anstellen, die das Brot zur Versorgung der hungernden Volksmenge verteilen sollten. Welche Gnade ihnen gegenüber!

Die ganze Szene ist höchst lehrreich, besonders weil sie uns die Art und Weise seines eigenen Dienstes und des Versagens anderer sehen lässt. „Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte auf zum Himmel, segnete und brach die Brote und gab sie seinen Jüngern, damit sie ihnen vorlegten; und die zwei Fische verteilte er unter alle. Und sie aßen alle und wurden gesättigt. Und sie hoben auf an Brocken zwölf Handkörbe voll, und von den Fischen. Und es waren derer, die von den Broten gegessen hatten, fünftausend Männer.“ Die Brocken überstiegen bei weitem das, was sie ursprünglich dabei hatten, doch auch die Brocken werden nicht vergessen oder verachtet. Welche Einfachheit liegt in seiner Fürsorge, selbst da noch, wo er sicherstellte, dass vor ihren Augen bezeugt wurde, dass die ganze Handlung den Charakter eines Wunders trug.