Welch ein Trost inmitten von Versuchungen auf dem Weg liegt darin, zu wissen, dass wir einen Hohenpriester haben, der Mitleid hat. Oft gehen wir zu anderen mit unseren Versuchungen und begegnen einander mit einem gewissen Maß an Mitleid: „Ein Freund liebt zu aller Zeit und als Bruder für die Drangsal ist er geboren.“ Doch wie unvollständig ist das Mitleid selbst des teuersten Freundes! Es gibt Erfahrungen und Schwachheiten und Nöte, über die zu sprechen wir uns schämen oder bei denen wir wissen, wie nutzlos es ist, sie dem besten irdischen Freund zu erzählen. Wie schön ist es, zu wissen, dass nicht die geringste Erfahrung, die wir haben, der Aufmerksamkeit unseres geliebten Hohenpriesters entgeht! Jede Versuchung, und sei sie auch so klein, dass du dich schämst, einem Menschen davon zu erzählen, kannst du seinem mitfühlenden Ohr mitteilen. Er wurde versucht wie wir – denn das hat ihn befähigt, ein barmherziger Hoherpriester zu sein! Er ist durch unsere Erfahrungen hindurchgegangen. Er hat nicht nur göttliche Kenntnis von unserem Weg – Gott hat diese Kenntnis: „Als mein Geist in mir ermattete, da kanntest du meinen Pfad“, sagt der Psalmist (Ps 142,4). Gott kennt den Weg der Seinen. Er nahm Kenntnis von den Leiden Israels in Ägypten; aber, Geliebte, bei unserem Herrn ist es mehr als göttliche Kenntnis der Leiden und Nöte der Seinen; es ist göttliche Erfahrung dieser Leiden und Nöte.

Schau in das Buch der Psalmen. Es ist das Buch der Erfahrungen eines schwachen, ja eines sündigen und oft versagenden Volkes; aber wenn du das Buch durchliest, findest du überall vermischt mit diesen Erfahrungen eines versagenden Volkes gleiche Erfahrungen Dessen, der ebenfalls hindurchgegangen ist, jedoch getrennt von Sünde. Dort findest du den Herrn, getrennt von einer gottlosen Nation, umgeben von einer Masse von Bekennern, die aber keine Freude an Gott hatten, und du siehst die Leiden, die es auf seine Seele brachte. Du findest ihn in denselben Umständen, in denen wir sind, umgeben von einer Masse gottloser und christusloser Bekenner. Er kennt die Leiden, durch die sein Volk in dieser Hinsicht gehen muss.

Wir lesen im Johannesevangelium, dass selbst seine Brüder nicht an ihn glaubten; und vielleicht leben wir auch in einem christuslosen Haushalt, wo die Ehefrau oder der Ehemann den Herrn Jesus nicht kennen und nicht lieben. Liebe Freunde, Bekannte oder Verwandte mögen weit von uns entfernt sein, was die Erkenntnis Christi angeht. Oh, der Mann der Schmerzen, der diesen Titel annahm, weiß, was das bedeutet. In welcher Erfahrung du dich auch befinden magst, in welcher Not du auch stecken magst, die du nicht durch einen falschen Weg selbst über dich gebracht hast, du darfst daran denken, dass unser geliebter Herr denselben Weg vor dir beschritten hat.

In seinem Buch Die Pilgerreise beschreibt John Bunyan einen Charakter, der am Ende seines Lebens sagte: „Es war mein Begehren, meinen Fuß überall dort hinzusetzen, wo ich die Fußspuren des Herrn Jesus gefunden habe.“ Wie schön ist das! Aber, liebe Geschwister, weitaus schöner ist der Gedanke, dass unser geliebter Herr suchte, als er hier auf der Erde war, woher die Fußspuren seiner Leidgeprüften führen würden, und genau dahin setzte er seinen Fuß. Christus ist durch alle Umstände der Wüste hindurchgegangen. Er weiß, was das alles bedeutet, in einer Weise, die alle Erfahrungen selbst der erfahrensten Gläubigen unendlich weit übersteigt, denn er ist getrennt von der abstumpfenden, trübenden, nutzlosen Erfahrung der Sünde hindurchgegangen. Wenn wir durch die Wüste gehen, geben wir leider der Sünde zu oft nach. Als unser geliebter Herr hindurchging, hatte er nicht einen einzigen Gedanken, der nicht in Übereinstimmung mit dem Willen seines Vaters war.