„Denn unsere Ermahnung war nicht aus Betrug, noch aus Unreinigkeit, noch mit List;  sondern so, wie wir von Gott bewährt worden sind, mit dem Evangelium betraut zu werden, so reden wir, nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft. Denn niemals sind wir mit einschmeichelnder Rede umgegangen, wie ihr wisst, noch mit einem Vorwand für Habsucht, Gott ist Zeuge; noch suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch, noch von anderen, obwohl wir euch als Christi Apostel zur Last sein konnten; sondern wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine nährende Frau ihre eigenen Kinder pflegt. So, da wir ein sehnliches Verlangen nach euch haben, gefiel es uns wohl, euch nicht allein das Evangelium Gottes, sondern auch unser eigenes Leben mitzuteilen, weil ihr uns lieb geworden wart.  Denn ihr gedenkt, Brüder, an unsere Mühe und Beschwerde: Nacht und Tag arbeitend, um niemand von euch beschwerlich zu fallen, haben wir euch das Evangelium Gottes gepredigt. Ihr seid Zeugen und Gott, wie göttlich und gerecht und untadelig wir gegen euch, die Glaubenden, waren; gleichwie ihr wisst, wie wir jeden einzelnen von euch, wie ein Vater seine eigenen Kinder, euch ermahnt und getröstet und euch bezeugt haben, dass ihr wandeln solltet würdig des Gottes, der euch zu seinem eigenen Reich und seiner eigenen Herrlichkeit beruft.“

Der Apostel deckt in diesem Abschnitt das Innerste seines Herzens auf in Bezug auf das Predigen des Evangeliums und offenbart seine Motive sowohl vor Gott als auch vor den Menschen. Er lebte und arbeitete im Licht und hatte demnach nichts zu verbergen. Geleitet vom Heiligen Geist spricht er daher über sich selbst, damit alle, die den Dienst des Wortes tun, von seinem Beispiel profitieren.

Er geht sofort bis zur Wurzel des Themas, wenn er darauf hinweist, dass er „von Gott bewährt worden ist, mit dem Evangelium betraut zu werden“ (1. Thes 2,4). Dann fügt er hinzu – und ich wünschte, alle, die für sich beanspruchen, von Gott gesandt zu sein, könnten so sprechen –: „So reden wir, nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft.“ Der Prediger schaut in die Gesichter der Zuhörer, und jeder Diener kennt die Versuchung, dem Publikum gefallen zu wollen; das Gegenmittel hierzu liegt darin, sich an die Quelle des Dienstes zu erinnern und an die damit verbundene Verantwortung, dem zu gefallen, der uns als Soldaten angeworben hat (2. Tim 2,4). Dann wird man fähig sein, als aus Gott zu reden, vor Gott, in Christus (2. Kor 2,17); denn der Mensch wird aus seinem Blickfeld verschwinden und Gott allein wird vor der Seele stehen. So war es bei Paulus. Und er konnte daher bezeugen, dass er

  1. zu keiner Zeit mit einschmeichelnder Rede umgegangen war (und er ruft diejenigen, denen er schrieb, als Zeugen an in dieser Sache),
  2. auch nicht mit einem Vorwand für Habsucht (Gott war Zeuge hierfür) und
  3. obwohl er ein Apostel war, und seinen offiziellen Anspruch hätte vertreten können, keine Ehre von Menschen gesucht hatte, weder von ihnen noch von anderen.

Er hatte überhaupt keine Wünsche für sich selbst in seiner Arbeit. Andererseits war er

  1. in ihrer Mitte zart gewesen wie eine nährende Frau ihre eigenen Kinder pflegt.
  2. war sein Herz so weit für sie, dass er bereit war, ihnen nicht nur das Evangelium Gottes, sondern auch sein eigenes Leben mitzuteilen, weil sei von ihm geliebt waren.
  3. erinnerte er sie daran, dass er Nacht und Tag gearbeitet hatte, um ihnen in seinem Dienst nicht beschwerlich zu werden.
  4. ruft er sowohl sie als auch Gott als Zeugen an in Bezug auf seinen Lebenswandel, „wie göttlich (o. heilig) und gerecht und untadelig“ er gegen sie, die Glaubenden, gewesen war.
  5. hatte er jeden von ihnen ermahnt und getröstet und aufegefordert „wie ein Vater seine eigenen Kinder“, dass sie würdig des Gottes wandeln sollten, der sie zu seinem Reich und zu seiner eigenen Herrlichkeit berufen hatte.

Welch ein Vobild eines treuen, selbstlosen, hingebungsvollen und liebevollen Dieners! Und welch ein Tadel für viele von uns, wenn wir dies anschauen!