„Und sie nötigten ihn und sagten: Bleibe bei uns, denn es ist gegen Abend, und der Tag hat sich schon geneigt. Und er ging hinein, um bei ihnen zu bleiben“ (Lk 24,29).

„Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und spricht zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sagten zu ihm: Rabbi (was übersetzt heißt: Lehrer), wo hältst du dich auf? Er spricht zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen nun und sahen, wo er sich aufhielt, und blieben jenen Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde“ (Joh 1,38.39).

In dem Sendschreiben an Laodizea steht der Herr an der Tür, klopft an und sagt: „Wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und das Abendbrot mit ihm essen und er mit mir“ (Off 3,20). In den Begebenheiten, aus denen die obigen Verse zitiert sind, finden wir Beispiele für die Erfüllung dieser Verheißung.

Die zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus hatten zwar ihren Wegbegleiter nicht erkannt, aber sie waren von Ihm angezogen, denn ihre Herzen brannten in ihnen, als Er auf dem Weg zu ihnen redete und Er ihnen die Schriften öffnete. Als sie dann an ihrem Zielort ankamen und Er sich stellte, als wolle Er weitergehen, nötigten sie Ihn, bei ihnen zu bleiben, „denn“, sagten sie, „es ist gegen Abend und der Tag hat sich schon geneigt.“

Sie hatten tatsächlich „seine Stimme“ gehört und die Tür geöffnet, und Er war freudig hereingekommen und Er hatte mit ihnen das Abendbrot gegessen. Und während Er in seiner Gnade mit ihnen zu Tisch lag, wurden ihre Augen aufgetan, und sie erkannten Ihn. Es war das erste Mal, dass sie Ihn wahrhaftig sahen und erkannten (vgl. 1. Joh 1,1–3) – denn nur in so einer inniger Gemeinschaft zeigt sich der Herr den Seinen völlig. Wie hoch wäre ihr Verlust gewesen, wenn sie Ihn nicht genötigt hätten hereinzukommen!

Die andere Seite der Verheißung sehen wir bei den zwei Jüngern von Johannes dem Täufer: Sie „aßen das Abendbrot mit Christus“. Sie hatten die Worte ihres Meisters gehört, als er, erfüllt von der Schönheit dessen, den er anschaute, sagen konnte: „Siehe, das Lamm Gottes.“ Dieses unbewusste Zeugnis (denn es war eher der Ausdruck der Anbetung seines Herzens als ein bewusstes Zeugnis) drang mit so einer Kraft in ihre Herzen, dass sie ihren Herrn verließen und Jesus nachfolgten. Die Anziehungskraft des „Lammes Gottes“ überwältigte sie und zog sie weg von ihrem geliebten Meister, in dem sehnlichen Verlangen, mehr von dem kennenzulernen, auf den sie hingewiesen worden waren. Die Empfindungen des Johannes hatten sich auf ihre Herzen übertragen (und das ist immer das Merkmal eines Zeugnisses in der Kraft des Geistes), und nun trachteten sie nur noch danach, „die Lieblichkeit des Herrn anzuschauen und nach ihm zu forschen in seinem Tempel“ (Ps 27,4).

Jesus wandte sich um und sah sie nachfolgen und sagte zu ihnen: „Was sucht ihr?“ Er kannte ihre Herzen. Er hatte die Wirkung der Worte seines Dieners beobachtet; und jetzt wollte Er ihnen durch seine Frage ihr Verlangen entlocken, damit Er es über alle ihre Erwartungen hinaus befriedigen könnte. Sie antworteten: „Lehrer, wo hältst du dich auf?“, denn sie waren bereits darüber belehrt, dass man Christus nur da, wo Er ist, völlig erkennen kann. Wie der Königin von Scheba genügte ihnen der Bericht nicht, der ihnen zu Ohren gekommen war, sondern sie wollten selbst seine Schönheit sehen und seine Weisheit hören, an dem einzigen Platz, wo Er völlig offenbaren konnte, was Er ist – da, wo Er sich aufhielt.

Sie hätten dem Herzen Christi keine größere Freude bereiten können als durch diese Frage. Daher antwortet Er sofort: „Kommt und seht.“ – „Sie kamen nun und sahen, wo er sich aufhielt, und blieben jenen Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde.“ Sie gingen hin, traten auf seine Einladung herzu ein und „aßen das Abendbrot“ mit Ihm, denn sie weideten sich an Ihm und an seinen Dingen. Dass sie überreich gesättigt waren, wissen wir, denn sie verließen diesen Platz der vertrauten Gemeinschaft, gebannt von der Schönheit, die sie gesehen hatten, um von dem Einen zu zeugen, den sie gesehen und gehört hatten. Und wir sind sicher, dass sie mit der Königin von Scheba hätten sagen können: „Das Wort ist Wahrheit gewesen, das ich in meinem Land über deine Sachen und über deine Weisheit gehört habe; und ich habe den Worten nicht geglaubt, bis ich gekommen bin und meine Augen es gesehen haben. Und siehe, nicht die Hälfte ist mir berichtet worden; du übertriffst an Weisheit und Gut das Gerücht, das ich gehört habe“ (1. Kön 10,6.7).

Wir verlieren also viel, wenn wir den Herrn nicht nötigen hereinzukommen und bei uns zu bleiben, aber wir verlieren noch mehr, wenn wir nicht an den Ort eilen, wo er sich aufhält, den einzigen Ort, wo wir Ihn völlig erkennen und seine Herrlichkeit anschauen können. Nichts weniger wird sein Herz befriedigen, und wenn wir danach verlangen, in Gemeinschaft mit Ihm zu sein, wird auch nichts weniger unsere Herzen befriedigen.