Wenn es darum geht, dass wir Gott missfallen, dann denken wir an unsere eigenen Sünden: an unsere Missgunst, Wut, Untreue und vieles mehr. Aber denken wir auch daran, dass wir Gott verunehren können, indem wir an fremden Sünden teilhaben?

Das ist gerade das, was Paulus in seinem ersten Brief an Timotheus schreibt: „Die Hände lege niemand schnell auf, und habe nicht teil an fremden Sünden“ (1. Tim 5,22). Wenn wir jemand, der sündigt, die „Hände auflegen“, uns also mit dieser Person einsmachen, bekommen wir Anteil an verkehrten Wegen, Werken und Worten, obwohl wir sie selbst nicht tun. Das ist die Belehrung der Heiligen Schrift.

Wir wollen uns einige Schriftstellen ansehen, die deutlich zeigen, dass wir uns vom Bösen distanzieren müssen. Dabei geht es um ganz unterschiedliche Dinge, Personen oder Orte. Das soll aber in diesem kurzen Aufsatz nicht weiter herausgearbeitet werden, sondern wir wollen durch die Schrift den großen Grundsatz erkennen, dass Heilige sich nicht mit Bösem einsmachen, sondern davon abstehen sollen.

Götzentempel nicht aufsuchen

Viele Christen in Korinth glaubten, in einen Götzentempel gehen zu dürfen, weil sie wussten, dass ein Götze nichts war (1. Kor 8,4). Doch diese Freiheit hatten sie nicht. Denn wenn sie im Götzentempel Fleisch aßen, das Götzen geopfert wurde, verbanden sie sich mit dem Götzendienst und kamen in Gemeinschaft mit Dämonen (1. Kor 10,20–22) – ob sie das wollten oder nicht, ob sie das wussten oder nicht. Wenn sie, die am Tisch des Herrn teilnahmen, zum Götzenaltar gingen, dann reizten sie den Herrn zur Eifersucht und forderten Ihn heraus, seine Macht zu zeigen. – Wir haben es heute in unserem Land nicht mit Tischen von Dämonen zu tun, aber mit Lehren von Dämonen (1. Tim 4,1). Unser ganzes Verhalten muss zeigen, dass wir nichts mit diesen Lehren zu tun haben.

Irrlehrer nicht aufnehmen und grüßen

In 2. Johannes 10.11 steht: „Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht. Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken.“ Man sollte also jemand, der Irrlehren über den Herrn Jesus verbreitet, nicht in das Haus aufnehmen und nicht einmal grüßen. Denn wer ihn grüßt, macht sich mit ihm eins und wird zu einem Teilhaber an seinen bösen Werken. Nicht zu grüßen mag sehr unhöflich wirken, aber die Ehre unseres großen Herrn nötigt ein derart entschiedenes Verhalten ab. Wir sollen eine böse Lehre über den Herrn nicht nur im Herzen und mit dem Mund verurteilen, sondern wir müssen durch unser Verhalten zeigen, wie wir dazu stehen.

Von „Gefäßen zur Unehre“ absondern

In dem „großen Haus“ der Christenheit gibt es Gefäße zur Ehre und zur Unehre (2. Tim 2,19–22). Wenn wir Gefäße zur Ehre Gottes sein wollen, müssen wir uns von den Gefäßen zur Unehre absondern. Gefäße zur Unehre sind solche, die sich Christen nennen, aber zum Beispiel durch glaubenszerstörende Lehren dem Hausherrn Unehre bereiten (2. Tim 2,18). Von diesen Gefäßen müssen wir uns äußerlich trennen. Es genügt nicht, wenn wir nur innerlich von der Ungerechtigkeit abstehen – obwohl das natürlich sehr wichtig ist und niemals fehlen darf (vgl. 2. Tim 2,22).

Böse Systeme verlassen

Der Schreiber des Hebräerbriefes forderte die gläubigen Hebräer auf, aus dem „Lager“ hinauszugehen (Heb 13,13). Dieses Lager war das Judentum, das Christus gekreuzigt hatte und ihn weiterhin zurückwies. Auch wenn dieses Gebot heute viele Christen nicht mehr unmittelbar betrifft, bleibt das Prinzip bestehen: Wir müssen uns von einem religiösen System trennen, das für den Sohn Gottes keinen Platz hat. Der Protest mit dem Mund genügt hier nicht, die Füße müssen aktiv werden.

In Offenbarung 18,4.5 werden Gläubige aufgefordert, ein götzendienerisches, dämonisches System zu verlassen: „Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel sagen: Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet und damit ihr nicht empfangt von ihren Plagen; denn ihre Sünden sind aufgehäuft bis zum Himmel, und Gott hat ihrer Ungerechtigkeiten gedacht.“ Es geht um Babylon, die abtrünnige Kirche, die sich nach der Entrückung der Gläubigen formieren wird. Da sich jedoch einige Charakterzüge dieser „Anti-Kirche“ schon im Lauf der Jahrhunderte ausgeprägt haben, tun wir gut daran, den Grundsatz der Absonderung auf uns anzuwenden. Wer in „Babylon“ bleibt, wird der Sünden Babylons teilhaftig und wird von ihren Plagen empfangen. Es ist darum eine äußere Trennung von einem derart verderbten System nötig. Eine innere Abneigung gegen das Böse und ein mehr oder weniger lauter Protest reichen nicht aus.

Keine Freundschaft mit der Welt

Die Freundschaft mit der Welt ist Feindschaft gegen Gott (Jak 4,4). Dementsprechend wird in 2. Korinther 6,14.15 vor einer „Jochgemeinschaft“ zwischen Gläubigen und Ungläubigen gewarnt: „Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis?“ In den folgenden Versen zeigt Paulus, dass der Tempel Gottes – also die Versammlung (1. Kor 3,16.17) – nicht mit Götzenbildern verbunden sein darf. Und wenn doch eine Vermischung stattgefunden hat, gilt das, was schon den Juden in der babylonischen Gefangenschaft zugerufen wurde: „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen“ (2. Kor 6,17; vgl. Jes 52,11).

Böse hinaustun

Wir haben bisher über die persönliche Verantwortung nachgedacht, keine böse Verbindung einzugehen oder mit ihr zu brechen. Doch die örtliche Versammlung hat zudem die gemeinsame Verantwortung, mit dem Bösen in ihrer Mitte zu handeln. In Korinth kam ein Fall von Unzucht vor, wie er selbst unter den Nationen nicht üblich war. Der, der diese Tat begangen hatte, musste – in tiefer Demütigung vor Gott – aus der Mitte der Korinther hinausgetan werden (1. Kor 5,1.3.13). „Wisst ihr nicht“, schreibt Paulus, „dass ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuert? Fegt den alten Sauerteig aus“ (1. Kor 5,6.7). Und auch bei falscher Lehre spricht der Apostel von „Sauerteig“ und dessen verheerender Wirkung (Gal 5,9). Wenn also eine Versammlung mit dem Bösen – sei es moralisch oder lehrmäßig – in ihrer Mitte nicht handelt, dann verliert sie ihren Charakter der Heiligkeit. Der Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig.

Beispiele aus dem Alten Testament

Nun wollen wir noch einige Begebenheiten aus dem Alten Testament betrachten, die uns den Grundsatz zeigen, dass die Trennung vom Bösen nötig ist, um nicht an Sünden anderer (und deren Folgen) Anteil zu bekommen.

Die Rotte Korahs

Als Korah und seine Rotte sich gegen Mose und Aaron empörten und das Priestertum an sich reißen wollten, sprach der HERR zu Mose: „Rede zu der Gemeinde und sprich: Erhebt euch ringsum weg von der Wohnung Korahs, Dathans und Abirams. ... Und er redete zu der Gemeinde und sprach: Weicht doch von den Zelten dieser gottlosen Männer und rührt nichts an, was ihnen gehört, dass ihr nicht weggerafft werdet in allen ihren Sünden! Und sie erhoben sich ringsum weg von der Wohnung Korahs, Dathans und Abirams“ (4. Mo 16,24.26.27; Hervorhebung hinzugefügt). Dann öffnete sich die Erde und die Empörer wurden mitsamt ihren Familien verschlungen (4. Mo 16,31–33). Wer diesem furchtbaren Gericht entgehen wollte, musste von den Zelten Korahs und seiner Rotte weggehen.

Der Hohepriester Eli

Eli, der Hohepriester in Israel, war ein gottesfürchtiger Mann. Aber seine Söhne waren „Söhne Belials“, die durch ihre üblen Taten den heiligen Opferdienst in Israel verächtlich machten. „Ihre Sünde war sehr groß vor dem HERRN“ (1. Sam 2,12.17). Der hochbetagte Eli wies seine gottlosen Söhne zwar zurecht, doch das war nicht genug: Er hätte ihnen wehren müssen (vgl. 1. Sam 2,22–25; 3,13). Weil der Hohepriester Eli das nicht tat, wurde er mitverantwortlich für das Böse, das seine Söhne verübten. Dies zeigen die Worte des Propheten, der im Auftrag Gottes zu ihm sprach: „Warum tretet ihr mit Füßen mein Schlachtopfer und mein Speisopfer, die ich in der Wohnung geboten habe? Und du ehrst deine Söhne mehr als mich, dass ihr euch mästet von Erstlingen aller Opfergaben Israels, meines Volkes“ (1. Sam 2,29; Hervorhebung hinzugefügt). Weil Eli angesichts des Bösen nicht handelte, musste ihm und seinem ganzen Haus das strenge Gericht des HERRN gepredigt werden (1. Sam 2,30 ff.). Wir sehen: Es genügt nicht, im Herzen richtig zu stehen. Es reicht auch nicht aus, mit Worten das Verkehrte anzuprangern. Manche Sünden haben einen derart ernsten Charakter, dass wir klar von ihnen abrücken und unser Verantwortung gemäß handeln müssen. Wir wollen ja keine Gemeinschaft mit etwas haben, was Gottes Namen verunehrt.

Jonathan, der Freund Davids

Jonathan, der Sohn Sauls, war ein sehr guter Freund von David, den Gott zum König über Israel bestimmt hatte. Jonathan verzichtete auf seinen Prinzenstatus: Er gab David sein Oberkleid, seinen Waffenrock, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel, allerdings nicht die Schuhe seiner Füße (1. Sam 17,4). Jonathan war bereit, um Davids willen auf den Königsthron zu verzichten (vgl. 1. Sam 23,17). Als sein Vater Saul die Absicht äußerte, David töten zu wollen, legte Jonathan ein gutes Wort für seinen Freund ein (1. Sam 19,4.5). Später tat er es noch einmal, was ihm fast sein Leben gekostet hätte, weil sein wildgewordener Vater einen Speer nach ihm warf (1. Sam 20,32–33). Als David schließlich auf die Flucht ging, gab es zwischen den beiden Freunden einen bewegenden Abschied. Aber eins tat Jonathan nicht: Er ging nicht mit David mit (1. Sam 21,1). Später suchte er David wohl auf und stärkte seine Hand in Gott (1. Sam 23,16). Aber er kehrte „mit seinen Füßen“ wieder in das Haus seines Vaters zurück (1. Sam 23,18). Er brach nicht endgültig mit seinem Vater, den Gott doch verworfen hatte. Jonathan vollzog keine äußere Trennung von dem gottlosen Saul. Und deshalb musste er auch, was diese Erde betrifft, das Los mit Saul teilen: beide fielen durch die Hand der Philister auf dem Gebirge Gilboa (1. Sam 31). – Über den Herrn und den Sohn Davids Gutes zu reden, ist etwas, was Gott anerkennt. Besonders, wenn man es vor den erklärten Feinden seines Sohnes tut. Doch es kann zu wenig sein, dass auch unsere Füße zu protestieren haben.

Der Mann Gottes aus Juda

Als der König Jerobeam den Kälberdienst in Dan und Bethel eingeführt und aus dem einfachen Volk Priester für seinen eigenwilligen Gottesdienst rekrutiert hatte, sandte Gott einen Propheten nach Bethel, um eine Botschaft des Gerichts zu überbringen (1. Kön 13,1 ff.). Er gebot diesem Propheten ausdrücklich, in dieser bösen Stadt Bethel kein Brot zu essen und kein Wasser zu trinken. Als der Mann Gottes seine Botschaft ausgerichtet und für den König Jerobeam wirksam um Heilung für seine verdorrte Hand gebeten hatte, schlug er eine Einladung von Jerobeam aus und machte sich auf den Weg nach Hause. Doch kurz danach wurde er schwach und nahm die Einladung eines alten Propheten aus Bethel an, der behauptete, ihm im Auftrag eines göttlich gewiesenen Engels in sein Haus gebeten zu haben. Und was geschah, nachdem der Mann Gottes im „Götzenhaus“ Bethel (Hos 4,15; 10,5) Gemeinschaft mit dem alten Propheten gehabt hatte? Er wurde kurze Zeit später auf dem Rückweg von einem Löwen getötet und sein Leichnam kam nicht in die Gräber seiner Väter. Dieser Mann Gottes hatte die goldenen Kälber in Bethel nicht angebetet und war sogar ein mutiger Zeuge gegen diese grobe religiöse Verirrung gewesen. Doch das genügte nicht: Er hätte jede Gemeinschaft in Bethel vermeiden müssen. Weil er das nicht beachtet hat, wurde sein Dienst auf der Erde beendet. Wie ernst ist das!

Göttliche Verheißungen

Absonderung und Trennung fallen niemand leicht. Es kann uns manche innere Not und Unverständnis einbringen. Aber wir wollen die Gemeinschaft mit unserem Gott und Vater und die Anerkennung unseres Meisters höher achten. Und wir möchten auch an die besonderen Verheißungen denken, die Gott denen gibt, die sich treu vom Bösen distanzieren: Wer aus dem „Lager“ hinausgeht, findet den Herrn Jesus und seine Schmach, die eine Ehre ist (Heb 13,13); wer sich von Babylon trennt, entgeht den göttlichen Plagen (Off 18,4); wer sich von den Gefäßen zur Unehre absondert, wird ein geheiligtes, nützliches und zu allem brauchbares Gefäß zur Ehre des Hausherrn (2. Tim 2,21); und wer aus der Mitte der Götzendiener weggeht, wird von Gott aufgenommen und kann die Beziehung zu Ihm ungestört genießen (2. Kor 6,18). Das sind großartige Verheißungen Gottes, die uns Mut machen sollen, entschieden zu handeln.

Drei wichtige Punkte

Zum Schluss möchte ich noch auf drei wichtige Punkte hinweisen, die zu einer gottgemäßen Absonderung gehören. Erstens muss die Trennung vom Bösen immer gepaart sein mit innerer Heiligkeit und mit der Gesinnung der Demut. Wir wollen nicht zu denen gehören, die hochmütig sprechen: „Bleib für dich und nahe mir nicht, denn ich bin dir heilig!“ (Jes 65,5). Zweitens wollen wir daran denken, dass nicht jede Sünde gleich schwer wiegt und dass unsere Reaktion auf die Sünden anderer darum unterschiedlich ausfallen muss. Wir sollen uns wohl von jeder Art des Bösen fernhalten (1. Thes 5,22) – aber wie das geschieht, wird ganz verschieden aussehen. So ist selbstredend nicht bei jeder Sünde eine äußere Trennung oder ein Ausschluss aus der Gemeinschaft der Heiligen nötig. Drittens wollen wir auch erwägen, dass wir nicht nur versagen, wenn wir Gemeinschaft mit Bösem machen, sondern auch, wenn wir die Gemeinschaft mit denen verweigern, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen.

Dennoch gilt es festzuhalten: Wir wollen auf der Hut sein, dass wir nicht Anteil an fremden Sünden bekommen und Gottes Wort auch in diesem Punkt wirklich ernst nehmen.