In einer Synagoge heilte der Herr eine Frau, die achtzehn Jahre lang von schweren Rückenproblemen geplagt wurde. Er tat dies am Sabbat und löste damit den Widerstand des Synagogenvorstehers aus. Doch der Herr entlarvte die Heuchelei Seiner Feinde und beschämte sie vor der Volksmenge, die sich über die herrlichen Dinge freute, die Er tat.  

Die Lehre des Herrn

Der Herr lehrte an einem Sabbat in einer Synagoge (Lk 13,10). Das war Seine Gewohnheit von Anfang Seines öffentlichen Dienstes an (Lk 4,16; Joh 18,20). Soweit die Schrift es berichtet, hielt Er sich bei dieser Begebenheit das letzte Mal in einer Synagoge auf. Wo die Synagoge stand, wird nicht gesagt. Es geht hier vor allem darum, wann sich die wunderbare Heilung ereignete: an einem Sabbat.

Die gekrümmte Frau   

„Und siehe“ – mit diesen Worten lenkt der Heilige Geist in Vers 11 die Aufmerksamkeit auf eine gekrümmte Frau in der Synagoge.

Lukas, der Arzt, beschreibt ihre Lage eindrücklich (Lk 13,11.16):

  • Sie war schon achtzehn Jahre lang krank.
  • Sie konnte sich aufgrund ihres krummen Rückens nicht mehr aufrichten.
  • Ihre Krankheit lag in einem „Geist der Schwäche“ begründet.
  • Der Teufel selbst hatte diese Frau gebunden.

Einen vergleichbaren Fall findet man in den Evangelien nicht. Doch der Herr konnte auch bei diesem außergewöhnlichen Krankheitsbild helfen. Nichts ist Ihm zu schwierig, nichts unmöglich. Das wollen wir stets bedenken!

Schon achtzehn Jahre lang war die Frau krank; das wird zweimal in diesem Abschnitt erwähnt (Lk 13,11.16). In dieser langen Zeit ging sie gebeugt einher. Alle konnten die Not dieser Frau sehen. Doch was vielleicht kaum einer wusste: Der krumme Rücken wurde durch „einen Geist der Schwäche“ hervorgerufen, und bei allem hatte der Teufel seine Hand im Spiel.

Dennoch war sie nicht von Dämonen besessen. Diese hatten sich regelmäßig geäußert, wenn sie auf den Herrn stießen (vgl. Mk 3,11). Doch davon lesen wir hier nichts. Ferner legte der Herr niemals Besessenen die Hände auf, wie Er es bei dieser Frau tat (Lk 13,13). Außerdem wird sie als „Tochter Abrahams“ bezeichnet (Lk 13,16). Das bedeutet nicht nur, dass ihre natürliche Abstammung auf den Patriarchen zurückging, sondern dass sie in den Fußstapfen des Glaubens wandelte, den der Vater aller Gläubigen hatte (Joh 8,39; Röm 4,12.16; Gal 3,7). Ein Gläubiger kann nicht besessen sein – auch wenn er Opfer einer Attacke Satans werden kann. Schon die alte Geschichte von Hiob zeigt ja, dass Satan, wenn Gott es zulässt, seine Hand an Gläubige legt. Auch der Apostel Paulus wurde von einem Engel Satans geschlagen (Hiob 2,6.; 2. Kor 12,7). Und diese Frau war von Satan gebunden worden, was schlimme körperliche Auswirkungen hatte.

Die Gebeugten 

Heute gibt es viele, die in ihren Seelen niedergebeugt sind durch die Last der eigenen Schuld. Das gilt für den Sünder, aber auch für manche Gläubige, die in einen Fallstrick des Teufels geraten sind [FN 1]  (vgl. 2. Tim 2,26).

So gaukelt der Teufel vielen gottesfürchtigen Seelen vor, sie könnten durch das Gesetz ein Leben in Heiligkeit führen. Doch das Gesetz vermag uns weder in die richtige Position vor Gott zu bringen noch kann es die Kraft für einen Gott wohlgefälligen Lebenswandel sein. Das Gesetz ist wie ein Spiegel, der den Schmutz wohl zeigt, ihn aber nicht entfernt. Es erweist sich als ein „Joch der Knechtschaft“, das niemand tragen kann (Gal 5,1; Apg 15,10). Und die Pharisäer waren Meister darin, die Vorschriften des Gesetzes, verknüpft mit ihren eigenwilligen Interpretationen, den Menschen als schwere Lasten aufzubürden (Lk 11,46).

Wer unter dem Druck steht, Gott durch Leistung ehren zu müssen, wird irgendwann den Kopf hängen lassen, „denn wir alle straucheln oft“ (Jak 3,2). Unter der Knechtschaft des Gesetzes werden wir von einem „Geist der Schwäche“ geplagt, weil wir das tun, was wir nicht wollen (Röm 7,18). Der Blick ist beständig nach unten gerichtet und das Lob Gottes erstirbt auf unseren Lippen. Doch der Geist Gottes wirkt, damit wir die Hilfe nicht mehr in uns und im Gesetz suchen, sondern bei einem anderen: „Wer wird mich retten von diesem Leib des Todes?“ (Röm 7,24). Endlich wird der Blick ganz auf Jesus gerichtet und der Gläubige kann sagen: In Christus bin ich freigemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes (vgl. Röm 8,2)!

Ursachen gibt es freilich viele, warum wir „gekrümmt“ und „über die Maßen gebeugt“ sein können (Ps 38,7). Doch bei all den verschiedenen Ursachen wollen wir eins bedenken: Der Herr kann und will uns daraus retten, damit wir Ihn für Seine Rettung preisen (Ps 42,6).

Es ist bemerkenswert, dass die Frau trotz ihrer Schwäche zum „Gottesdienst“ kam. Und sie ging reich gesegnet nach Hause, weil sie Ihm begegnet war! Auch wir wollen uns aufmachen und dahin gehen, wo wir unserem Meister inmitten Seines Volkes begegnen können – auch dann, wenn wir uns schwach fühlen.

Die Heilung der Frau

Weil die Frau so gekrümmt ging, konnte sie den Herrn kaum sehen. Und in der Mitte des Volkes war sie selbst auch nur schwer auszumachen. Doch der, der Zachäus im Maulbeerfeigenbaum sah, erkannte sie und rief sie zu sich Auch wenn der Frau das Gehen sicher schwerfiel, schleppte sie sich zum Herrn. Es sollten ihre letzten Schritte als behinderte Frau sein! Ihr Vertrauen zum Herrn und ihr Gehorsam wurden reich belohnt.

Christus befreite sie durch Seine Macht aus ihrer Gebundenheit; Er vermochte das Krumme gerade zu machen (vgl. Pred 1,15). Indem Er Seine Hände auflegte, zeigte Er Sein zartes Mitgefühl und machte deutlich, dass die heilende Kraft von Ihm ausging und göttlich sein musste (Lk 13,13). Auch wenn die Feinde gerade das Händeauflegen als Sabbatarbeit betrachten würden, zögerte der Herr nicht, diese Handlung mit der Heilung zu verbinden.

Die Heilung war ein einmaliger Vorgang, aber das, was darauf folgte, geschah fortwährend: „Sie begann, Gott zu verherrlichen“ (so wörtlich). Wenn wir die Befreiung durch den Herrn Jesus erlebt haben und unser „gebeugter Zustand“ ein Ende gefunden hat, dann sollten wir (beständig) von Herzen sagen: „Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ (Röm 7,25).

Der unwillige Synagogenvorsteher

Der Synagogenvorsteher freute sich nicht über die Befreiung der geplagten Frau. Er freute sich nicht über das Lob Gottes. Nein, er wurde unwillig, weil Jesus am Sabbat heilte (Lk 13,14). Es war ihm ein Dorn im Auge, dass er und seine Mitstreiter jetzt nicht mehr die volle Aufmerksamkeit der Volksmenge genießen konnten.

Der Mann sprach aber weder Jesus noch die geheilte Frau an, vielmehr ermahnte er die Volksmenge, sich nicht an einem Sabbat, sondern an einem anderen Wochentag heilen zu lassen (Lk 13,14). Er verstand nicht, dass das weder die Absicht der Leute [FN 2] noch dass das an einem x-beliebigen Tag möglich war. Dazu bedurfte es der Gegenwart des Herrn oder einem der von Ihm bevollmächtigten Jünger. Und an wie vielen Tagen würde der Herr wohl noch in ihrer Mitte weilen?

Der Synagogenvorsteher folgte den Lehren vieler Rabbis, die sagten, dass am Sabbat nur Notfälle behandelt werden durften. Eine Frau, die seit vielen Jahren krank war, konnte darum seiner Meinung nach mit der Heilung ruhig bis zum nächsten Tag warten. Doch diese Auslegung des Sabbatgebotes konnte vor Dem nicht bestehen, der das Gebot zum Nutzen der Menschen gegeben hatte. Einen Menschen durch ein Wort und Händeauflegen zu heilen und ihm damit wohlzutun, stand durchaus nicht im Widerspruch zum göttlichen Gebot.

Der Herr entlarvt die Heuchelei  

Was der Synagogenvorsteher sagte, klang sehr fromm, doch der Herr entlarvte direkt die Heuchelei Seiner Widersacher. Denn diese bewegten auch am Sabbat ihre Hände: Sie banden ihre Ochsen und Esel los, um sie zur Tränke zu führen (Lk 13,15). Ihre Worte in der Öffentlichkeit entsprachen also nicht ihrem Verhalten im privaten Bereich. Dem Synagogenvorsteher ging es nicht um eine penible Sabbatheiligung, sondern seine perfide Absicht war, den Herrn vor der Volksmenge abzuqualifizieren, indem er Ihm indirekt mangelnde Gesetzestreue zur Last legte.

Gelöste Fesseln

Diese Heuchler banden am Sabbat Tiere los, die vielleicht einige Minuten nach Wasser verlangt hatten. Wie konnten sie es dann wagen, den Herrn zu kritisieren, der eine „Tochter Abrahams“ von der Fessel Satans löste? Achtzehn lange Jahre währte das Martyrium dieser Frau – und Jesus wollte keinen Tag länger warten, um sie zu befreien (Lk 13,16).

Das Verhalten des Synagogenvorstehers erinnert an den Propheten Jona, dem es leidtat, dass ein Wunderbaum, der ihm Schatten gespendet hatte, plötzlich verdorrte. Aber mit den vielen Menschen einer großen Stadt empfand er kein Mitleid, sondern wünschte sich deren Gericht. Und auch wir kennen die fatale Neigung unseres Herzens, „gnädig“ zu sein, wenn es um unsere eigenen Interessen geht, und sehr scharf zu sein wenn es um andere geht. Oft sind die „Gewichtssteine“ unserer moralischen Beurteilung nicht gerecht, und wir „wiegen“ Taten unterschiedlich, obwohl Gottes Wort uns mehrfach davor warnt (3. Mo 19,36; 5. Mo 25,13; Spr 16,11; 20,10.23).

Beschämung und Freude  

Christus ist voller Liebe. Das sehen wir bei der Heilung der Frau. Christus ist das Licht dieser Welt. Das zeigt sich beim Synagogenvorsteher. Der Herr befreit und führt zu Dank und Freude, aber Er beschämt auch, so dass Ihm Widersacher nichts entgegnen können. Durch Seine Gnade öffnet Er Münder zum Lob Gottes, aber durch Seine Gerechtigkeit verschließt Er den Mund derer, die gegen Ihn und die Wahrheit reden.

Zusammenfassung

Diese Geschichte zeigt, wie der Herr Niedergebeugte aufrichtet (vgl. Ps 145,14). Und selbst dann, wenn jemand schon lange niedergeschlagen ist, sollte ihn das nicht zu dem Gedanken verleiten, dass es keine Befreiung mehr geben kann. Der Herr will auch nach vielen Jahren den Blick neu auf Sich richten, damit wir in frischer Zuversicht unseren Weg gehen und Gott freudig verherrlichen. Doch der Herr wirkt nicht nur zum Wohl derer, die Ihm vertrauen, sondern Er stellt auch durch das Licht der Wahrheit Heuchelei bloß. – Wollen wir nicht vermehrt Seiner Barmherzigkeit vertrauen, die über unsere Schwäche triumphiert, und uns verstärkt vor dem Sauerteig der Heuchelei hüten, den Er in Seiner Heiligkeit nicht dulden kann?

 


[FN 1] Im Folgenden wollen wir uns auf diese Sichtweise beschränken.

[FN 2] Wir finden bei keinem einzigen der sieben Sabbatwunder in den Evangelien, dass der Herr Jesus um Heilung gebeten wurde.