In seinen „Vorträgen über das zweite Kommen und das Reich des Herrn und Heilandes Jesus Christus“[1] führt William Kelly einige Schlüsselargumente an, um zu beweisen, dass das Kommen des Herrn Jesus zur Entrückung der Seinen die einzige wahre christliche Hoffnung ist (und nicht die Drangsalszeit und das 1000-jährige Reich).
Wir wollen einige seiner Argumente kurz zusammenfassen:
1. Die Thessalonicher hatten sich zu Gott bekehrt, um seinen Sohn Jesus Christus aus den Himmeln zu erwarten (1. Thes 1,10). Und sie lagen damit richtig. An keiner Stelle wird diese Erwartung verurteilt.
2. Paulus selbst erwartete das Kommen des Herrn zu seinen Lebzeiten („wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn“; 1. Thes 4,15).
3. Der Herr Jesus belehrte seine Jünger immer so, dass sie ständig auf ihn warten sollten. In dem Gleichnis von dem treuen Hausverwalter in Matthäus 24,45.46 gibt es keinen anderen Knecht, der dem ersten nachfolgt, und dann noch einen und noch einen. Genau in dieser Generation des einen Knechts würde der Herr kommen. Wusste Gott nicht im Voraus um die lange Zeit, die die Kirche in der Welt bleiben würde? Doch, aber jede Generation sollte ständig auf den Herrn warten.
4. Der Knecht, der sagt: „Mein Herr bleibt noch aus“, wird „böser Knecht“ genannt (Mt 24,48).
5. Das Gleichnis von den zehn Jungfrauen in Matthäus 25,1–13 ist durch und durch ein christliches Gleichnis. Der jüdische Überrest späterer Tage wird nicht schläfrig werden und einschlafen (Mt 25,5); das lassen die Umstände, die er erdulden muss, überhaupt nicht zu. In diesem Überrest gibt es auch keine falschen Bekenner (törichte Jungfrauen ohne Öl). Er geht auch nicht aus, dem Bräutigam entgegen, sondern er erwartet den Segen seines Kommens an dem Ort, wo er ist. Auch ist der Besitz des Heiligen Geistes (Öl in den Gefäßen) ein typisch christliches Merkmal, was von den Juden nicht so gesagt werden könnte. Wenn also dieses Gleichnis die Epoche der Kirche auf der Erde beschreibt, dann haben die Christen auf nichts anderes zu warten als auf das Kommen des Bräutigams. Und der wird nicht kommen, um ihnen hier einen schönen und kostbaren Wohnort herzurichten, sondern um sie mit sich zu nehmen, dahin, wo er ist.
6. Auch die Hinweise, dass das Böse in der Christenheit weiter fortschreiten muss, erforderten schon zu Zeiten der Apostel keine lange Zeit mehr. Wenn der Apostel Paulus von den Eigenschaften der Menschen „in den letzten Tagen“ schreibt, dann ermahnt er im gleichen Atemzug Timotheus: „Von diesen wende dich weg“ (2. Tim 3,1–5). Und Johannes schreibt: „Es ist die letzte Stunde.“ Viele Antichristen sind bereits aufgetreten (1. Joh 2,18). Kann es noch schlimmer kommen? Worauf sollten die Gläubigen warten? Auf Christus! Es gibt keine Ereignisse, die vor dem Kommen des Herrn für die Seinen noch stattfinden müssen.
7. Petrus und Paulus kündigen den Gläubigen zwar an, dass sie bald von dieser Erde (durch den Tod) Abschied nehmen müssten (2. Pet 1,14; 2. Tim 4,6). Aber wäre das nicht eine merkwürdige Sache, einem Menschen so ernst klarzumachen, dass er bald sterben würde, wenn der Tod die allgemeine Erwartung der Gläubigen gewesen wäre? Aber die Gläubigen erwarteten nicht den Tod, sondern das Kommen Christi.
8. Wenn der Herr in Herrlichkeit auf dieser Erde erscheinen wird, dann werden auch wir „mit ihm offenbart werden in Herrlichkeit“ (Kol 3,4). Das bedeutet nicht, dass wir auf der Erde bleiben, bis er für alle sichtbar kommen wird, um uns dann zu sich zu nehmen. Nein, wenn er sichtbar kommt, dann erscheinen wir mit ihm, und das bedeutet, dass wir vorher zu ihm entrückt worden sind.
9. In der Offenbarung gibt es keine Beschreibung der Entrückung der Gläubigen, denn sie beschäftigt sich mehr mit Gericht als mit Gnade. Die Entrückung finden wir daher nicht in Kapitel 3 am Ende, nach der Beschreibung der Geschichte der Kirche auf der Erde. Aber ebenso wenig finden wir sie in Kapitel 19, wenn der Herr wieder auf die Erde kommt, um Gericht auszuüben. Wohl aber stellen wir fest, dass die Versammlung nach Kapitel 3 nicht mehr auf der Erde erwähnt wird. Stattdessen finden wir 24 Älteste im Himmel. Wer sollte das sein, wenn nicht die entrückten Gläubigen. Ihre Beschreibung weicht jedenfalls stark von der Beschreibung der Seelen der Entschlafenen ab. Und wer sind die Kriegsheere, die den Herrn begleiten, wenn er vom Himmel herabkommt (Off 19,14)? Es sind „Berufene und Auserwählte und Treue“ (Off 17,14). Es ist also offensichtlich, dass der Herr zuerst kommen wird, um die Seinen zu sich zu nehmen, dass dann die Ereignisse ablaufen, die in Offenbarung 6–18 beschrieben werden, und dass schließlich der Herr mit den Seinen zusammen wieder auf die Erde kommen wird, um seine Feinde zu richten und das Friedensreich aufzurichten.
Wir merken also, dass es immer das Ziel des Geistes Gottes ist, die Hoffnung auf das nahe bevorstehende Kommen des Herrn vor den Herzen der Gläubigen lebendig zu erhalten. Jede Lehre, die uns diese nahe Erwartung rauben will, ist falsch und zieht das Herz letztlich weg von Christus.
Fußnoten: