„Keine Versuchung hat euch ergriffen als nur eine menschliche; Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, so dass ihr sie ertragen könnt“ (1. Korinther 10,13).

Zu diesem Vers wird oft gesagt: Gott lässt nicht zu, dass wir über Vermögen versucht werden und das bedeutet, dass wir zum Beispiel nicht so krank werden, dass wir es überhaupt nicht mehr ertragen können. Er prüft uns nicht über Gebühr. Gott lässt sehr Schweres geschehen, aber es wird nicht übermenschlich schwer.

Doch wenn man den Zusammenhang der Verse 1–13 betrachtet, dann passt dieser Gedankengang nicht ganz hierher und würde einen Bruch in der Darlegung des Apostels darstellen, der doch bemüht war, das Versagen des Volkes Israel als Warnung vorzustellen.  Das führt manche Ausleger dahin, in der Versuchung eine Versuchung zum Bösen zu sehen. Gott lässt zu, dass wir zum Bösen versucht werden (z.B.  durch Satan), aber nicht in einer übermenschlichen Weise. Das Ertragen dieser Versuchung (wie es Vers 13 sagt), würde dann bedeuten, dass man der Versuchung widersteht und sich nicht zur Sünde verleiten lässt.

Aber: Wenn man in der Versuchung eine Versuchung zum Bösen sieht, dann ist das Problem dieses: Die Versuchung und der Ausgang haben dieselbe Quelle (Vers 13). So heißt es, dass Gott AUCH den Ausgang schaffen wird. Gott bringt die Versuchung und er schafft auch den Ausgang. Die Versuchung kann somit nicht eine Versuchung zum Bösen sein (Jakobus 1,13), sondern die Versuchung muss im Sinn einer Erprobung verstanden werden. Auch das Wort „ertragen“ wäre im Blick auf eine Versuchung zum Bösen eine merkwürdige Formulierung. Eine andere Schrift sagt: „Ich weiß … dass du Böse nicht ertragen kannst“ (Offenbarung 2,2) –  was durchaus eine Anerkennung ist.  

Es geht also um eine Erprobung von außen, schwierige Umstände und dergleichen. Aber  – und dem Zusammenhang der Verse muss ja Rechnung getragen werden – es geht darum, dass Gott uns nicht in so schwierige Umstände bringt, dass wir nur noch sündigen können. Wir werden nicht in „unmenschliche“ Versuchungen hineingeführt, in denen wir praktisch fallen müssen, in denen uns nichts anderes übrig bleibt, als das Böse zu wählen.

So hatten die Israeliten in der Wüste einige Erprobungen zu erleben. Ihr Führer Mose kam nicht vom Berg zurück. Sie hatten in der Wüste auch Hunger und Durst. Gott ließ das alles zu. Aber es wurde nicht so schwer, dass sie zu Götzendiener werden mussten und dass ihnen nichts mehr anderes übrig bleib, als zu murren. Das ist es, was 1. Korinther 10,13 zu meinen scheint.