Die großen Erweckungsprediger George Whitefield und John Wesley hatten manchen Disput über Glaubensfragen miteinander auszufechten. Als ein ganz eifriger Anhänger von Whitefield ihn schnippisch fragte: „Werden wir John Wesley im Himmel überhaupt wiedersehen?“, da antwortete dieser (sinngemäß): „Ob ich ihn sehen werde, weiß ich nicht. Denn er wird viel näher beim Herrn sein als ich.“

Im Mittelalter gingen die Wogen im sog. Abendmahlsstreit hoch her. Calvin und Luther (und natürlich waren auch noch andere beteiligt) konnten sich nicht einig werden. Luther hatte in seinem äußerst lebhaften Wesen sehr scharfe Pfeile abgeschossen. Dennoch schrieb Calvin in einem Brief am 25. November 1544 an Bullinger: „Aber das ist mein Wunsch, dass Ihr Euch darauf besinnt, welch großer Mann Luther doch ist, durch welche außerordentliche Geistesgaben er sich auszeichnet, wie tapfer und unerschütterlich, wie geschickt, wie gelehrt und wirksam er bisher immer gearbeitet hat an der Zerstörung der Herrschaft des Antichrists und an der Ausbreitung der Lehre zur Seligkeit. Ich hab’s schon oft gesagt: Wenn er mich den Teufel schölte, ich würde ihm doch die Ehre antun, ihn für einen ganz hervorragenden Knecht Gottes zu halten.“

Ob wir wohl auch die Gnade haben, das Gute bei denen anzuerkennen, mit denen wir lehrmäßig nicht übereinstimmen? Sind wir bereit, die anderen dennoch höher zu achten? Können wir über Beleidigungen hinwegsehen?